Bad Gastein steht an einem Scheitelpunkt: Entwicklung oder Stagnation. Die Investitionen von Hirmer Immobilien in das Hotel-Ensemble im Herzen Bad Gasteins haben bislang nicht den erwünschten Hyper-Boost gebracht. Die Ziele sind ebenso hochgesteckt: Eine umfassende Revitalisierung der Region um Bad Gastein, die an die mondänen Zeiten der Vergangenheit anknüpfen soll. Wir sprachen mit Markus Kaplan, Partner bei BWM Designers & Architects aus Wien, über ihr Projekt am Straubingerplatz – und dessen strukturelle Bedeutung für den einst so imposanten Kurort Bad Gastein.
Markus Kaplan, wie gehen Sie als verantwortlicher Architekt mit der Unsicherheit um, ob ein Projekt wie das in Bad Gastein den erwünschten Erfolg haben wird?
Markus Kaplan: Die entscheidende Frage ist: Woran misst man Erfolg und Misserfolg? Wenn man die Ausgangslage von Bad Gastein betrachtet, dann sehen wir, dass die Richtung stimmt. Es ist kein Spaziergang – das Hotelgewerbe in einer solchen Region ist immer ein langwieriger Prozess. Doch die Entwicklungen, wie etwa die Wiedereröffnung von Hotels wie dem Hotel Badeschloss Bad Gastein oder dem Straubinger Grand Hotel Bad Gastein, sind erste wichtige Schritte. Der Weg ist klar: Bad Gastein kehrt langsam in das Bewusstsein der Menschen zurück.
Ihr Engagement für dieses Projekt geht sichtlich über die reine Architektur hinaus.
Markus Kaplan: Defintiv. Wir bei BWM Designers & Architects sehen uns nicht nur als Architekten, sondern als „Hotelmacher“. Unser Team arbeitet interdisziplinär: Von der Konzeptentwicklung bis zur operativen Planung begleiten wir unsere Projekte. Auch Kollegen, die etwa aus der Hotellerie kommen, bringen wertvolle Einblicke in den Betrieb mit. Dieses umfassende Verständnis hat uns geholfen, die Herausforderungen von Bad Gastein – sei es durch Corona oder bauliche Komplikationen – erfolgreich zu bewältigen.
Welche Bedeutung hat der Wechsel des Hotelbetreibers von Hirmer Hospitality zur DSR Hotel Holding?
Markus Kaplan: Ob das gut oder schlecht ist, kann ich schwer sagen. Wichtig ist jedoch, dass ein starker Investor wie DSR dahintersteht. Sie haben das nötige Kapital und die Geduld, auch eine Anlaufphase zu überstehen. Der Winter wird zeigen, wie sich das Projekt weiterentwickelt. Langfristig bin ich überzeugt, dass Bad Gastein als Destination wieder einen starken Platz einnehmen wird. Doch es braucht einen langen Atem und die richtige Zielgruppenansprache.
Insbesondere ein Fünf-Sterne-Hotel wie das Grand Hotel Straubinger in einer Region wie Bad Gastein zu etablieren, ist eine große Aufgabe …
Markus Kaplan: Absolut. Ein solches Publikum gab es bisher in Bad Gastein kaum. Das Hotel Badeschloss bedient eine Zielgruppe, die den Ort bereits kennt und schätzt. Die Zielgruppe für das Straubinger hingegen ist ganz scharf – im Design spürt man das schon. Hier wird ein kulturinteressiertes, historisch bewandertes und vorwärtsgewandtes Klientel angesprochen, im Stil eines „New Luxury“, wie wir es für uns definiert haben. Diese Zielgruppe muss man behutsam aufbauen, ohne den exklusiven Charakter des Hauses zu verwässern. Ein hoher Preis signalisiert auch Begehrlichkeit – und das darf nicht durch kurzfristige Rabatte zerstört werden.
Wie spiegelt sich die exklusive Zielgruppe des Grand Hotels Straubinger in der Architektur wider?
Markus Kaplan: Die Raumstruktur des Hotels ist darauf ausgelegt, Intimität zu schaffen. Prominente oder wohlhabende Gäste können sich hier zurückziehen, ohne auf dem Präsentierteller zu sitzen. Gleichzeitig gibt es öffentliche Bereiche wie das Straubinger Café, die eine Verbindung zum Platz herstellen. Diese Dualität aus Privatsphäre und Öffnung war uns wichtig. Zusätzlich haben wir Details wie den Chefs Table neben der Küche eingebaut – ein Raum für exklusive Events mit Starköchen. Alles ist darauf ausgerichtet, die richtige Balance aus Exklusivität und Zugänglichkeit zu schaffen.
Ihre Aufgabe als Generalplaner war es das komplette Ensemble um den Straubingerplatz zu entwickelt. Dazu gehörten neben der Kernsanierung der beiden Hotels Straubinger und Hotel Badeschloss die vorgelagerte Platzgestaltung, aber auch die Kernsanierung der Alten Post. Was ist der aktuelle Stand zur Entwicklung der Alten Post?
Markus Kaplan: Die Alte Post war immer Bestandteil des Projekts und wird sicher auch irgendwann kommen. Zu Beginn des Projektes war jedoch nicht bekannt, wie massiv der HausschwammHausschwamm: Ein Pilz, der in Holzkonstruktionen wächst und große Schäden verursachen kann. in die Gemäuer eingedrungen ist. Aufgrund dieser unvorhergesehenen Herausforderungen mussten wir die Planung maßgeblich anpassen. Aktuell haben wir die Entwicklung der Alten Post bewusst zurückgestellt. Sie war als ergänzender Bestandteil für das gesamte Ensemble geplant, etwa mit Seminarräumen im oberen Bereich und einem Concept StoreStore: Ein Fenster- oder Türbeschattungssystem, das aus einem Stück Stoff, Jalousien oder Lamellen besteht. mit Bakery im Erdgeschoss. Diese Ideen sind nach wie vor vorhanden, aber der Fokus liegt derzeit auf der erfolgreichen Etablierung der anderen Projekte.
Was waren die größten baulichen Herausforderungen bei diesem Projekt?
Markus Kaplan: Zunächst einmal war da die Pandemie, die vieles verzögert hat. Dann haben wir festgestellt, dass eigentlich der komplette Altbestand vom HausschwammHausschwamm: Ein Pilz, der in Holzkonstruktionen wächst und große Schäden verursachen kann. befallen waren – ganze Holzdecken mussten entfernt und neu aufgebaut werden, ein ganzes Geschoß im Straubinger haben wir leer belassen. Eine weitere große Herausforderung war das Fundament des Turms am Straubinger Platz. Nach erfolgreichen ersten Probebohrungen stießen wir beim Aushub auf unerwartet harte Felsen. Das gesamte Fundierungskonzept musste in kurzer Zeit angepasst werden, um teure Bauverzögerungen zu vermeiden. Solche Probleme klingen vielleicht nach technischen Details, aber sie sind oft existenziell für den Projekterfolg.
Welche gestalterischen Highlights sind Ihnen besonders gelungen?
Markus Kaplan: Mein persönlicher Favorit als Architekt ist der Turm des Hotel Badeschloss mit dieser Scharfkantigkeit des Betons – und dass wir hier ohne Verblechungen gearbeitet haben. Er ist nicht nur ein skulpturales Element, sondern verbindet die historische und moderne Architektur des Ensembles. Im Inneren bin ich stolz darauf, dass wir die alten Oberflächen bewahren konnten. Sie verleihen insbesondere dem Straubinger eine PatinaPatina bezeichnet die natürliche Alterung und Veränderung von Materialien und Oberflächen im Laufe der Zeit. Bei Gebäuden können beispielsweise Fassaden oder Dächer aufgrund von Umwelteinflüssen wie Regen, Sonne oder Staub eine charakteristische Patina ausbilden, die das Erscheinungsbild des Gebäudes prägt., die Authentizität und Geschichte vermittelt. Wir haben es nicht „schön saniert“, wir wollten keinen „Zuckerbäckerstil“, sondern wir wollten das alles so aussieht, wie es – schon – immer war.
Das Hotel Badeschloss verfolgt mit „Dip a little deeper“ ein neues Konzept. Wie haben Sie das architektonisch umgesetzt?
Markus Kaplan: Das Motto spiegelt sich in jedem Detail wider. Wir haben das Hotel Badeschloss als moderne Interpretation einer Badeanstalt gestaltet, bei der das Thema Baden im Mittelpunkt steht – wir bauen Badezimmer und stellen Betten rein. Die Materialien sind bewusst roh, wie der Beton, und kontrastieren mit weichen Elementen wie Vorhängen. Diese Spannung erzeugt eine besondere Atmosphäre. Auch funktionale Details wie die ikonische gelbe Badeleiter verbinden Humor und Praktikabilität.
Welche Perspektiven sehen Sie für Bad Gastein in der Zukunft?
Markus Kaplan: Der Wintertourismus ist bereits stark, doch die größten Potenziale liegen in den Frühjahrs- und Herbstsaisonen. Bad Gastein hat das Potenzial, eine Ganzjahresdestination zu werden. Die Kombination aus Geschichte, moderner Architektur und natürlicher Umgebung macht den Ort einzigartig. Wichtig ist, dass Investoren und Betreiber langfristig denken und den Charakter des Ortes bewahren. Das ist eine Gratwanderung, aber ich bin überzeugt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.
Vielen Dank für das Gespräch.
Mit Projekten wie dem Grand Hotel Straubinger und dem Hotel Badeschloss zeigt Bad Gastein, wie Architektur ein Katalysator für Veränderung sein kann. Es bleibt spannend zu beobachten, wie sich der Ort weiterentwickelt. Mehr zu den Projekten lesen Sie hier: