31.10.2024

Architektur Öffentlich

Malmö Stadttheater von Haworth Tompkins

Kultur
Credit:Jenny Baumgartner

Das Stadsteater in Malmö hat eine umfassende Renovierung durch die Architekten Haworth Tompkins und White Arkitekter erhalten. Nun öffnet sich das Gebäude für das Leben in der Stadt und bietet zugleich einen intimen Aufführungsraum mit viel kreativem Potenzial. Dabei zeigt es wieder die Spuren der ursprünglichen Gebäudenutzung als Zirkus.

Gemeinsam mit dem Team des Stadttheaters und der Stadtverwaltung von Malmö haben die Architekten von Haworth Tompkins dem Gebäude neues Leben eingehaucht. Es heißt das Publikum und die Bevölkerung nun besser willkommen. Der renovierte, flexible Zuschauerraum bietet viele Möglichkeiten für theatralische Kreativität, indem er die rohe Energie der neuen architektonischen Elemente mit der historischen Hülle des ursprünglichen Zirkus-Amphitheaters verbindet. Ein neues Gebäude verknüpft den Zuschauerraum mit der Straße und überdeckt den bestehenden Innenhof zum Teil. So ist auch ein einladender Weg zwischen dem neuen Eingang an der Theaterstraße, dem Café und den Werkstätten sowie den renovierten Theaterfoyers entstanden. Insgesamt ist das Theater jetzt durchlässiger, zugänglicher und künstlerisch flexibler. Seit Februar 2024 ist es wieder geöffnet.

Atelijé. Credit: Henrik Rosenqvist
Innenhof. Credit: Jenny Baumgartner
Auditorium. Credit: Henrik Rosenqvist
Foyer. Credit: Henrik Rosenqvist
Credit:Jenny Baumgartner
Das Stadttheater in Malmö. Credit: Henrik Rosenqvist

Versteckte Zirkusmerkmale

Das Stadttheater von Malmö befindet sich in einem schönen Gebäude aus rotem Backstein und Granitsteinverkleidungen. Ursprünglich wurde es im Jahr 1898 nach einem Entwurf von Theodor Wahlin als Malmöer Hippodromen erbaut. Es stellt einen kompletten städtischen Block dar, mit dem Zirkus-Amphitheater als Herzstück. Dieses ist von einem schirmartigen, gewölbten Holzschalendach mit Oberlicht und Kuppel umgeben.

 

Der Bau wurde als „Kulturpalast des Volkes“ konzipiert und enthielt ursprünglich einen Festsaal, Billardzimmer, Salons und Unterkünfte für Zirkusartisten und Zirkustiere gleichermaßen. Ein Außenhof und ein Durchgang führen von den umliegenden Straßen aus durch zeremonielle Torbögen aus geschnitzten Granitskulpturen, die Zirkusumzüge darstellen.

In den 1920er Jahren wurde aus dem Zuschauerraum des Zirkus ein Theaterraum, der nach dem Zweiten Weltkrieg vorübergehend als Kirche diente. Im Jahr 1994 kam es zu einer kompletten Renovierung und zum Umbau in einen offenen Theaterraum, zu dem 2008 ein Proszenium hinzugefügt wurde. Dies war zwar technisch erfolgreich, verdeckte aber viele der ursprünglichen Zirkusmerkmale und bot wenig Flexibilität bei der Bestuhlung und der Bühnenkonfiguration. Zudem gab es keinen öffentlichen Eingang direkt an der zentralen Kalendegatan.

Das Cafe. Credit: Åke E/son Lindman
Credit: Åke E/son Lindman
Credit: Åke E/son Lindman
Hippodromen, Haworth Tomkins/ White.

Theatralische Energie

Nach dem Entwurf von Haworth Tompkins ist das Malmöer Stadttheater Hippodromen nun wieder flexibler und zugänglicher. Es hat zum ersten Mal ein Foyer an der Kalendegatan und ist den ganzen Tag geöffnet, um viele verschiedene Veranstaltungen in den neu geschaffenen Räumen ausrichten zu können. Um diesen Eingang zu schaffen, wurde ein früheres Perückengeschäft zu einem ganztägig geöffneten Café mit Durchgang umgewandelt, sodass eine transparente Verbindung zwischen Theater und Straße vorhanden ist. Die ehemalige Theaterkasse ist heute ein der Öffentlichkeit zugewandtes Ateljé-Studio, in dem Workshops, aber auch Vorträge, Empfänge und Seminare stattfinden.

 

Die gläsernen „Schaufenster“ sind bestehen geblieben, sodass das Theater zum ersten Mal eine lebendige Straßenfront hat. Diese verdeutlicht die bürgerliche Rolle des Hippodroms im sozialen Gefüge von Malmö. Im Café sind unter anderem historische Fenster, Fußböden, Gesimse und Balustraden erhalten geblieben. Eine Reihe von kleinen Räumen im ersten Stock bietet Platz für kleine Gruppen und Partys. Und der Verbindungspavillon im Innenhof verknüpft die Eingangspassage mit dem Café, dem Ateljé und dem Theaterfoyer. Dieser Pavillon dient als Stadtplatz für das Theater. Mit seinen Dachbalken aus gesägtem Holz und dem Stahlrahmen passt er sich der komplexen Geometrie der bestehenden Backsteinfassaden an.

 

Der Innenhof des Stadttheaters ist mit dem Foyer durch einen historischen „Cirkusstall“ verbunden. Dabei windet sich das Foyer in der Form eines Hufeisens um den Zuschauerraum. Ochsenblutrote Wände, zeltartige Holzdeckenbalken und kupferne Lampenschirme schaffen Atmosphäre und bieten auch über den Zuschauerraum hinaus eine theatralische Energie.

Axonometrie Level 03
Axonometrie Level 02
Axonometrie Level 01
Theater Arrangement by Tompkins
Lageplan
visualisierter Schnitt by Haworth Tompkins

Von 400 auf 520 Zuschauer

Auch im Zuschauerraum des Hippodroms von Malmö haben die Architekten einige Änderungen vorgenommen. Unter Beibehaltung der historischen Hülle haben sie eine neue, hufeisenförmig angeordnete Sitzgeometrie geschaffen, die sich an die ursprüngliche Form des zwölfeckigen Zirkus anlehnt. Dies soll die Intimität des Publikums als auch die Zugänglichkeit zu den Sitzplätzen verbessern. Ebenso sind die Sichtlinien, die Akustik und die Nähe des Publikums zur großzügigen Bühne optimiert.

 

Ein größenvariabler, vollständig demontierbarer Proszeniumsrahmen ermöglicht viel Flexibilität für Aufführungen auf der Endbühne, der Vorbühne oder der Promenade. Zwei Durchgänge durch die Sitzreihe verbinden direkt mit dem Foyer und bieten den Darstellern so weitere Möglichkeiten für den Zugang zum Publikum. Hinzu kommt eine neue, obere Balkonebene, die die Zuschauerkapazität erhöht und technische Optionen für die Installation von Licht- und Tonanlagen bietet.

Insgesamt haben die Erneuerungsarbeiten die Zuschauerkapazität in Malmös Stadttheater Hippodromen um über 100 Plätze von 400 auf bis zu 520 erhöht. Dank der aktualisierten Geometrie des Raums ist der ursprüngliche Zirkusgedanke wieder lesbar, was das Theater in seinem historischen Kontext verankert.

 

Die robusten architektonischen Details mit ihrer Palette aus rotem Baustahl, Sperrholz, rauen Kiefernholzbalken und Holzlattenwänden respektieren zugleich die Patina und die Qualität der vorhandenen Oberflächen. Zurückgewonnene Baumwolle aus Denim-Kleidung dient als Akustikfilz und renovierte Betonböden, recycelte Gummiplatten und restauriertes Mauerwerk stärken den zirkulären Gedanken des Theaters. So gibt es einen „sichtbaren Barcode für das Handwerk des Theatermachens“ laut Haworth Tompkins.

 

Weiterlesen: In Taipei ist unter Leitung von OMA ein gewaltiges, spektakuläres Theatergebäude entstanden.

Scroll to Top