13.10.2017

Event

Reise zum norddeutschen Wohnungsbau

Überseestadt Bremen

 

Wohnen und die damit verbundene Stadtentwicklung sind bekanntlich gegenwärtig die wichtigsten Themen in Architektur und Baupolitik. So waren sie auch Diskussionsgegenstand und Besichtigungsobjekt auf der 13. Professorentagung mit anschließender, mehrtätiger Exkursion, organisiert vom Ziegel-Zentrum Süd. Die Tour führte nach Hamburg, Bremen und Lübeck.

 

Mehrfamilienhäuser sind das Thema der Stunde. Doch es gibt sehr unterschiedliche Ansätze – allein in Deutschland –, das ist auch auf dieser Rundreise deutlich geworden. Dabei scheint die Bauqualität offenkundig nicht das Problem zu sein: Die meisten der Besichtigungsobjekte waren solide monolithisch mit massivem Ziegelmauerwerk gebaut, oft barrierefrei, Balkone ohne Wärmebrücken, massive Schallschutzwände im Inneren – kein architektonisches Chichi. Allein das Problem ist der Städtebau. Kaum ein Projekt hat wirklich städtische oder aber ländliche Qualitäten. Im Gegenteil, es entstehen zum größten Teil undifferenzierte, bezuglose Vorstadtansiedlungen, belanglose Zeilen, weit auf dem Grundstück verstreute Punkthäuser ohne Bezug zueinander. Da können Architekten noch so erfinderisch werden: Wenn der Städtebau keine Stadt vorgibt, ist keine möglich.

…in Lübeck

Eines der ersten Besichtigungsobjekte galt den sieben „Moislingen“ in der Vorstadt Lübeck-Moisling, sozialer Wohnungsbau in Form sieben einzelner Mehrfamilienhäuser. Sie sind auf dem langen, schmalen Grundstück versetzt zueinander aufgereiht und ersetzen Gebäuderiegel aus den 1960er-Jahren. Alle 93 Wohnungen sind öffentlich gefördert. Das Kieler Architektenpaar Marie-Luise und Peter Zastrow entschied sich für 36,5 cm dicke Ziegelaußenwände, 6 cm Dämmung und 11,5 cm dünne Verblender ohne Hinterlüftung.

 

…in Hamburg

Die Hamburger Wohnhäuser Waterfront Osterbek von Fink + Jocher waren ein nächstes Ziel. Direkt am Osterbekkanal entstanden hier drei, mit der Schmalseite zum Wasser gerichtete, sieben Geschosse hohe Blöcke. Der Ausblick ist attraktiv, was die Architekten durch raumhohe Fenster rundum und Loggien nutzen. Sie sind konstruktiv aus Ortbeton im unteren Bereich und darüber mit Mauerwerk ausgeführt, dabei kaum sichtbar mit nur dünnen Riemchen ohne Hinterlüftung verkleidet.

 

…in Bremen

Erkenntnisreich war auch der Ausflug in die Überseestadt Bremen: Nach einem Masterplan aus dem Jahr 2000 entstehen auf diesem riesigen Areal unterschiedliche Nutzungen, darunter auch Wohnen, aber leider nicht mit der gebotenen Dichte. Viele Architekten sind beteiligt – etwa Dorte Mandrup, Spengler Wiescholek, Fink + Jocher, Springer Architekten –, doch sie alle können sich noch so um urbanes Wohnen bemühen, die Stadtplanung lässt es nicht zu.

 

Nun aber zu den positiven Beispielen, denn auch die gibt es. Eines wurde während der Tagung aufgezeigt: In Zürich, dort wo Wohnraum sehr teuer ist, entsteht auf dem Hunziker-Areal eine Gruppe von 13 Wohnblöcken, die gezielt platziert Untergruppierungen, Gassen, Plätze und breitere Zuwege ausbilden (Städtebau: Arge Duplex Architekten und Futurafrosch). Auch experimentiert einer der Blöcke mit Miniwohnungen samt großzügiger Gemeinschaftsflächen, als Angebot für Großfamilien und Singles, die privat, aber doch zusammenleben wollen. „Luxus kann auch im Mehrwert der Gemeinschaft liegen“, wie Anne Kaestle erläuterte, die das Büro Duplex Architekten mit Dan Schürch gegründet hat.

Und als letztes Ziel der Reise stand die Hamburger HafenCity auf dem Programm, wo nach all den Jahren Erfahrung mit heutiger Stadtplanung offenbar nun endlich alles richtig gemacht wird: Hier entstand zwischen Elbarkaden und einem kleine Grünzug tatsächlich urbanes Wohnen mit Hilfe fünf Meter hoher Erdgeschosszonen für Läden und Serviceeinrichtungen, reduzierter Stellplätze, hoher Dichte und Vielfalt mit einer sozialen Mischung aus privatem und geförderten Wohnungsbau und etwa Wohnstudios für Musiker.

Mehr unter www.ziegelzentrumsued.de

Fotos: Ziegel Zentrum Süd e.V.

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