21.01.2015

Öffentlich

Lichthöhle

KITA “KinderUniversum” am KIT

Am südöstlichen Rand des Karlsruher Universitätscampus ist ein neuer 
Kindergarten entstanden. Der skulpturale Baukörper zelebriert den Betonminimalismus und überzeugt im Inneren durch seine vielschichtige räumliche Licht-Choreografie.

KIT-Kinderuniversum heißt das neue Gebäude, in das Mitarbeiter der Universität ihren Nachwuchs bringen können. Das Projekt geht zurück auf ein Verhandlungsverfahren, das 2010 vom Land Baden-Württemberg ausgelobt wurde und das Bruno Fioretti Marquez Architekten aus Berlin für sich entscheiden konnten. Das Ergebnis: ein viergeschossiger Quader mit expressiver Lochfassade aus Sichtbeton, der sich wenig für seine Umgebung zu interessieren scheint. Wer etwas genauer hinschaut, erkennt allerdings die feine kontextuelle Prägung.

Nach Süden nimmt er die Straßenachse auf, nach Osten die angrenzende Blockrandbebauung. Im Norden bildet er einen wirksamen Schutz für den dahinter liegenden Park, im Westen hält er etwas Abstand zum Nachbarn und erzeugt dadurch einen kleinen Vorplatz. Auch seine schräg verlaufende Dachlinie nimmt die unterschiedlichen Höhen der Nachbarn auf. Städtebaulich fungiert er als Scharnier zwischen zwei Stadtstrukturen – er kann entweder als eigenständiger Baukörper gelesen werden oder als Teil der Stadtstruktur.

Das Gebäude besticht in seinem Innern vor allem durch eine intelligente Organisation des Lichts. Horizontale und vertikale Durchdringungen  versorgen die Räume bis ins Untergeschoss mit Tageslicht. Das kompakte, geschlossene Volumen wird durch ein Atrium, eine Dachterrasse und mehrere Loggien ausgehöhlt – ein räumliches Spiel aus Masse und Hohlraum. Die einzelnen Funktionen sind zusammen mit den Treppenhäusern in kompakte Pakete geschnürt, die sich windmühlenartig um einen zentralen Hof gruppieren, der ab dem ersten Geschoss als Atrium ausgebildet ist. Zwischen den Paketen befinden sich tiefe Einschnitte, die in den oberen Geschossen als Loggien genutzt werden.

Hell und licht wirkt das Gebäude. Gleichzeitig wird es durch seine Materialität geerdet. Die Betonwände mit innenliegender mineralischer Dämmung bilden dicke Schichten, die für eine hohe Plastizität sorgen. Verwendet wurde ein hochdämmender Leichtbeton, dessen Optik das Innere und Äußere des Gebäudes stark prägt. Aber bei aller Liebe zu Sichtbeton und architektonischer Stringenz: die ein oder andere warme Oberfläche wäre eine willkommene Abwechslung.

Gerade die Deckenverkleidung aus Holzwolle-Leichtbauplatten im Erdgeschoss und die Aluminiumrahmen der Treppenhaustüren erzeugen eine technische Kühle, die stellenweise eher an ein Forschungsgebäude als an einen Kindergarten erinnert. Die farblich subtil gestalteten Oberflächen sorgen in den einzelnen Raumpaketen für eine weiche Eleganz – die Räume wirken dort einladender. Und damit stellt sich die Frage, ob das Gebäude von den Nutzern als architektonisch gelungenes Kinderhaus oder als kalter Kinderknast interpretiert wird. Aus architektonischer Sicht steht fest, dass hier ein ambitioniertes Bauwerk entstanden ist, das sich räumlich und gestalterisch wohltuend von anderen Kindergärten abhebt. Ob das die kleinen Nutzer und deren Erzieher genauso sehen, sei dahingestellt.

Mehr dazu gibt es im Baumeister 12/2014.

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