Welche Bedeutung soll das Thema Beleuchtung dabei spielen?
Bianca Nitsch: Die ist dabei eine von mehreren zentralen Komponenten und wird über die Einbettung in das Smart Grid einer Stadt oder eines Quartiers mithilfe eines Lichtraummanagements gesteuert. Moderne Sensoren sorgen außerdem dafür, den Energiebedarf zu reduzieren, die Lichtstimmung der Tageslichtsituation anzupassen und Daten zu sammeln. Einzelne Leuchten sind intelligent miteinander verknüpft und könnten so die Umgebung zum Beispiel flächendeckend mit WLAN versorgen.
Klingt nach Zukunftsgeflüster. Wurde eine Smart Station bereits realisiert?
Bianca Nitsch: Nach unserem Kenntnisstand wurden bisher einzelne Elemente realisiert.
Es gibt ja bereits auch schon erste Straßenlaternen mit integrierten WLAN und E-Ladestationen. Sie erzählen uns von der Idee der Smart Station. Geht da noch mehr?
Bianca Nitsch: Vermutlich wird die Realität all unsere Vorstellungskraft deutlich übersteigen. Prinzipiell denke ich, die Straßenbeleuchtung der Zukunft wird mit Sensoren ausgestattet sein, die auf die jeweiligen Bedingungen ihres Standortes reagieren, um in erster Linie der Gesundheit und Sicherheit der Stadtbewohner zu dienen.
Alexander Schmidt: Die Beleuchtung einer Straße wird dann durch Sensoren erst bei nahenden Autos, Radfahrern oder Fußgängern aktiviert, um den Raum sicher auszuleuchten. Sobald keine Bewegung mehr erkennbar ist, dimmen Sensoren das Licht auf die notwendige Stärke herunter. Das ist auch im Sinne einer optimalen Energieeffizienz.
Apropos Energieeffizienz, Herr Schmidt. Die Technologien von LED und OLED haben den Markt revolutioniert. Welche Möglichkeiten bieten sie für die Stadt von morgen?
Alexander Schmidt: Sie eröffnen die Möglichkeit, feinfühliger zu illuminieren und auszuleuchten, anzustrahlen oder zu reflektieren. LED und OLED bergen allerdings auch Gefahren: Es ist verlockend, damit ganze Lichtteppiche und –wände zu schaffen, die bunt in jeder Farbe strahlen und manches überstrahlen. „Weniger ist mehr“ ist oftmals der richtige Weg. Durch die gezielte Reduzierung von Licht können sogar neue Stadtbilder entstehen.
„Das Lichtkonzept der Stadt Wien ist Best-Practice.“
An welcher Stadt kann man hier sich ein Beispiel nehmen?
Bianca Nitsch: Was die Integration von LED-Leuchten betrifft, finde ich die strukturierte Vorgehensweise in Wien beispielhaft. Seit 2010 werden für den öffentlichen Raum LED-Leuchten eingesetzt und seit 2014 kommen bei Neuerrichtungen von Beleuchtungsanlagen ausschließlich LED-Leuchten zum Einsatz. Knapp 50 000 Seilhängeleuchten sollen bis 2020 durch LED-Leuchten ersetzt werden. Hierfür entwickelte die Abteilung „Wien leuchtet“ eigens die sogenannte „Wiener Standardleuchte“.
Und was ist das Besondere an dieser Leuchte?
Alexander Schmidt: Ihre Besonderheit ist, dass bei der Leuchte im Sinne eines Baukastenprinzips Leuchten-Gehäuse und Leuchten-Einsatz funktional voneinander getrennt sind. Die Leuchte kann so mit beliebigen Einsätzen bestückt werden, unabhängig vom Hersteller, der Lichterzeugungstechnik oder auch lichttechnischen Anforderungen.
Wagen wir noch einen Blick in die Zukunft. Harald Haas, Professor an der University of Edinburgh, verfolgt die Vision des „sprechenden Lichtes“. Haben Sie bereits Erfahrungen im Bereich „Visible Light Communication“ gemacht?
Bianca Nitsch: Im letzten Jahr war eine Gruppe von Architekten aus unserem Büro in Shanghai zu einer Werksbesichtigung bei einem chinesischen LED-Hersteller eingeladen. Durch diesen Besuch sind wir auf die VLC-Technologie aufmerksam geworden und waren beeindruckt, wie weit die Technologie schon ist. Wenn sich die Beleuchtung der Stadt mit Leuchtdioden und eine neue Methode der Datenübertragung verbinden lassen, hat das Einfluss auf die Gestaltung des öffentlichen Raums und seiner Beleuchtung. Die VLC-Technologie funktioniert allerdings nur, wenn die Sichtachse zwischen Sender und Empfänger frei ist. Wir sind gespannt, ob sich die Technologie durchsetzt.