Eine Begegnung der besonderen Art: Die Brüsseler Kooperative Rotor Deconstruction sammelt, sortiert, verkauft Bauteile – betreibt vorbildliche Kreislaufwirtschaft. Ein Besuch im Warenlager.

Maarten Gielen und
Michaël Ghyoot, © Benjamin Brolet

Nebenprodukt Warenlager

Etwa zehn Gehminuten vom Brüsseler Bahnhof Midi entfernt, erhebt sich an einer der Bahnlinien ein großer Lagerkomplex. Hinter einer Backsteinmauer und Wellblechverschlägen ragt ein sozialer Wohnblock wie eine riesige Kulisse auf. Die schier endlose Ziegelwand zieht sich die Straße entlang; einziger Durchlass ist ein offenstehendes Metalltor. Auf einem DIN- A4-Blatt steht der Firmenname „Rotor DB“. Im Inneren des Hofs sieht es aus wie auf einem Schrottplatz, mit dem Unterschied, dass die Objekte sorgfältig geordnet und sortiert sind. Vor der Sonne geschützt, steht ein Mann unter einem Gerüst und hantiert mit einer kleinen Maschine, die er immer wieder an Badfliesen ansetzt. Das Echo des ratternden Werkzeugs hallt schrill zwischen den Mauern. Es ist zwei Uhr nachmittags, die Luft umhüllt alles wie ein dickes, warmes Kissen.

Das Büro von Maarten Gielen, einem der Gründer von Rotor, liegt in einem Backsteinbau. Seine Begrüßung ist knapp, und er beginnt sogleich mit dem Rundgang: „Zuerst zeige ich Ihnen den Demontagebereich, und dann können wir uns mit Michaël über die Forschungsaktivitäten unterhalten.“ Wir begeben uns nach draußen, überqueren den Hof, und Gielen öffnet eine Metalltür zu einer großen Halle: das Lager für eine Unmenge von auf eng gereihten Regalen sortierten Bauteilen wie Glasverbundelementen, Glastüren, Wellblech, sechseckigen Bodenplatten, auch Kloschüsseln sind darunter, jede Menge sogar.

„Ursprünglich wollten wir gar nicht Baustoffhändler werden. Wir verstanden uns als Agentur für Baudesign. Doch wir hatten wiederholt Schwierigkeiten, die Materialien zu beschaffen, mit denen wir arbeiten wollten. Also haben wir mit dem Sammeln und Sortieren angefangen. Wenn jemand das für uns weiterführen möchte, wäre uns das vollkommen recht“, meint er beiläufig. „Aber zu Anfang war unser Vorgehen so, dass wir in abbruchreife Bürogebäude gegangen sind und mitgenommen haben, was sich mitnehmen ließ, ohne dass dem Besitzer dadurch Kosten entstanden sind.“ „Und wie haben Sie die Gebäude ausfindig gemacht, die Sie demontieren durften?“ Dazu meint Maarten Gielen: „Anfangs waren wir sehr proaktiv und gingen sämtliche Abrissgenehmigungen durch. Mittlerweile ist das gar nicht mehr nötig. Wenn in Brüssel irgendetwas Größeres abgerissen wird, bekommen wir rechtzeitig Nachricht.“

Das Angebot des Warenlagers reicht von Kuriositäten wie diese alten Lampenschirme und Leuchten, die mit Energiespartechnik ausgestattet werden, bis zu handfesten Bauteilen wie Trennwandsystemen.

Gielen redet wie ein Buch, und seine jungenhafte Begeisterung für sein Projekt scheint ab und zu auf, während wir durch das Lager gehen. Es ist eine Exkursion – nach dem Prinzip der freien Assoziation – durch die verschiedenen Tätigkeitsbereiche von Rotor. „Bei vielen Materialien, die wir haben, ist der Wert in der technischen Beschaffenheit begründet – eine feuerfeste Tür, ein hochwertiges Trennwandsystem –, und wir haben auch Objekte, die eher von kulturellem Wert sind“, erklärt er und führt mich zu einem Stapel großer Eingangstüren. „Diese Edelstahltüren wurden von Jules Wabbes entworfen, einem berühmten belgischen Designer der Nachkriegszeit. Die technischen Maße einer solchen Tür sind den Interessenten in der Regel egal, sie wären bereit, eine Villa um die Tür herum zu bauen. Und so besteht unsere Wette in der Hoffnung, dass sich unser Unternehmen zu einer Art Handelsplattform entwickelt… Wir haben einen Gabelstapler, wir haben eine Website, wir verfügen über Mitarbeiter, die die Sachen verkaufen können…“ Gielen sucht nach einem Beispiel und greift ein paar lehmbeschmierte Bodenbretter heraus: „Dieser Parkettboden stammt aus Frankreich… Die Abrissarbeiten wurden von jungen Leuten einer sozialen Initiative vorgenommen, wir bereiten das Material wieder auf und vertreiben es.“(…)

 

Den kompletten Beitrag zu der Brüsseler Kooperative Rotor Deconstruction finden Sie in unserer aktuellen Baumeister-Ausgabe 09/2019.

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