22.07.2016

Öffentlich

München im Terror: Spielt weiter, Schachspieler!

Nun ist es so weit. Der Terror hat München erreicht. Meine Stadt. Noch sind die Täter nicht gefasst. Während ich dies schreibe, fahren drei Stockwerke unter mir die Polizeiwagen in Kolonne umher. Die Münchner Freiheit ist einer dieser Orte, die es jetzt „zu meiden“ gilt. Orte, an denen Menschen sich treffen. Public Spaces.

Die Münchner Freiheit wird gemieden. Sie ist leer. Es regnet. Die Leute wären wohl eh nach Hause gegangen. Doch vor einer halben Stunde, als wir aus einer Pizzeria zurückkamen, war noch Betrieb da unten, zumindest ein wenig. Auch die Freiluft-Schachspieler spielten noch. Sie haben keine Smartphones. Vielleicht bekamen sie erst gar nicht viel mit vom Terror. Von der Attacke auf ihre Stadt.

Ein tröstliches Bild war das, die Outdoor-Schachstrategen mit ihren Rochaden und Bierflaschen. Sie interessieren sich nicht für Politik, und wohl auch nicht besonders für Religion. Sie gehören einfach zu dieser und in diese Stadt. Sie sind der Nährboden für das Normale. Sie pflegen und kultivieren ein urbanes Gefühl unaufgeregter Lässigkeit.

Ein Gefühl, wie es auch der Monaco Franze pflegte. Das milde Lächeln seiner Statue im Café Münchner Freiheit wirkt heute traurig. Doch auch Trotz liegt in ihm. Diese Mischung als Laissez-Faire und kosmopolitischer Widerstandskraft zeichnet unsere Städte aus. Und sie tut das auch künftig.

Es ist genau diese Normalität der Schachspieler und des Monaco Franze, dieses „ewigen Stenz“, gegen die Terror-Attacken wie die von heute Abend sich richten. Verübt werden sie von Panikern, denen genau dieses Normale längst verloren gegangen ist. Ehrlich gesagt interessiert mich momentan gar nicht so sehr, ob das nun Moslems waren oder nicht. Allzu intensiv möchte ich mich nicht mit der Gefühlslage der Täter befassen und auch nicht mit dem, was sie vielleicht für Religiosität halten. Sie sind mir egal. Anders als die Menschen um mich herum. Anders als die Bewohner dieser Stadt. Anders als die Schachspieler. Sie möchte ich auch morgen wieder spielen sehen. Und ich bin mir sicher: Sie werden wieder da sein. Städte sind widerstandsfähig. Der Terror beeinträchtigt sie. Doch er besiegt sie nicht.

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