Shigeru Ban

 

Die Serie „Archipedia“ ist eine Kooperation des Baumeister und der Hochschule Bochum, Fachbereich Architektur. Studierende des Master-Studienganges „Architecture Media Management“ schreiben virtuelle Briefe an die Crème der Architekturwelt, hier an den aktuellen Pritzker-Preisträger Shigeru Ban.

Konnichiwa Shigeru Ban,

im 30. Jahr Ihrer Karriere haben Sie 2014 den Pritzker Prize erhalten, die höchste Auszeichnung der Architekturwelt! Es ist beeindruckend zu sehen, wie Sie seit drei Jahrzehnten traditionelle japanische Raumvorstellungen und Bauweisen in eine ganz und gar eigenständige moderne Architektur überführen. All die Würdigungen, die aus diesem Anlass veröffentlicht wurden, haben mich neugierig gemacht, nachzuforschen, wie alles begann.

Mitte der 1970er Jahre besuchten Sie einen Vorkurs für Architekten an einer Kunsthochschule in Japan. Im Büro Ihres Lehrers Tomoharu Makabe haben Sie eine Zeitschrift über John Hejduk gelesen, der damals an der Cooper Union in New York lehrte. Schnell stand für Sie fest, dass dies der richtige Ort sein würde, um Architektur zu studieren. Allerdings konnten Sie als Japaner nicht sofort mit dem Studium an der Cooper Union beginnen, sondern machten einen Umweg über das Southern California Institute of Architecture SCI-Arc, da die Cooper Union nur Studenten akzeptierte, die von einer anderen amerikanischen Hochschule stammen. Heute würden Sie dies als glückliche Fügung bezeichnen. Denn dort gefiel es Ihnen besser, als gedacht – die junge Universität war stark durch Frank Gehry und Thom Mayne beeinflusst. Dennoch verloren Sie Ihr eigentliches Ziel – das Studium bei John Hejduk – nicht aus den Augen und wechselten 1980 zur Cooper Union. John Hejduk, der als „Papierarchitekt“ gilt, inspirierte Ihre Arbeit sehr. Diese Bezeichnung trifft heute in anderer Art und Weise auch auf Sie zu. Während Hejduk die meisten seiner Arbeiten nur auf dem Papier kreierte, setzen Sie vielfach Papier als Baumaterial zur Realisierung Ihrer Entwürfe ein.

Im Jahr 1984 erlangten Sie in den USA Ihren Abschluss an der Cooper Union und begaben sich wieder zurück in Ihre Geburtsstadt Tokio, um Ihr eigenes Büro zu gründen. 1986 haben Sie eine Ausstellung über den finnischen Architekten Alvar Aalto geplant. Für diese temporäre  Inszenierung suchten Sie nach einem angemessenen Material. Ihr Blick fiel auf die Pappröhren in Ihrem Büro, Verpackungsmaterial von Ihrer letzten Ausstellung. Schon immer fiel es Ihnen schwer, Dinge wegzuwerfen, immer wieder haben Sie eine neue Verwendung gefunden. So wurde der Grundstein für Ihre charakteristische „Papierarchitektur“ gelegt. Seitdem haben Sie viele Entwürfe als „Paper Tube Structure“ realisiert – von Notunterkünften in Erdbebengebieten wie Ruanda oder der Türkei über temporäre Kirchen in Neuseeland und Japan, eine Konzerthalle in Italien bis zum Japanischen Expo-Pavillon in Hannover (2000). Doch längst stehen Sie mit Ihrer Architektur nicht mehr nur für temporäre Bauten. Ein besonderer Meilenstein Ihrer Architektur ist die Erweiterung des Centre Pompidou in Metz. In einem Architekturwettbewerb konnten Sie sich mit Ihrer innovativen Holz-Dach-Konstruktion gegen viele Größen der zeitgenössischen Architektur durchsetzen (2007).

Neben der konstruktiven und räumlichen Innovationskraft Ihrer Architektur beeindruckt mich besonders Ihr soziales Engagement. Im Jahr 1995 gründeten Sie das „Voluntary Architects Network VAN“, eine NGO zur Unterstützung von Katastrophen- und Krisenopfern weltweit. Sie sind der siebte Pritzker Preisträger aus Japan. Ihre Architektur ist auch nach 30 Jahren noch immer so frisch und unverbraucht, der Umgang mit Materialien nie zur Masche geworden, sondern immer weiter entwickelt, verfeinert und noch immer so ungewöhnlich und raffiniert.

Ich grüße Sie herzlich in tiefer Bewunderung und großer Neugier auf den nächsten Geniestreich,

Carola Hestermann

 

Biographische Daten Shigeru Ban

1957 geboren in Tokio, Japan
1977 Architekturstudium Southern California Institute of Architecture
1980 Architekturstudium Cooper Union School of Architecture
1982 Mitarbeit im Büro von Arata Isozaki, Tokio, Japan
1985 Bürogründung in Tokio
2001-2008 Professor an der Keio University
2006-2009 Jury-Mitglied Pritzker Preis
2000 Japanischer Pavillon, Expo 2000, Hannover
2011 Professor an der Kyoto University of Art and Design
2013 Cardboard Cathedral, Neuseeland
2014 Pritzker-Preis

Weiterführende Literatur

How to make Houses, Shigeru Ban, Heibonsha, Japan, 2012
Shigeru Ban, Taschen, 2013
Shigeru Ban, Paper in Architecture, Rizzoli, 2009

Weiterführender Weblink

www.archdaily.com

Porträt: Shigeru Ban Architects
Foto: http://en.wikiarquitectura.com/index.php/File:Curatin_Wall_4.jpg

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