12.02.2016

Öffentlich

Neue Mitte für Escatrón

Muss ein öffentliches Gebäude seine Rolle durch seine Fassade ausdrücken? Nach der überschwänglichen Rhetorik des Historismus und des Neoklassizismus sind Repräsentationsbauten für lange Zeit einen Schritt zurückgetreten, um sich mehr dem Kontext anzupassen. Dafür gibt es bedeutende Beispiele von öffentlichen Bauwerken des deutschen Wiederaufbaus: zurückhaltende Rathäuser, Bahnhöfe und Kirchen, die unsere heutige Stadtlandschaft noch prägen. Trotz dieser eher bescheidenen Haltung haben einige Architekten der Moderne die öffentlichen Gebäude weiterhin als markante politische Statements gestaltet. Louis Kahn zuallererst.

Für Jahrhunderte jedenfalls markierten Rathäuser und Kirchen in den Städten und Dörfern des dicht besiedelten Europas nicht nur die Macht der herrschenden Klasse, sondern stellten auch Referenzpunkte für das öffentliche Leben dar. Nach diesem historischen Vorbild hat das spanische Büro Magén Arquitectos sein letztes Werk entworfen. Im kleinteiligen städtischen Gefüge des Dorfes Escatrón, im nordspanischen Ebrotal, bleibt das neue Rathaus nicht verborgen: Eine helle, skulptural gestaltete Masse füllt eine ehemalige Baulücke aus und schafft zusammen mit der Kirche eine neue Mitte für die kleine Gemeinde.

Die Fassadengestaltung – erklären die Architekten – wird neben den Repräsentationsbedürfnissen von der Bauordnung und der Denkmalpflege stark geprägt. Höhe, Fluchtlinie und Materialien sind von der Stadtverwaltung vorgegeben, damit sich der Neubau gut in den historischen Kontext des Dorfs einfügt. Das Ergebnis nimmt in der Materialwahl Bezug auf die gegenüberliegende Kirche aus dem 17. Jahrhundert und die unregelmäßige Bebauung im Ort: Mit seiner kantigen Kubatur schließt der Bau den Block und bildet einen Innenhof. Seine Kalkstein- und Holz-Verkleidung nimmt die örtlichen Brauntöne auf.

Der Hof ist nur einer der Hohlräume, die das Projekt prägen. Der markanteste höhlt die Hauptfassade aus, um eine Loggia zum Markplatz zu schaffen. In dem geräumigen Inneren befinden sich im Erdgeschoss die Bürgerbüros und in den Obergeschossen Ratssaal und Verwaltung. Doppelte Raumhöhen und visuelle Verbindungen sorgen für Transparenz und Geräumigkeit.

Für besondere Veranstaltungen können die Türen des Rathauses geöffnet bleiben und den Marktplatz bis zum Innenhof erweitern – und zum ersten Mal auch Architekturinteressierte aus den Großstädten der Region zu dem kleinen Dorf Escatrón anlocken.

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