05.11.2024

Architektur Öffentlich

Neubau des Feuerwehrtechnischen Zentrums Nordhausen von dzpa architekten

Das Feuerwehrtechnische Zentrum in Nordhausen. Ansicht Nord mit Schlauchturm. Foto: Henrik Schipper Photography

Mitten in Nordhausen, südöstlich des historischen Stadtkerns, ist ein neues Feuerwehrtechnisches Zentrum entstanden. dzpa architekten haben den dreigeschossigen Hauptkörper des Zentrums entworfen, der sich durch seine verglasten Fenster- und Torflächen auszeichnet. Großflächige, geschlossene Wandflächen bilden einen spannungsreichen Kontrast.

Im Jahr 2017 schrieb die thüringische Stadt Nordhausen einen Wettbewerb für den Neubau ihres Feuerwehrtechnischen Zentrums an der Zorgestraße aus. dasch zürn + partner (dzpa), Architekten aus Stuttgart und München, erhielten für ihren Entwurf einen ersten Preis und übernahmen die Gestaltung des Gebäudes, das unter anderem im Jahr 2023 beim Tag der Architektur Thüringen eine Auszeichnung erhielt. Der u-förmige, dreigeschossige Bau ist mutig im Stadtraum positioniert und bietet ungehinderte Blicke sowie kreuzungsfreie Alarmausfahrten.


Diskrete Klinkerfassade

Die Leitstelle am Kopfende des neuen Feuerwehrtechnischen Zentrums Nordhausen hat einen ungehinderten Blick auf den Knotenpunkt der Zu- und Ausfahrten sowie auf die Straßenkreuzung. Fast wie an einem Flughafen ist so die Koordination der Feuerwehrgefährte mit guter Übersicht möglich. Im gleichen Bereich steht der Feuerwehr im Krisenfall ein zentraler Stabsraum zur Verfügung.

Im ersten Obergeschoss des Neubaus befinden sich Aufenthalts- und Schulungsräume sowie die Räume der Berufs- und Freiwilligen Feuerwehr. Auch für die Jugendfeuerwehr und ihre Ausbildung gibt es Platz. Im zweiten Obergeschoss liegen die Räume der Verwaltung sowie ein Fitnessraum.

Die einheitliche Materialität des Gebäudes fasst die unterschiedlichen Gebäudeteile sowie den Schlauchturm zu einer Gesamtanlage zusammen. Die großen Wandflächen sowie die verglasten Fenster- und Torflächen stehen in einem spannungsreichen Kontrast zueinander. Und eine bewegte, behutsam vorspringende Fassade aus Klinkerstein akzentuiert den Haupteingang des Gebäudes, der direkt zu den Schulungsräumen führt.

Die Architekten wollten die funktionale Nutzung des Gebäudes betonen und reduzierten den Bau daher auf zwei Hauptmaterialien, Glas und Stahlbetonwände. Die Fahrzeughallen haben große Stahl-Glas-Faltschiebetore und umfassen mit ihrer großflächigen Verglasung den westlichen Baukörper des Innenhofs. Die Außenhülle des Gebäudes besteht aus Stahlbetonwänden mit vorgelagertem, hinterlüftetem Verblendmauerwerk. Vorgehängte Fertigteil-Stahlbetonblenden gliedern den Baukörper horizontal. Die Klinkerfassade fügt sich diskret in das Stadtbild der Umgebung ein.

Das Foyer mit Ausstellungsbereich. Foto: Henrik Schipper Photography
Ansicht Süd zeigt die Fahrzeughalle mit Schlauchturm und großzügiger Verglasung. Foto: Henrik Schipper Photography
Das Treppenhaus im Schlauchturm. Foto: Henrik Schipper Photography
Im Inneren der Seminarraum. Foto: Henrik Schipper Photography
Der Schlauchturm mit Kennzeichnung 112. Foto: Henrik Schipper Photography
Die Zickzackfassade. Foto: Henrik Schipper Photography
Aussenansicht des Haupteinganges. Foto: Henrik Schipper Photography

Direkter Zugang zur Fahrzeughalle

Das Gebäude von dzpa architekten zeichnet sich auch durch die dazugehörige Verkehrsführung aus: Die Alarmausfahrt und die Zufahrt zu den PKW-Parkplätzen erfolgen getrennt und kreuzungsfrei von der Zorgestraße. Diese Straße ermöglicht ebenfalls die Zufahrt zum Landeslager und den Werkstätten im Süden des Areals. Im Kreuzungsbereich der Halleschen Straßen und somit im Schwerpunkt des Gebäudekomplexes befindet sich der Alarmeingang.

Im Falle eines Alarms verteilen sich die mit dem PKW ankommenden Mitarbeitenden der Berufs- und Freiwilligenfeuerwehr über den Alarmeingang und den Flur in die vier nach Geschlechtern getrennten Umkleiden im Erdgeschoss. Von dort aus gibt es einen direkten Zugang in die Fahrzeughalle. Insgesamt 20 Tore erlauben es den Einsatzfahrzeugen, auf den Innenhof über die Alarmausfahrt und dann auf die Zorgestraße hinaus zu fahren.

Die diensthabenden Mitarbeitenden der Berufsfeuerwehr können sich im ersten Obergeschoss aufhalten. Dort gibt es fünf Ruheräume mit jeweils zwei Betten, einen Speiseraum mit angrenzender Küche, einen Bereitschaftsraum sowie ein Schrankzimmer und einen angrenzenden Sanitärbereich. Ein Sprungschacht im Flur des ersten Obergeschosses bietet im Alarmfall einen direkten Zugang für die Berufsfeuerwehr zur Fahrzeughalle.


Ein vielseitiger Turm

Am östlichen Ende des Gebäudes befindet sich ein Schlauchlager mit Kapazitäten für die Schlauchreinigung und die angeschlossene Schlauchtrocknung im Turm. Die Schlauchpflege sowie die angrenzende Atemschutzwerkstatt bieten für den eigenen Betrieb der Feuerwehr, aber auch für Externe Platz, um die Schläuche und weiteres Material zu reinigen und zu prüfen. Dafür gibt es einen separaten Eingang neben dem Turm.

Darüber hinaus bietet der Turm des Feuerwehrtechnischen Zentrums Nordhausen die Möglichkeit, auf unterschiedlich hohen Ebenen den Einsatzfall zu proben. Die untere Treppe hat zudem die doppelte Funktion eines Rettungsweges aus dem ersten Obergeschoss.

Vier Eingänge erschließen den Baukörper: der Haupteingang mit Alarmeingang im Norden, ein Nebeneingang im Westen und ein Zugang für Anlieferung und Abholung von externen Schläuchen sowie persönlicher Schutzausrüstung. Die oberen Geschosse sind über drei Treppenhäuser und einen Aufzug erreichbar.


Erfolgreiche Bebauung einer Brachfläche

Auch für die Nachhaltigkeit ist beim Neubau gesorgt: Der kompakte Baukörper hat einen nicht allzu großen Fußabdruck sowie eine langlebige und robuste Fassade. Alle Flachdächer erhalten eine umfangreiche Dachbegrünung, die sich derzeit entwickelt. Sie dient als mechanischer Schutz der Dachhaut sowie als Regenwasserspeicher. Zugleich trägt die Begrünung der Dächer zur Entwässerung des Grundstücks bei.

Die Metall-Glas-Fenster sind mit einer dreifachen Isolierung verglast und haben einen außenliegenden, beweglichen Sonnenschutz in Form von Screens oder Lamellen. Bodentiefe Verglasungen in den Eckbereichen des Gebäudes, etwa an der Leitstelle und im Aufenthaltsraum der Freiwilligen Feuerwehr, bringen viel Licht in den Innenraum und unterstützen die Temperaturregulierung.

Insgesamt ist dzpa architekten so eine qualitätvolle Bebauung des früher brachliegenden Areals gelungen. Der Neubau wird der städtebaulichen Situation gerecht und erfüllt zugleich die funktionalen Anforderungen der Feuerwehr. Die Klinkerfassade mit ihren flachsgelben und ockerbraunen Nuancen unterstreicht die Klarheit und Robustheit des kompakten Baukörpers und fügt sich respektvoll in das bestehende Stadtbild ein.

 

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