14.12.2024

Architektur Öffentlich

Saint-Denis Pleyel in Paris von Kengo Kuma

Die Saint Denis Pleyel Station von Kengo Kuma. © Kengo Kuma & Associates - Photography by Michel Denancé

Kengo Kuma bringt eine starke Message nach Paris: Er gestaltet einen Métro-Bahnhof, der durch die natürliche Ästhetik von Holz geprägt ist, nicht durch die typischen kalten Materialien Beton und Stahl.

Die Métro-Station Saint Denis Pleyel überrascht mit ihrer lichten Holz- und Glasfassade, die ganz im Einklang mit der Architektur-Philosophie Kengo Kumas steht, Strukturen mit ihrer Umgebung zu verschmelzen. Lamellen erzeugen ein Spiel aus Licht und Schatten. Somit entsteht einerseits eine dynamische visuelle Textur. Anderersits erweckt das natürliche Material in Kombination mit dem minimalistischen Design einen Eindruck von Einfachheit und Ruhe, die für japanische Ästhetik charakteristisch sind.


Tradition und Moderne

Wegen seiner natürlichen Schönheit und Anpassungsfähigkeit verwendet man Holz in der traditionellen japanischen Architektur häufig. Der Entwurf für die Fassade der Métro-Station erweckt Assoziationen zu Shoji-Schirmen und Holzlatten, die in traditionellen japanischen Häusern zu finden sind und oft dazu dienen, das Licht zu filtern und ein Gefühl von Privatsphäre zu schaffen, ohne die Offenheit zu verlieren. Durch die Anwendung dieses Prinzips auf ein zeitgenössisches städtisches Bauwerk schlägt Kengo Kuma eine Brücke zwischen traditionellen und modernen architektonischen Elementen. Die Gestaltung vereint kulturelle Resonanz mit einem funktionalen Erscheinungsbild des Bahnhofs.


Bestandteil des urbanen Lebens

Darüberhinaus setzt das japanische Architekturbüro durch den Einsatz von Holzlamellen ein Statement für nachhaltiges Design. Dieses spiegelt das Engagement für natürliche Materialien wider, die beim Altern elegant bleiben und gebaute Formen mit ihrer Umgebung verbinden. Diese Wahl stärkt die Identität des Bahnhofs als Ort, der nicht nur dem Verkehr dient, sondern auch ein integraler Bestandteil der städtischen und kulturellen Landschaft ist. Die gesamte Fassade wurde vom Brixner Fassadenbauunternehmen FRENER & REIFER realisiert.

© Kengo Kuma & Associates - Photography by Michel Denancé
Das Holz ist in Form von vertikalen Lamellen an den Fassaden angeordnet. Sie bilden einen Filter und spielen mit der Veränderung des natürlichen Lichts im Laufe des Tages.
© Kengo Kuma & Associates - Photography by Michel Denancé
Ein Satz Rampen wird eingerichtet, um die verschiedenen Ebenen des Bahnhofs miteinander zu verbinden.
© Kengo Kuma & Associates - Photography by Michel Denancé
Ein progressives, von unten nach oben verlaufendes Muster begleitet die Auf- und Abwärtsströme und betont die Vertikalität des Raums und den Ruf nach Himmel und Licht.
© Kengo Kuma & Associates - Photography by Michel Denancé
Als wesentliches Element der Architektur des Gebäudes strukturiert die zentrale Leere das Gebäude, während sie gleichzeitig aus immateriellen Elementen besteht: Luft, die Ströme der Reisenden und Licht.

Bahnhof als ästhetischer und sozialer Ort

Zudem entsteht aus den Dächern der Métro-Station ein mehrstöckiger Park. Dadurch erhält das Bahnhofsgebäude eine weitere Rolle: es geht nicht mehr nur um Transport,. Denn der neue Park ist als öffentlicher Raum auch für Menschen nutzbar, die gar nicht vorhaben, die Métro zu benutzen. Zudem verbindet der Park, wie eine Brücke, die beiden Teile der Gemeinde, die bisher durch die Haupteisenbahnlinie aus Nordfrankreich getrennt waren. Eine Rampe schafft Zugang zu den verschiedenen Ebenen der Grünfläche.


Dynamische Struktur

Insgesamt besteht das Gebäude aus 9 Ebenen. Die oberirdische Höhe beträgt 35 Meter. Die Bahnsteige liegen 28 Meter unter der Erde und verbinden vier Métro-Linien – 14, 15, 16 und 17.  Von den insgesamt neun Ebenen des Bahnhofs sind 4 unterirdisch angelegt. Auf der dritten unterirdischen Ebene befindet sich die Umstiegsplattform. Um die einzelnen Ebenen zu verbinden wird es 56 Rolltreppen geben. Diese dynamische Struktur ist für 250.000 Fahrgäste pro Tag ausgelegt.


Team aus Kunst und Architektur

Konsequent setzt sich im Inneren der Station die Ästhetik der Gebäudehülle fort. Holzplanken an Wänden und Decken schaffen eine warme, einladende Atmosphäre. Das Herzstück des Bahnhofs ist ein 30 Meter tiefes Atrium mit einem Glasdach, durch das natürliches Licht in die unterirdischen Räume fällt. Im Atrium wird ab 2026 eine Installation aus 108 Venusfiguren der französischen Künstlerin Prune Nourry den Innenraum des Bahnhofs  bewachen und begleiten. Zum Konzept des Grand Paris Express gehört es nämlich, dass jeder der 68 Bahnhöfe von französischen und internationalen Teams aus Architektur und Kunst gestaltet wird.

Kengo Kuma
Axonometrie
Kengo Kuma
Lageplan
Kengo Kuma
Querschnitt
Kengo Kuma
Längsschnitt

Skulpturen für den Bahnhof

Derzeit befindet sich das Werk für die Station Saint Denis Pleyel “Les Vénus dionysiennes” momentan noch im Atelier der Künstlerin in Arbeit. Die 1,70 großen Figuren sind mit verschiedenfarbigen Erden in 14 Farbtöne von Schwarz über Ocker, Rot, Braun und Weiß ausgeführt. Sie machen jede Skulptur einzigartig und richten die Aufmerksamkeit auf die Vielfalt der Region. Mithilfe unauffälliger Metallbefestigungen werden sie über die gesamte Höhe des Atriums der Station aufgehängt. Die Illustrationen von Sergio Garcia Sanchez schmücken bereits jetzt die Bahnsteige der Station.


Grand Paris-Projekt: das größte Infrastrukturprojekt Europas

Der Bahnhof Saint Denis Pleyel gilt als Leuchtturm des Grand Paris-Projekts und bildet den nördlichen Knotenpunkt des neuen U-Bahn Netzes. Das Projekt wurde 2007 mit dem Ziel begonnen, die Überbelegung und die Umweltzerstörung im Zentrum von Paris durch ein neues ringförmiges U-Bahn-Netz zu verringern. Es verfolgt das ehrgeizige Ziel, die Stadt weiter vom Individualverkehr zu befreien und zudem die hochfrequentierten anderen Linien zu entlasten. Insgesamt werden 68 neue Bahnhöfe gebaut. Bis 2030 erhält der Großraum Paris mit dem Grand Paris Express ein fahrerloses U-Bahnsystem, “VAL” (Véhicule Automatique Léger). Die zirkulär geführte Strecke schafft neue Verbindungen zwischen Vororten und Zentrum, und ermöglicht andererseits Verbindungen zwischen den Außenbezirken. Man erreicht nun Orte in der Peripherie, ohne das Stadtzentrum durchkreuzen zu müssen.


Transport neu denken

Mittels vier neuer fahrerloser U-Bahnlinien erschließt sich den Großraum Paris auf 200 Streckenkilometern. Das derzeit größte Infrastrukturprojekt Europas initiiert weitere Stadtentwicklung und umfangreiche Wohn- und Geschäftsvorhaben. Die Linie 14, die nun erweitert wird, fuhr bereits ab 1998 als erste führerlose Métro in Paris, und auch die bereits bestehende Linie 11 wird integriert. Neu sind dei Linien 15 – 18. Der Hauptteil der Strecken wird unterirdisch geführt. Der Bahnhof Saint-Denis Pleyel gilt als Wahrzeichen des Projekts Grand Paris. Er steht für die Umsetzung eines zentralen Versprechen des Grand-Paris-Projekts, Transport neu zu denken und wurde nach sechs Jahren Bauzeit eröffnet.

 

 

Scroll to Top