22.04.2020

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MIES – Homeoffice-Kulturtipp

HO­ME­OF­FICE-KUL­TUR­TI­PP: Buch (ILLUS­TRA­TI­ON: JURI AGO­STI­NEL­LI)


Freier Grundriss und fließender Raum

2019 war das Jahr der Jubiläen: 100 Jahre Bauhaus, 90 Jahre Barcelona-Pavillon und 50. Todestag von Mies van der Rohe. Pünktlich dazu erschien die deutsche Version der Graphic Novel „MIES – Mies van der Rohe: Ein visionärer Architekt“ von dem spanischen Comic-Künstler und Architekten Agustín Ferrer Casas. Sie schildert während eines Fluges zur Baustelle der Neuen Nationalgalerie in Berlin sein Leben in Rückblicken

Ludwig Mies van der Rohe war einer der wichtigsten Architekten der Moderne: Wie kaum ein anderer prägte er unsere Vorstellung von moderner Architektur. Der spanische Architekt und Comic-Künstler Agustín Ferrer Casas liefert uns mit seiner ersten deutschen Publikation der Graphic Novel „MIES – Mies van der Rohe: Ein visionärer Architekt“ nicht nur die Verdienste und das Werk des Baumeisters, sondern auch die oft widersprüchliche Lebensgeschichte des gebürtigen Aacheners. Casas porträtiert ihn mit all seinen Gegensätzen, Licht- und Schattenseiten. Besonders interessiert habe ihn vor allem das Leben Mies van der Rohe im Kontext der turbulenten Ereignisse des 20. Jahrhunderts, erklärt der spanische Zeichner.

Die Rahmenhandlung beginnt 1965: Auf dem Flug nach Westberlin zur Grundsteinlegung der Neuen Nationalgalerie lässt Casas den Architekten im Gespräch mit seinem Enkel Dirk Lohan sein bewegtes Leben reflektieren. Dabei kommt auch die Baukunst nicht zu kurz: Alle wichtigen Bauten werden in präzisen Zeichnungen in Szene gesetzt, darunter seine Frühwerke Haus Riehl in Potsdam-Neubabelsberg (1907) und Haus Perls in Berlin (1911).

Das vielleicht bekannteste Bauwerk des Architekten, der Ausstellungspavillon des Deutschen Reiches auf der Weltausstellung 1929 in Barcelona, diente der Selbstdarstellung der Weimarer Republik und sollte durch seine Neuartigkeit und Präzision die Leistungsfähigkeit der deutschen Industrie und des Handwerks symbolisieren. Nicht zuletzt durch seinen Wiederaufbau wird der Pavillon als eine der Architekturikonen des 20. Jahrhunderts bestätigt. Mit dem Gebäude, das stilbildend für die moderne Architektur werden sollte, verwirklichte Mies van der Rohe zwei seiner grundlegenden Entwurfsprinzipien: Im „freien Grundriss“ wurden die von ihrer Tragfunktion befreiten Wände zu leichten Raumteilern oder Flächen im Raum. Der „fließende Raum“ verband durch die fast transparent wirkenden Wände mit ihren großen Glasfronten und den filigranen Stahlstützen den Wohnbereich mit dem Außenbereich.

Präziser Strich

„Mies‘ nordamerikanische Baukunst war geprägt von der Auseinandersetzung mit Details, unterstützt durch die finanziellen Polster einer boomenden Wirtschaft“, so Casas, „Die amerikanische Phase ist ohne Zweifel eine großartige Zeit für ihn als Architekten, mit interessanten bombastischen und kleineren Aufträgen.“ Sein erstes Bürogebäude – das Seagram Building (1958) – entstand in New York. Der Wolkenkratzer bestimmte für mehrere Jahre den Stil der Hochhäuser in New York und hatte enormen Einfluss auf die amerikanische Architektur. Seine dort angewandte Methode, ein inneres Skelett aus Betonstahl mit einer nichttragenden Hülle zu ummanteln, hat sich seither als Standardverfahren beim Bau von Hochhäusern durchgesetzt. Und auch in Chicago gelang es ihm im Hochhausbau als erstes, alle Fassaden fast vollständig zu verglasen.

Der spanische Comic-Künstler und Architekt Agustín Ferrer Casas schildert in seiner Graphic Novel das Leben von Mies van der Rohe. (Bild: ©Carlsen)

Dass Casas, 1971 geboren, selbst studierter Architekt ist, merkt man beim Lesen. Seinen „Mies“ hat er zeitweise karikiert. Die Graphic Novel liest sich wie ein Drehbuch. „Ich bin natürlich kein Zeitzeuge, ich weiß nicht, welche Sätze im Privaten gefallen sind“, erklärt Casas. „Ich habe die Dialoge alle entsprechend meiner Intuition erfunden. Und genauso habe ich auch viele Fakten und Situationen verändert, um ihre poetische Wucht und Signifikanz für die Handlung zu verstärken.“ Den berühmten Architekten beschreibt er auf diese Weise – nicht nur mit seinem äußerst präzisen Strich – sehr anschaulich und sehr lebendig.

Hier finden Sie den letzten Homeoffice-Kulturtipp: 2312.

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