10.05.2021

Gewerbe

Ein Showroom von Konstantin Grcic

Konstantin Grcic im Laufen Space in der Berliner Kantstraße, Foto: Marc Comes
Konstantin Grcic im Laufen Space in der Berliner Kantstraße, Foto: Marc Comes

Der Designer Konstantin Grcic hat den Berliner Showroom des Sanitärkeramikherstellers Laufen entworfen. Vielseitigkeit spielte bei der Gestaltung des „Laufen Space“ eine zentrale Rolle.

Die Berliner Kantstraße hat unterschiedliche Gesichter: Rund um des Savignyplatz ist seit Jahrzehnten die gehobene Berliner Wohnkultur daheim. Hier haben zahlreiche nationale und internationale Möbel-, Küchen- und Sanitärhersteller ihre Repräsentanz. Einige Schritte weiter Richtung Bahnhof Charlottenburg beginnt der rauere aber auch hippere Teil der Straße. Hier befindet sich etwa das japanische Restaurant 893 Ryōtai des stilbildenden Berliner Kochs und Gastrounternehmers The Duc Ngo. Wer es nicht besser weiß und die kleine Neonleuchtschrift über der Tür nicht wahrnimmt, würde glauben, dass mit Grafitti beschmierte Ladenlokal in einem runtergekommenen Nachkriegsbau stünde leer.

Schräg gegenüber des Restaurants hat vor Kurzem der Schweizer Badkeramikhersteller Laufen seinen neuen „Space“ eröffnet. Auch hier tut sich der Betrachter beim ersten Blick durch die Schaufenster des Gründerzeitbaus nicht leicht, die Nutzung des Ladenlokals einzuordnen. Kein Wunder – hat doch Konstantin Grcic einen Ort schaffen wollen, der mehrere Aufgaben übernehmen kann. Grcic, der wichtigste deutsche Designer der Gegenwart, arbeitet nicht zum ersten Mal mit Laufen zusammen. Seine 2015 vorgestellte Serie „Val“ ist vielleicht das gestalterisch ambitionierteste Badkeramikprogramm, das derzeit in der Produktion ist.

Vis-à-vis des Schaufensters wurde die Wand des eigentlichen Ladenlokals zu einem kleinen fensterlosen Nebenraum geöffnet, dessen Wände und Boden komplett mattschwarz gefliest worden sind. Hier hat Grcic eine große Videowand aufstellen lassen, die der Nebenraum wie eine Apsis rahmt. Der Hauptraum dagegen bleibt weitgehend leer. Die große freie Fläche soll für Veranstaltungen und wechselnde Ausstellungen genutzt werden. Kleine rollbare Podeste, auch sie schwarz gefliest, können zur Präsentation von Produkten oder Exponaten aufgestellt werden.

Konstantin Grcic im Laufen Space in der Berliner Kantstrasse, Foto: Marc Comes

Großes Regal im schmalen Raum

Dort, wo sich der Hauptraum in die Tiefe des Hauses erstreckt, betont Grcic diese Raumtiefe mit einem ausladenden Industrieregal aus unlackiertem Metall, dem sogenannten Archiv. In dem Regal sind die Keramikerzeugnisse des Herstellers wie in einem Schaudepot aufgereiht. Konstantin Grcic zitiert mit diesem Element die Stände von Andreas Fuhrimann und Gabrielle Hächler, die in den letzten Jahren die wegweisende Messearchitektur von Laufen verantwortet haben. Das Züricher Architektenpaar wiederum hat sich zu den großen Regalkonstruktionen, die an den Außenseiten der Messestände aufgebaut waren, von den Musterlagern in der Laufen-Produktion anregen lassen. Grcic spielt dagegen in Berlin mit der wuchtigen Präsenz des für den kleinen Raumteil überdimensionierten Lagerregals.

Im hinteren Teil des Ladenlokals hat Konstantin Grcic zudem ein eigens entwickeltes Halterungssystem aus Metall montieren lassen, das es erlaubt, unterschiedliche Keramikelemente und Möbel einzuhängen. So kann Laufen Kunden verschiedene Zusammenstellungen von Waschtischen, Spiegeln, WCs und Hängeschränken vorführen oder mit wenigen Handgriffen neue Ausstellungsdisplays aufbauen.

Der Markengeist als Showroom

Vielseitigkeit und Wandelbarkeit sind zentrale Themen in Grcics Innenarchitekturen. Gemeinsam mit dem Büromöbelhersteller Vitra hat er sich damit in Bezug auf variable Arbeitsplätze auseinandergesetzt und beispielsweise den multifunktionalen Hocker „Stool-Tool“ und den faltbaren Schreibtisch „Hack“ entwickelt. Beim Laufen-Space überträgt er diesen Ansatz nun auf den Bereich Retail. Bei seinen Überlegungen kommt er dabei zu einem ähnlichen Ergebnis wie OMA/AMO bei der Gestaltung des Flagshipstores des Modelabels Off-White in Miami: In beiden Flächen sind die Räume mindestens ebenso sehr Veranstaltungsfläche wie sie Präsentationsort für Produkte sind. Und in beiden Fällen ist es dieser Eventbereich, der mit dem Außenraum verknüpft ist und nicht die Warenauslage.

In Berlin wie in Miami steht natürlich die gleiche Überlegung hinter dieser räumlichen Anordnung: Das Ladenlokal ist nicht mehr in erster Linie Verkaufsfläche, es muss den Geist einer Marke vermitteln und sie erlebbar machen. Der eigentliche Warenvertrieb spielt im Zeitalter des Onlinehandels nur noch eine untergeordnete Rolle. Corona-bedingt kann der neue Laufen-Space seine Rolle noch nicht spielen und das „Erlebnis“ offerieren, das dem zukünftig stationären Handel seine Existenz sichern soll. Das ist in diesem Fall nachrangig, denn der Space adressiert weniger den Endverbraucher, als Fachhändler und Handwerker, Architekten und Projektentwickler. Für diese Zielgruppe hat Konstantin Grcic einen Erlebnisraum geschaffen, der das Selbstverständnis der Marke Laufen höchst prägnant zum Ausdruck bringt.

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