06.10.2021

Architektur Öffentlich

Das neue Munch-Museum in Oslo

Munch-Museum in Oslo

Ab Ende Oktober ist die weltweit größte Sammlung von Werken des norwegischen Künstlers Edvard Munch im neuen, von estudio Herreros entworfenen Munch-Museum in Oslo zu sehen.

Das neue Munch-Museum, das am 22. Oktober in Oslo nach fünf Jahren Bauzeit eröffnet, beherbergt mehr als 26.000 Werke (Gemälde, Skulpturen, Fotografien, Skizzen und Notizbücher), die der berühmte norwegische Maler und Grafiker Edvard Munch (1863–1944) der Stadt Oslo vermacht hat. Damit ist es das größte Museum der Welt, das einem einzelnen Künstler gewidmet ist. Das spanische Architekturbüro estudio Herreros hat das Gebäude, das das kulturelle Erbe von Edvard Munch bewahrt – und präsentiert –, entworfen.

Munch-Museum in Oslo
Foto: Adrià Goula
Foto: Adrià Goula
Foto: Ivar Kvaal

Munch-Museum in Oslo: Kunst im Hochhaus

Das Munch-Museum im neuen Stadtteil Bjørvika östlich des Osloer Stadtzentrums – das Hafenentwicklungsprojekt Bjørvika Barcode in Oslo stammt von MVRDV – gilt als Vorzeigeprojekt und ist in interdisziplinärer Zusammenarbeit entstanden. Über 100 technische BeraterInnen, MuseumsexpertInnen und DesignerInnen waren in das Projekt involviert. In direkter Nachbarschaft des Museums liegen außerdem Landmarken wie die Osloer Oper (Snøhetta) und die Deichman Bibliothek (Lund Hagem Architect und Atelier Oslo).

Grafik: ESTUDIO HERREROS

Als Gewinner des Architekturwettbewerbs für das neue Munch-Museum ging 2009 der Entwurf von estudio Herreros hervor. Das Madrider Architekturbüro setzte sich schließlich unter anderem gegen Christ & Gantenbein (Basel) und REX Architects (New York) durch. Ihr Museum war unter allen Projekten das einzige mit vertikaler Ausrichtung. Über einem mächtigen Sockelgeschoss erheben sich 12 Geschosse mit einer Höhe von sechzig Metern. Die Spitze des geometrischen Baus ist geneigt wie ein Lambda, der elfte Buchstabe des griechischen Alphabets. Die horizontal gegliederte Fassade des Gebäudes ist komplett mit gelochten Aluminiumscheiben verkleidet. Sie sollen als lichtdurchlässiger Sonnenschutz dienen und Temperaturschwankungen in den Innenräumen vermeiden.

Foto: Adrià Goula
Foto: Ivar Kvaal

Große Räume für Monumental-Gemälde

Auf 13 Etagen sind die elf stützenfreien Ausstellungsgalerien für Dauer- und Wechselausstellungen in einem in die Höhe steigenden Parcours organisiert. „In dem Gebäude haben wir so viele Möglichkeiten“, freut sich Museumsdirektor Stein Olav Henrichsen. Über 50 Jahre war die Sammlung, die Edvard Munch der Stadt vermacht hat, im alten Munch-Museum östlich des Stadtzentrums von Oslo auf beengtem Raum untergebracht. Nun gibt zehnmal mehr Wandfläche und unterschiedlich große Räume. Für spezielle Werke entwarfen die Architekten eine Galerie mit doppelter Deckenhöhe. Dort werden jetzt die Monumental-Gemälde von Edvard Munch adäquat präsentiert.

Foto: Kilian Munch

Das Munch-Museum: Ein neuer Treff- und Anziehungspunkt in Oslo?

 

Dank eines Schlitzes an der Außenwand können die Großformate, die nicht in den Fahrstuhl passen, per Kran ins Museum transportiert werden. Einige Ausstellungsräume sind sogar über Aufzüge praktischerweise direkt mit dem Depot verbunden. Das neue Haus ist auch als Touristen-Attraktion gedacht: Die Terrasse erlaubt Panoramasicht aus dem 13. Stock und kann ohne Eintrittskarte genossen werden. Ein Glasaufzug führt zur Aussichtsplattform hinauf.

Außerdem soll sich das Munch-Museum zu einem neuen Kulturzentrum in Oslo etablieren: Konzerte, Literaturlesungen und andere kulturelle Veranstaltungen oder Mal-Workshops und Aktivitäten für Kinder werden dort stattfinden. Architekt Jens Richter, der das Büro seit 2014 gemeinsam mit Juan Herreros führt ist überzeugt: „Zeitgenössische Museen sollten ihre Aufgabe nicht nur darin sehen, ihre Sammlungen zu präsentieren und aufzubewahren. Sie sollten auch Treff- und Anziehungspunkte einer Stadt sein. Das Munch-Museum soll nicht nur für den BesucherInnen da sein, die einmal mit dem Kreuzfahrtschiff in Oslo vorbeikommen, um sich den „Schrei“ anzusehen. Es soll ein Ort für alle Menschen in der Stadt sein. Architektur kann Öffnung und Transparenz durch bauliche Mittel generieren. Das fängt damit an, dass das Gebäude sich gut mit dem Außenraum verbindet. Und setzt sich in einem Erdgeschoss fort, das wirklich dazu einlädt, hereinzukommen.“

Schnitt. Grafik: ESTUDIO HERREROS
Längsschnitt. Grafik: ESTUDIO HERREROS
Grundriss. (Anklicken für weitere Geschosse) Grafik: ESTUDIO HERREROS

Ikonische Werke in Oslo

Doch das Munch-Museum ist nicht unumstritten. Aufgrund seiner recht hervorstechenden Architektur und der prominenten Lage direkt neben der Oper am Osloer Hafen gab es viele politische Debatten. So war das Bau-Projekt drei Jahre gestoppt, um Alternativen wie eine Erweiterung des alten Munch-Museums zu prüfen. Mit seinem charakteristischen Knick Richtung Innenstadt ist das L-förmige Museum im Stadtbild schon von weitem deutlich erkennbar. „Wir wussten, dass es ein Risiko war, ein vertikales Museum vorzuschlagen“, erklärt Juan Herreros. „Es ist als eine stadtoffene und weithin sichtbare Institution konzipiert, die wegen ihres dynamischen Angebots, aber auch wegen ihrer Kraft als Ort der Konzentration, viele Male besucht werden muss.“

Foto: Adrià Goula

Eigentlich hätte das Museum schon längst eröffnen sollen. Doch aufgrund der Corona-Pandemie kam es zu Verzögerungen bei der Lieferung von Feuer- und Sicherheitstüren. Darüber hinaus sei das Raumklimasystem noch nicht ausreichend getestet gewesen. „Der Schrei“ (1893), „Das Selbstbildnis“ (1895) und das großformatige Wandgemälde „Die Sonne“ (1911) sind nur einige ikonische Werke von Edvard Munch, die im neuen Museum in Oslo zu sehen sind. Der Vertreter des Symbolismus gilt als Bahnbrecher der expressionistischen Moderne.

Einen virtuellen Rundgang können Sie mit dieser Animation ansehen.

Die Stadt Frankfurt am Main bereichert ebenfalls ein neues Museum. Erfahren Sie hier, warum das Romantik-Museum von Christoph Mäckler ein Vorreiter ist. 

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