10.01.2020

Öffentlich

Neue Mitte im Zeughaus

Bildungsbauten
Das Zeughaus der ehemaligen bayerischen Armee ist das besterhaltene Militärgebäude des Maximilianstils. Hier wurden ursprünglich Waffen und militärische Ausrüstungsgegenstände gelagert. Foto: ©Marcus Ebener

König Maximilian II. ließ zwischen 1862 und 1866 im Münchner Stadtteil Neuhausen ein Zeughaus als Repräsentationsbau errichten. Immer noch referiert dessen historische Fassade auf seine Geschichte, doch heute beherbergt es die Fakultät für Design der Hochschule München, nachdem Staab Architekten aus Berlin das Baudenkmal umgestaltet haben. Es ist ein neuer Ort kreativen Schaffens entstanden, der seine gestalterische Kraft aus der Vernetzung von Historie und Modernität schöpft.


Abgleich mit dem Original

Es gibt Veränderungen, die deuten sich zunächst nur vage an. Von außen wirkt alles wie gewohnt. Die Fassade, ganz die alte, verrät nichts, während im Inneren der Putz von den Wänden bröckelt und das Fundament zerfällt. Ähnlich dramatisch und gar nicht metaphorisch war es bei der Umgestaltung des historischen Zeughauses im Münchner Stadtteil Neuhausen, in der Lothstraße 17. Das Zeughaus der Bayerischen Armee mit seiner Fassade aus rohen Backsteinen, dem Mittelblock, Seitenflügeln und Zinnentürmchen steht genauso präsent wie seit 1866 an Ort und Stelle. Aber innen hat sich alles radikal verändert: Heute beherbergt das Gebäude die Fakultät für Design der Hochschule München. Das einstige Waffenlager dient nunmehr als Kreativitätsschmiede.

Im Laufe der Geschichte erfüllte das Zeughaus jedoch nicht nur den Zweck der Aufbewahrung und Pflege von Waffen. Ab 1880 fand sich das Bayerische Armeemuseum im Mitteltrakt des Baus. Nach dem Zweiten Weltkrieg brachte man das berufspädagogische Institut unter. Ab 1970 baute man es dann für die Nutzung der Technischen Universität München um, bis die Räume schließlich im Jahr 2014 an die Hochschule übergeben wurden. Dieser innere Wandel vollzog sich insofern still und leise, als dass die denkmalgeschützten Fassaden beharrlich und stolz auf ihre Historie referierten – und es bis heute tun. Allerdings gingen die Proportionen im Gebäudeinneren durch Zerstörungen während des Krieges und durch spätere Um- und Einbauten verloren.

Staab Architekten, die nach einem Verhandlungsverfahren beauftragt wurden, wollten jene verloren gegangene Raumkomposition aus dem Jahr 1866 wiederherstellen und mit wenigen gestalterischen Mitteln an die neue Nutzung der Fakultät für Design anpassen. Das war ein langer Prozess, wie Jan Holländer, der Projektleiter, sagt: „Wir mussten das Haus und die Schichten, die man in den 1970er-Jahren einbaute, kennenlernen, verstehen und wiederum mit dem Original aus dem 19. Jahrhundert abgleichen.“

Foto: Oliver Jaist
Fotos: Oliver Jaist
Foto: Oliver Jaist
Foto: Oliver Jaist
Foto: Oliver Jaist

Komplexe Wege

Betritt man heute den Haupteingang, damals eine Kutscheneinfahrt, fallen als erstes die Symmetrie, die Geradlinigkeit und das moderne Weiß auf. Es steht im Kontrast zum Rotbraun der Ziegelsteine. Links geht eine Treppe zu Lehrräumen ab, rechts zum Dekanat – beides liegt im Hochparterre. Das Innenleben des alten Zeughauses war komplex: Fußböden und Decken hatten unterschiedliche Niveaus; ein einfaches Durchqueren der Gebäudeteile war nicht möglich, es ging halbe Treppen hoch, runter und wieder hoch. „Der Mittelbau war wiederum geteilt durch die Kutschendurchfahrt“, sagt Jan Holländer. Auch bei den Fundamenten gab es ein Durcheinander: Teilweise bestanden diese aus Nagelfluh, teilweise aus Ziegeln. Um eine bessere und vor allem auch barrierefreie Erschließung zu gewährleisten, ersetzten Staab Architekten die Treppenhäuser zwischen dem Mittelbau und den Seitenflügeln durch neue Treppenhallen mit Aufzügen. So verbanden sie auch die unterschiedlichen Niveaus der Gebäudeteile.

Zwischen den beiden Treppen im Eingangsbereich führt ein ebenerdiger Gang entlang der Hauptachse des Gebäudes in den hohen Teil des gläsernen Pavillons, der zusammen mit dem neuen Untergeschoss das einzige Neubauelement darstellt. Früher lag hier der Hof des Altbaus. Eine weitere vertikale sowie horizontale Verbindung stellten die Architekten durch eine Brücke mit Treppenaufgang im Pavillon her, an der Nahtstelle zwischen Mittelbau und Seitenflügeln. Geht man unterhalb der Brücke hindurch, befindet man sich im niedrigen Teil des Pavillons, mit Ausblick auf den Campus. Von der hinteren Glaswand aus kann man auf das alte Zeughaus zurückblicken.

Es entsteht ein immerwährender Dialog zwischen Innen- und Außenraum. „Mit dem Pavillon geben wir dem Haus eine neue Mitte, die es früher nicht gab“, sagt Jan Holländer. Diese neue Mitte ist das Kommunikationszentrum der Fakultät, sie dient zu Ausstellungen, Präsentationen, Veranstaltungen. „Und von dort verteilt man sich über die Treppenhäuser in das Gebäude hinein.“

Die gesamte Kritik lesen Sie in der B1/2020.

Auch interessant: Der Kopfbau im Stadtteil Riem ist eines der letzten Zeugnisse des ehemaligen Münchner Flughafens.

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