26.11.2020

Öffentlich

Ein neuer Ausstellungsraum von Kuehn Malvezzi

Foto: Gerhardt Kellermann
Foto: Gerhardt Kellermann

Das Designmuseum Die Neue Sammlung in der Pinakothek der Moderne erhielt einen neuen Ausstellungsraum von Kuehn Malvezzi, der eigentlich bereits seit fast 20 Jahren existiert. Doch erst jetzt konnte das vormalige Depot seiner von Beginn an geplanten Bestimmung zugeführt werden.

„Schaudepot“ stand seit der Fertigstellung der Münchner Pinakothek der Moderne im Jahr 2002 an einer Tür in den Räumen der Neuen Sammlung. Florian Hufnagl, der langjährige Direktor des Designmuseums, hatte dort von Beginn an einen Ausstellungsraum geplant. Doch zunächst wurde der Raum als Museumsdepot gebraucht, später fehlten die finanziellen Mittel, um den Ausbau umzusetzen. So blieb es lange Zeit beim Türschild. Vor einigen Jahren unternahm Hufnagls Nachfolgerin Angelika Nollert einen neuen Anlauf, das Projekt zu realisieren. Sie trieb private Mäzene auf und überzeugte die Bayerische Landesregierung, ebenfalls Geld zur Verfügung zu stellen. Doch das Budget blieb knapp bemessen.

Foto: Gerhardt Kellermann

Nollert wandte sich mit der Bitte, einen Plan für den Raum zu erarbeiten an das Berliner Architekturbüro Kuehn Malvezzi, mit dem sie bereits im Rahmen der Documenta 11 zusammengearbeitet hatte. Die Architekten haben schon wiederholt unter Beweis gestellt, dass sie in der Lage sind, auf intelligente und effiziente Weise den Bestand zu ergänzen und dabei hervorragende Ausstellungsräume zu schaffen. So bauten sie in Berlin die Rieckhallen für das Museum Hamburger Bahnhof und das Kunstgewerbemuseum, in Braunschweig das Herzog Anton Ulrich-Museum um.

Foto: Gerhardt Kellermann

Ein Aussichtssteg als zweite Ebene

In München gingen Kuehn Malvezzi äußerst ökonomisch zu Werke. So nutzten sie die großen Metallregale weiter, die bereits zuvor für die Nutzung als – verschlossenes – Museumsdepot beschafft worden waren. Allerdings rückten sie sie aus der Mitte des Raumes, wo sie bisher in mehreren Reihen aufgebaut waren, an die Wände. Im Zentrum entstand so eine große Freifläche, die Zukünftig für Veranstaltungen und Museumspädagogik genutzt werden soll. Den größten Eingriff in den Bestand stellt die neue Erschließung des Raumes dar. (Wobei „Eingriff“ eigentlich unzutreffend ist, denn die Architekten haben praktisch nichts herausreißen lassen, nicht einmal den vorhandenen Bodenbelag.) Von der Ausstellungsebene war der etwa 7 Meter hohe Raum bis lang durch eine breite Treppe erreichbar, die von etwa halber Raumhöhe auf das Bodenniveau hinunterführte.

Foto: Gerhardt Kellermann

Allerdings gab es bislang keinen Aufzug, so dass der Zugang nicht barrierefrei war – auch ein Grund, warum das Depot nicht der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden konnte. Kuehn Malvezzi überbauten die breite Treppe in halber Breite mit einem Steg auf Höhe des Zugangs. Er endet an einem Fahrstuhl, der auf die untere Ebene führt. Der Steg knickt vor dem Aufzug im rechten Winkel ab und führt von Stützen getragen bis an die gegenüberliegende Seite des Raumes, wo man über eine zweite Treppe auf das Bodenniveau gelangen kann. Der Steg ist jedoch nicht nur ein Erschließungsweg, er ist auch eine zweite Ausstellungsebene. Hier haben die Architekten Vitrinen aufgestellt, in denen kleine und empfindliche Objekte gezeigt werden können, für die sich die großen Metallregale an den Wänden nicht eignen. Zudem schaffen Kuehn Malvezzi mit dem Steg einen idealen Standpunkt, um die Exponate in den höhergelegenen Ebenen der Wandregale zu betrachten. Gleichzeitig sollen Steg und Treppe auch als Zuschauerplätze bei Veranstaltungen auf der großen Freifläche dienen.

Foto: Gerhardt Kellermann
Foto: Gerhardt Kellermann

Ausstellen in schwarz und weiß

Unterhalb des Steges haben die Architekten Aufstellungsflächen für große und schwere Exponate geschaffen. Auf flachen Podesten können hier Objekte bis hin zur Größe eines PKWs gezeigt werden. Auch für Exponate, die hängend präsentiert werden sollen, schufen Kuehn Malvezzi Ausstellungsmöglichkeiten. Aufrechtstehende deckenhohe Roste erlauben es, auch großformatige Gegenstände, etwa Teppiche, in Szene zu setzen. Das grafische Erscheinungsbild ihrer Einbauten unterstrichen die Architekten, indem sie die Regale, den Steg weiß lackieren ließen. Die Regalfächer und Vitrinen wurden jeweils mit einer einzeln ansteuerbaren Beleuchtung versehen. Als „einzigen Luxus“ in dem Projekt bezeichnet das Angelika Nollert.

Foto: Gerhardt Kellermann

Das Ausstellungskonzept, dass in dem neugestalteten Raum umgesetzt werden soll, ist weder das eines klassischen Schaulagers, noch wollen die Kuratoren hier die Logik der übrigen Sammlungsräumen fortführen. „Keine Hierarchie, keine Chronologie, keine Geographie“, war eine Maxime bei der Planung. Stattdessen werden die einzelnen Regale und Vitrinen bestimmte Themen von verschiedenen Seiten beleuchten: das kann ein Material sein, eine Anwendung oder auch eine Farbe. Für dieses Konzept schien den Beteiligten der Name Schaudepot allerdings nicht mehr passend. „XDEPOT“ wurde der Raum nun stattdessen getauft. Das X stehe dabei für die Erweiterung des Depot-Begriffes, sagt Nollert. Der Name spiele zudem mit Begriffen wie experience, extend oder explore. Selbst in Augenschein nehmen können Besucher den neuen Ausstellungsraum von Kuehn Malvezzi allerdings Corona-bedingt erst im Februar. Was dann wohl auf dem Schild an der Tür steht?

Noch mehr von Malvezzi: Das Berliner Büro Kuehn Malvezzi baute das neue Insektarium im Botanischen Garten von Montreal.

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