26.06.2019

Event

Die Grand Tour der Moderne

Foto: Stiftung Haus Schminke/Ralf Ganter

Sonderführung mit Antje Horn – Projektleiterin der Grand Tour der Moderne, ein deutschlandweites Projekt der Bauhaus Kooperation Berlin Dessau Weimar.

Foto: Stiftung Haus Schminke/Ralf Ganter
Foto: Stiftung Haus Schminke/Ralf Ganter
Foto: Stiftung Haus Schminke/Ralf Ganter
Foto: Stiftung Haus Schminke/Ralf Ganter

BAUMEISTER: Wie funktioniert das Konzept der Grand Tour der Moderne?

ANTJE HORN: Das Herzstück der Tour ist unsere Webseite (grandtourdermoderne.de). Dort bilden wir mehr als 100 Orte in Deutschland ab, die die Architekturgeschichte zwischen 1900 und 2000 repräsentieren. Die Gebäude und Objekte des Bauhauses und der Moderne werden sowohl in einer Liste als auch auf einer Deutschlandkarte angezeigt. Wir visualisieren jeden Ort digital und ergänzen die jeweilige Bauzeit, den Architekten, einen Kurztext sowie weiterführenden Link zur Webseite des Ortes oder die Adresse – vorausgesetzt es handelt sich um einen öffentlich zugänglichen Ort.

BM: Sie stellen auf Ihrer Seite verschiedene Touren dar. Es handelt sich also nicht um eine lineare Reise mit Start- und Endpunkt?

AH: Wir geben lediglich Tipps ab, welche Orte sich thematisch oder von der Distanz her verbinden lassen. Wir bieten aber keine Routen zum Buchen an. Unsere Orte sind kuratiert, von einer Jury vorab ausgewählt. Das war in Anbetracht des Konvoluts an moderner Architektur in Deutschland gar nicht so einfach. Wir haben uns bemüht, in jedem Bundesland etwas dabei zu haben.

BM: Empfehlen Sie eine bestimmte Vorgehensweise, wo und wie man eine Tour beginnen sollte?

AH: Ich möchte jeden ermutigen, sich zunächst auf unserer Seite zu informieren, welche moderne Bauten sich in der direkten Umgebung befinden. Man entdeckt faszinierende Objekte in seiner Stadt, in seiner Region, in seinem Bundesland. Jeder kann für sich entscheiden, ob ein Tagestrip, ein Wochenendausflug oder eine mehrtägige Bildungsreise infrage kommt. Manche Orte sind etwas komplizierter zu erreichen, aber prinzipiell geht es mit Bus, Bahn oder Fahrrad immer.

BM: Inwiefern unterstützt die Grand Tour der Moderne die vielen anderen Veranstaltungen zum Bauhausjubiläum?

AH: Die Tour komplettiert die anderen Veranstaltungen insofern, als dass sie das große Ganze darstellt und unter anderem Architektur vorstellt, die auch vor der Gründung der Schule erbaut wurde. Uns geht es um die Entwicklung von Architektur, die Grand Tour bietet einen ganzheitlichen Ansatz. Wir haben zudem Orte im Portfolio, die sowohl in der Stadt als auch in der Peripherie liegen. Man kommt also auch raus aus den Städten und entdeckt Orte, die nicht auf der üblichen Veranstaltungskarte präsentiert sind.

BM: Wie ist die Idee entstanden, die Orte als Tour-Elemente zu verbinden?

AH: Einige Bundesländer haben sich zum sogenannten Bauhaus-Verbund zusammengeschlossen, um gemeinsam am Projekt „100 Jahre Bauhaus“ zu arbeiten. Mit Weimar, Dessau und Berlin gibt es drei Standorte des Bauhauses. Deshalb lag es nahe, diese Orte zu verbinden, weil natürlich jedes Bundesland und jeder Standort das Interesse hat, Besucher anzuziehen. Mit weiteren Orten aus anderen Bundesländern ist die Grand Tour entstanden. Und der Name impliziert das Reisen – Grand Tour als Bildungsreise –, deshalb haben wir auch unterschiedliche Routentipps ausgearbeitet.

BM: Auf der Tour sind Schlüsselbauten, Streitobjekte und ebenso „Unbekanntes“ enthalten. Können Sie für letzteres ein Beispiel nennen?

AH: Da würde ich das Haus Rabe in Zwenkau nennen oder das Haus Schminke in Löbau, in Hamburg die Tempel-Synagoge in der Oberstraße – darin befindet sich heute das Rolf-Liebermann-Studio des NDR. Diese Gebäude haben die meisten, außer es handelt sich um Liebhaber vor Ort, nicht im Blick. Ein weiteres Beispiel sind die Kaufhausbauten aus den 1930er Jahren. Die Firma Schocken, zwei Brüder, haben die ersten Kaufhäuser in Deutschland gebaut – ein erhaltenes steht in Chemnitz. Ein toller Bau, in dem heute ein Museum ist. Die Leute haben es mal gesehen, aber die Geschichte dahinter ist ihnen meist unbekannt.

BM: Haben Sie eine Route, die Sie favorisieren?

AH: Von den Objekten aus unserem Portfolio gefallen mir besonders der Teepott in Warnemünde, die Meisterhäuser oder das Kornhaus in Dessau, die Mies van der Rohe-Bauten in Krefeld. Als Siedlungsprojekt finde ich den Rundling in Leipzig sehr eindrücklich, ein Objekt, auf das ich auch selbst als Projektleiterin neu aufmerksam gemacht wurde.

BM: Ist das nicht ein Projekt, das auch über das Bauhausjubiläum hinausreicht?

AH: Wir bemühen uns sehr, das Projekt durch die Bauhaus-Kooperation fortzuführen. Es wäre viel zu schade darum. Die Webseite wird deswegen auch weiter bestehen und es wäre schön, die Liste auszubauen. Ich bin mir sicher, dass sogar viele Menschen bewusst bis nach dem Jubiläumsjahr warten, weil es einigen, wie in Dessau, noch zu viel Trubel ist.

Das Interview lesen Sie in der Juliausgabe 2019.

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