09.05.2025

Architektur Wohnen

Das höchste Holzhaus für Studierende in München

Hochhaus Holz München
Das Studentenwerk München hat mit dem neuen Wohnheim an der Schwere-Reiter-Straße das derzeit höchste Holzgebäude der bayerischen Landeshauptstadt realisiert. Foto: Sebastian Schels

Das Studentenwerk München hat mit dem neuen Wohnheim an der Schwere-Reiter-Straße das derzeit höchste Holzgebäude der bayerischen Landeshauptstadt realisiert. Ein Projekt, das zeigt, wie Holzbau auch in der Gebäudeklasse 5 technisch und wirtschaftlich umgesetzt werden kann.


Wettbewerbssieger mit ökologischem Ansatz

Das Architekturbüro hirner & riehl architekten stadtplaner bda, bereits seit über 20 Jahren im Holzbau tätig, ging 2017 als Sieger aus dem vom Studentenwerk ausgelobten Wettbewerb hervor. Nach Baubeginn 2021 wurde das Projekt 2024 fertiggestellt. Das Büro um Martin Hirner und Dr. Martin Riehl realisierte zwei unterschiedlich hohe Baukörper mit acht beziehungsweise fünf Geschossen, die durch einen eingeschossigen Flachbau verbunden sind. Auf dem Flachbau befindet sich eine begrünte Dachterrasse. Gemeinsam mit einem bestehenden Studierendenwohnheim bilden die neuen Gebäude ein studentisches Wohnquartier in Schwabing, nahe dem entstehenden Kreativquartier an der Dachauer Straße.

Foto: Sebastian Schels
Foto: Sebastian Schels
Foto: Sebastian Schels
Foto: Sebastian Schels

Wohnangebot und Ausstattung

Das Wohnheim bietet insgesamt 241 Wohnplätze für Studierende und Platz für fünf Kinder. Es umfasst 153 Einzelapartments mit eigener Küche und Bad, 14 Dreier-Wohngemeinschaften (36 Plätze) und 16 Zweier-Wohngemeinschaften (32 Plätze). Vier Apartments sind barrierefrei gestaltet, zehn Wohneinheiten für Eltern mit Kind vorgesehen. Ergänzt wird das Angebot durch Gemeinschaftsräume für Freizeitaktivitäten wie Musizieren, künstlerische Betätigung und gemeinsames Kochen.


Holzbauweise als CO₂-Speicher

Mit Ausnahme des Sockelgeschosses und der beiden Fluchttreppenhäuser wurden alle tragenden Wände und Decken im Innenbereich sowie die Fassade aus heimischen Fichtenhölzern gefertigt. Die Verwendung von 1.840 Kubikmetern Fichtenholz ermöglichte die Speicherung von mehr als 1.600 Tonnen CO₂ im Gebäude. Martin Hirner verweist auf die Bedeutung der Materialwahl: „Die Zementherstellung erzeugt 8% der globalen CO₂-Emissionen; wir Architekten müssen uns als Impulsgeber für ein schnelles Umdenken bei allen Beteiligten der Bauwirtschaft und vor allem auch bei der Materialwahl einsetzen.“

Neben der CO₂-Einsparung sprechen für den Werkstoff Holz auch die kurzen Transportwege, die einfachen Bearbeitungsmöglichkeiten, der geringe und weiterverwertbare Abfall sowie der kaum begrenzte Lebenszyklus durch Wiederverwendung.

Foto: Sebastian Schels
Foto: Sebastian Schels
Foto: Sebastian Schels
Foto: Sebastian Schels
Foto: Sebastian Schels
Foto: Sebastian Schels

Brandschutzlösung für Gebäudeklasse 5

Eine besondere Herausforderung stellte der Brandschutz für ein Holzgebäude der Gebäudeklasse 5 dar. Die Lösung umfasst zwei unabhängige, spiegelverkehrt nebeneinanderliegende Treppenhäuser in Stahlbeton-Massivbauweise, die als separate Fluchtwege dienen. Statisch wurde das Gebäude als R90-Konstruktion in durchgehender Massivholzbauweise errichtet. Die Holzfassade erfüllt die entsprechenden Brandschutzauflagen für Außenwände.


Flexibles Konstruktionsprinzip für langfristige Nutzung

Das Gebäude ist auf langfristige Nutzbarkeit und potenzielle Umnutzungen ausgelegt. Die Brettsperrholzdecken spannen vom Mittelflur zur Außenwand und nicht von Wohnungstrennwand zu Wohnungstrennwand. Diese Konstruktion ermöglicht bei Bedarf die Entfernung fast aller Wohnungstrennwände, ohne in die Tragstruktur einzugreifen. Dem leicht erhöhten Materialaufwand steht somit eine hohe Grundrissflexibilität gegenüber.

Die vorgehängte Holzfassade ist mit wenigen Handgriffen komplett demontierbar und kann bei Bedarf ausgewechselt oder durch ein anderes Material ersetzt werden. Nahezu alle Bauteile sind verschraubt oder mit wenig Aufwand voneinander trennbar, um ein späteres Wiederverwenden der Materialien zu ermöglichen.


Effizienter Bauprozess durch Vorfertigung

Im Gegensatz zu vielen modernen Holzbauten mit durchgehend vorvergrauten Holzschalungen setzt die Fassade des Studierendenwohnheims farbige Akzente. Martin Hirner bezeichnet dies als Adaption der dezent ausgeprägten Farbigkeit der Schwabinger Gründerzeitbebauung mit ihren umlaufend abgesetzten Gesimsen und ausgeprägten Fensterlaibungen. Unterschiedlich farbige Wandfelder, weit auskragende rote Brandriegel in Form von Gesimsen und farbig gefasste Fensterlaibungen nehmen Bezug auf diese historischen Vorbilder.

Die Bauweise mit vorgefertigten Elementen ermöglichte einen effizienten Bauprozess. Täglich wurden komplett in der Montagehalle des Holzbauers vorgefertigte Wand- und Deckenelemente „just in time“ angeliefert und passgenau montiert. Alle zwei Wochen entstand ein komplettes Stockwerk, in dem baubegleitend mit dem Innenausbau begonnen werden konnte.

Obergeschoss Grundriss von hirner & riehl Architekten bda
Lageplan von hirner & riehl Architekten bda
Längsschnitt von hirner & riehl Architekten bda

Technische Daten und Energiekonzept

Ein ausgeklügeltes Mobilitätskonzept ermöglichte den Verzicht auf eine Tiefgarage und sparte dadurch Kosten von 2,5 Millionen Euro. Das Konzept umfasst 49 Pkw-Stellplätze und 496 Fahrradstellplätze.

Das Gebäude wurde nach ENEV 2016 – KFW 55 Standard errichtet. Die Wärmeversorgung erfolgt über Fernheizung/HZK, Warmwasser wird über eine Frischwasserstation bereitgestellt. Die Bruttogeschossfläche beträgt 10.000 Quadratmeter bei einem Bruttorauminhalt von 30.000 Kubikmetern.

Der höhere der beiden Baukörper (Ostturm) verfügt über acht Geschosse mit einer Fußbodenoberkante des obersten Aufenthaltsraums bei 22 Metern Höhe. Das Gebäude gilt als ungeregelter Sonderbau.


Projektbeteiligte

Für die Architektur und den Brandschutz zeichnet das Büro hirner & riehl architekten und stadtplaner verantwortlich. Die Tragwerksplanung erfolgte durch Sailer Stepan und Partner (München) sowie Pirmin Jung (Sinzig). Das Landschaftskonzept stammt von lab Landschaftsarchitektur brenner (Landshut). Für die Bauphysik und Akustik war IB Bauphysik & Akustik (Göppingen) zuständig, für die Heizungs-, Lüftungs- und Sanitärtechnik Konrad Huber (München). Die Elektroplanung übernahm VE plan (Pfaffenhofen).

Das Projekt wurde durch das Förderprogramm des Bayerischen Staatsministeriums für Wohnen, Bau und Verkehr öffentlich gefördert.

 

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