05.05.2025

Architektur Gewerbe

Das Maison de l’Innovation in Nantes

Holz Nachhaltigkeit
Maison de l'Innovation von Baumschlager Eberle Architekten in Nantes. Foto: Cyrille Weiner

Auf der Ile de Nantes, einer innerstädtischen Flussinsel im Herzen der westfranzösischen Stadt, markiert ein neues Bürogebäude den städtebaulichen Anspruch des staatlichen Postkonzerns. Das von Baumschlager Eberle Architekten entworfene „Maison de l’Innovation“ wurde 2024 fertiggestellt und dient als Kompetenzzentrum für 1.200 IT-Fachleute und Forscher. Der Bau vereint eine markante Formensprache mit einem ambitionierten Nachhaltigkeitskonzept, das sich von der Materialwahl über die Gebäudetechnik bis zur Biodiversitätsstrategie erstreckt.


Urbane Einbindung durch lokale Referenzen

Das Gebäude nimmt bewusst die monumentale Perspektive des Boulevard Vincent Gâche auf und setzt mit seiner leicht geneigten Kontur einen selbstbewussten Akzent im Stadtbild. Als architektonisches Leitmotiv dienen Bogenelemente, die auf die Vendée-Brücken über die Loire referieren. Diese lokale Verankerung erfolgt in verschiedenen Variationen: Im Erdgeschoss bildet der Bogen einen zweigeschossigen Portikus, der den Haupteingang markiert, während in den oberen Etagen umgekehrte Bögen die Loggien rahmen.

Foto: Cyrille Weiner
Foto: Cyrille Weiner
Foto: Cyrille Weiner
Foto: Cyrille Weiner
Foto: Cyrille Weiner
Foto: Cyrille Weiner
Foto: Cyrille Weiner
Foto: Cyrille Weiner
Foto: Cyrille Weiner

Konstruktive Lösung: Holzhybrid mit strategischem Betoneinsatz

Die Bauweise des Komplexes vereint technische Anforderungen mit dem Einsatz nachwachsender Rohstoffe. Aus statischen Gründen und im Hinblick auf das lokale Erdbebenrisiko wurden der Sockel und die drei Gebäudekerne in Beton ausgeführt. Die restliche Tragstruktur besteht aus einer Pfosten-Balken-Konstruktion aus Massivholz, die sich über sechs Etagen entwickelt und den zentralen Innenhof umrahmt. Das verwendete Holz stammt aus französischen Wäldern, was die Transportwege minimiert und die regionale Wertschöpfung stärkt. Eine bewusste Entscheidung war, das Massivholz in den Arbeitsbereichen sichtbar zu belassen, was zur atmosphärischen Qualität der Räume beiträgt.


Bioklimatisches Konzept ohne konventionelle Klimaanlage

Bemerkenswert ist der Verzicht auf eine konventionelle Klimaanlage zugunsten passiver Strategien. Die Fassade wurde nach bioklimatischen Gesichtspunkten konzipiert: Ihre Massivität und Tiefe ermöglichen eine passive Steuerung der Sonneneinstrahlung. In den Sommermonaten sorgt eine innovative Kühlung durch Luftumwälzer für zusätzlichen Komfort. Durch die erzeugte Luftbewegung entsteht eine gefühlte Temperatur, die in der Regel 2°C unter der tatsächlichen Raumtemperatur liegt.

Die Fassadengestaltung mit bronzefarbenen eloxierten Aluminiumelementen – bei denen mehr als 70 Prozent Recyclingmaterial verwendet wurde – erzeugt einen kinetischen Effekt. Zur Optimierung von Belichtung und Wärmeeintrag wurden die Fassadenöffnungen mit Bedacht gesetzt. Loggien und Terrassen strukturieren die Fassade durch Schattenwurf und integrierte Vegetation, was gleichzeitig zur Biodiversitätsstrategie des Gebäudes beiträgt.


Räumliche Organisation um ein zentrales Atrium

Das Raumkonzept setzt auf eine klare Hierarchisierung und Differenzierung. Das großzügige Eingangsportal führt in einen zweigeschossigen Schwellenraum, der als lebendiger Transitbereich fungiert. Als zentrales Element erstreckt sich ein Atrium über die gesamte Gebäudehöhe und bildet mit seiner breiten Holztreppe den kommunikativen Mittelpunkt des Komplexes. Diese räumliche Struktur dient nicht nur der Orientierung, sondern fördert Begegnung und Austausch zwischen den Nutzern.

Die Arbeitsplätze sind flexibel gestaltet und entweder nach außen oder zum Innenhof orientiert. Diese Modularität der Raumstruktur gewährleistet die langfristige Anpassungsfähigkeit des Gebäudes an veränderte Nutzungsanforderungen – ein wesentlicher Aspekt der Nachhaltigkeitsstrategie.

Foto: Cyrille Weiner
Foto: Cyrille Weiner
Foto: Cyrille Weiner
Foto: Cyrille Weiner

Zertifizierte Nachhaltigkeit

Das Büro Sinopia verantwortete als Landschaftsarchitekten die Begrünung der Loggien und begehbaren Terrassen. Das Konzept umfasst bewässerte Pflanzgefäße, urbane Landwirtschaft und eine Honigwiese auf dem Dach. Ergänzt wird dies durch Nistkästen für verschiedene Vogelarten und Fledermäuse sowie Insektenhotels. Die Gestaltung nimmt gezielt Bezug auf den Baumbestand der umliegenden Straßen und verstärkt die Integration in die natürliche Umgebung.

Die Nachhaltigkeitsqualitäten des Gebäudes wurden durch mehrere Zertifizierungen bestätigt. Neben der E2C1-Zertifizierung für Energieeffizienz und CO₂-Reduktion erhielt das Projekt das HQE-Zertifikat auf dem Niveau „Exzellent“. Hinzu kommen das OsmoZ-Zertifikat für die Optimierung von Gebäudequalität und Raumgestaltung, das BiodiverCity-Label für die Förderung biologischer Vielfalt sowie die Ready2Services-Zertifizierung, die die Vorbereitung auf digitale Gebäudetechnologien bescheinigt.


Projektdaten

Typologie: Büro und Verwaltung
Bauherr: La Poste Immobilier, Paris, Frankreich
Adresse: 5 rue René Viviani, Nantes, Frankreich
Bruttogeschossfläche: 15.375 m²
Baubeginn: 2020
Fertigstellung: 2024
Team: Baumschlager Eberle Architekten Paris
Umweltzertifikate: 

E2C1: Energieeffizienz und CO₂-Reduktion
HQE 2016 – Niveau Exzellent: Nachhaltiges Bauen auf hohem Qualitätsniveau
OsmoZ: Optimierung von Gebäudequalität und Raumgestaltung
BiodiverCity: Förderung biologischer Vielfalt im Bauprojekt
Ready2Services: Vorbereitung auf digitale Gebäudetechnologien

 

Lesen Sie auch: Familiendomizil von Baumschlager Eberle Architekten in Vaduz. 

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