06.09.2021

Öffentlich

Romantik im Museum

Frankfurt am Main hat ein neues Museum. Als weltweit erstes Haus widmet es sich der Epoche der deutschsprachigen Romantik.

© Freies Deutsches Hochstift

Frankfurt am Main hat ein neues Museum. Als weltweit erstes Haus widmet es sich der Epoche der deutschsprachigen Romantik. In Anlehnung an die Geschichte des Bauplatzes, entwickelt Christoph Mäckler eine die Besonderheiten des Ortes respektierende Architektur.

Blick in den Großen Hirschgraben auf das Frankfurter Goethe-Haus und das Deutsche Romantik-Museum © Freies Deutsches Hochstift, Foto: Alexander Paul Englert
© Freies Deutsches Hochstift, Foto: Alexander Paul Englert

Wettbewerb und Arbeitsgemeinschaft

 

Das Romantik-Museum ist neues Zuhause für zahlreiche Gemälde und einzigartige Originale. Integriert in das Museum ist die sogenannte Goethe-Galerie mit Gemälden aus der Zeit von Johann Wolfgang von Goethe. Mit einer großen Bandbreite von Exponaten gilt das Romantik-Museum als zudem erstes Haus, das sich der gesamten Epoche der deutschsprachigen Romantik widmet. Nicht nur das macht es zu einem besonderen Projekt. Außerdem ist der Neubau Teil des städtebaulichen Projekts Goethe-Höfe, das mehrere Gebäude inmitten der Frankfurter Altstadt umfasst. Beim Neubau des Museums galt es aber nicht nur den Kontext zu respektieren, sondern die lichtempfindlichen Exponate verlangten eine besondere Architektur.

Bereits im Herbst 2014 endete ein Wettbewerb zur Neugestaltung der Goethe-Höfe mit zwei zweiten Plätzen. Neben Christoph Mäckler qualifizierten sich auch Landes & Partner sowie Staab Architekten für die Überarbeitungsphase. Am Ende stand eine Kombination aus zwei Entwürfen, die von beiden Verfassern gemeinsam ausgearbeitet als auch ausgeführt wurde. Den unmittelbar an das alte Goethe-Haus anschließende Neubau übernahmen Mäckler Architekten. Er basierte auf der Grundlage des städtebaulichen Konzepts von Landes & Partner, die neben dem Städtebau auch eine Wohnbebauung und Sanierung übernahmen. Da Christoph Mäckler daran gelegen war, die Kleinteiligkeit der Umgebung aufzugreifen, gliederte er die Fassade seines neuen Museums in drei Teile. Damit passte er seine Entwurfsidee der breiteren, im städtebaulichen Konzept vorgesehenen, Baufläche an.

© Freies Deutsches Hochstift, Foto: Alexander Paul Englert

Romantik-Museum – Zurückhaltend neben dem Goethe-Haus

Nicht nur der Kontext der Frankfurter Altstadt, auch die Lage direkt neben dem alten Goethe-Haus legte eine gegliederte Struktur für das Romantik-Museum nahe. Ein monolithischer Block hätte das Goethe-Haus in den Schatten gestellt. Um diese Wirkung zu vermeiden, organisierte Christoph Mäckler die Fassade so, als stünden hier drei Häuser nebeneinander. Sie unterscheiden sich nicht nur in ihrer Höhe, Farbgebung und Fensteranordnung. Jedes Gebäudeteil hat sogar einen eigenen Eingang. Während der größte Eingang ins Foyer des Romantik-Museums führt, erreichen die Besucher und Besucherinnen die Wechselausstellung über eine kleine Pforte nebenan. Daneben wiederum liegt der dritte Eingang, der insbesondere Schulklassen in die Museumspädagogik führt. Auch die gelbe Farbigkeit der drei Fassadenbereiche und die vorspringenden Elemente aus Sandstein orientieren sich am berühmten Nachbarn, dem alten Goethe-Haus. 

Relikte alter Zeit

Viele Details des neuen Museums erinnern an die Vergangenheit des Ortes. So schließt zum Beispiel das Romantik-Museum an die alte Brandwand des Goethe-Hauses an. Sie ist heute im Foyer des Museum zu sehen. Sowohl ihr roh belassener Zustand, als auch ein darin eingemauerter Fensterrahmen überraschen. Dieser kam beim Abriss der Nachbargebäude zutage; zur Überraschung aller. Denn selbst auf alten Plänen hatte das Gebäude nicht frei gestanden und keiner hätte Fenster in dieser Wand erwartet. Auch die Fussböden des Romantik-Museums erzählen Geschichte. Allerdings jüngere. Denn beim Abriss des Vorgängergebäudes aus den 1950er Jahren wurden dessen Steine geborgen. Diese Trümmersteine wurden bereits nach dem 2. Weltkrieg wiederverwertet. Sie zieren heute den Fussboden des Museums wie ein Mosaik. 

Ausstellungsflächen auf drei Geschossen

Der Neubau des Romantik-Museums bietet auf drei Geschossen insgesamt etwa 1.200 Quadratmeter Ausstellungsfläche. Weitere 400 Quadratmeter stehen für Wechselausstellungen zur Verfügung und circa 100 Quadratmeter dienen der Museumpädagogik. Hinzu kommt ein großzügiger Eingangsbereich mit Funktionsräumen und einem Museumsladen. Das Foyer des neuen Romantik-Museums ist zugleich der Eingangsbereich in das benachbarte Goethe-Haus.

Wendeltreppe © Freies Deutsches Hochstift, Foto: Alexander Paul Englert
Goethe-Galerie im 1. OG: Italienraum © Freies Deutsches Hochstift, Foto: Alexander Paul Englert
Romantik-Ausstellung im 2. OG trägt den Namen: Physik als Kunst. Johann Wilhelm Ritter experimentiert mit Strom und Licht © Freies Deutsches Hochstift, Foto: Alexander Paul Englert
Romantik-Ausstellung im 2. OG: Station So leben sie noch heute. Wandmalerei von Henrik Schrat, schwarze Tusche auf Wand © Freies Deutsches Hochstift, Foto: Alexander Paul Englert
Romantik-Ausstellung im 3. OG: Handschriftenstudio © Freies Deutsches Hochstift, Foto: Alexander Paul Englert
Romantik-Ausstellung im 3. OG: Gelebte Gleichheit. Erinnerungen an Rahel Varnhagen © Freies Deutsches Hochstift, Foto: Alexander Paul Englert
Himmelstreppe © Freies Deutsches Hochstift, Foto: Alexander Paul Englert

Vom Foyer führt die sogenannte Himmelstreppe in die Obergeschosse. Diese, in blaues Licht getauchte, sich nach oben verjüngende Treppe, ist ein Kunstwerk für sich. Wer sich an den Fuß dieser Treppe stellt, glaubt, die Treppe sei unendlich. Doch das ist eine optische Täuschung. In Wirklichkeit ist sie unten ganz breit und hoch, und wird nach oben immer schmaler, jünger, kleiner und enger. Ebenso werden die Eingänge immer enger, die vom Treppenraum in die einzelnen Austellungs-Ebenen hinein führen. Diese Illusion, das Gefühl in einen unendlichen Raum zu schauen, ist ein wichtiges Thema der Romantik. Das greift Chistoph Mäckler hier auf. Zugleich gewährleistet er, dass die lichtempfindlichen Originale der Romantik von Tageslicht abschirmt sind.

Blauer Erker © Freies Deutsches Hochstift, Foto: Alexander Paul Englert

Blauer Erker

Auch im zweiten Obergeschoss zitiert die Architektur ein Symbol der Romantik: die blaue Blume. Ihre Farbigkeit prägt den spitz zulaufenden blauen Erker, der über dem Haupteingang aus der Fassade ragt. Seine wandfüllende, mosaikartige Verglasung zeigt die dahinter liegende Straße nur verschwommen und in tiefes Blau getaucht. Durch diese Verglasung kommt nur wenig Tageslicht ins Museum. Das ist im gesamten Haus von großer Bedeutung. Da viele Exponate kein Tageslicht vertragen, müssen die Ausstellungsräume dunkel sein. Deshalb legte der Architekt sogar das Treppenhaus mit seinen Fenstern direkt hinter die Fassade, denn eine fensterlose Außenwand wollte der Architekt aus Respekt vor dem umgebenen Stadtraum unbedingt vermeiden.

Die Sammlung des Museums

Grundlage für das neue Romantik-Museum ist eine einzigartige Sammlung zur Literatur der deutschen Romantik. Die wurde in den vergangenen 100 Jahren vom Freien Deutschen Hochstift zusammengetragen. Als Träger des Frankfurter Goethe-Hauses hält der Hochstift die international umfangreichsten sowie vielseitigsten Bestände zu den literarischen Schlüsselfiguren der Romantik. Zu den wertvollen Schätzen zählen neben Handschriften und Texten auch bekannte Gemälde. Zu ihrer Präsentation ist die Ausstellung im Romantik-Museum über drei Etagen klar gegliedert. Eine Etage zeigt die Malerei, die zweite ist den Handschriften gewidmet und die oberste Etage befasst sich mit der Frage, inwieweit die Epoche der Romantik bis heute wirkt.

Lust auf mehr Architektur und Kunst? Hier zeigen wir Ihnen den Neubau eines Zentrums für Kunst, Kultur und Kino in der Stadt Marcq-en-Baroeul.

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