Smarte Gebäude, saubere Luft? Schön wär’s. Während wir über nachhaltige FassadenFassaden sind die Außenwände von Gebäuden, die zur Straße hin sichtbar sind. und grüne Zertifikate philosophieren, bleibt das Unsichtbare oft außen vor: die Raumluft. Doch mit Künstlicher Intelligenz beginnt ein neues Kapitel. Architektur wird zum Kampf gegen das Unsichtbare – mit Algorithmen als schärfste Waffe. Aber wie viel steckt hinter dem Hype? Und wie weit sind Deutschland, Österreich und die Schweiz wirklich?
- Künstliche Intelligenz revolutioniert das Monitoring und die Steuerung der Raumluftqualität.
- Deutschland, Österreich und Schweiz setzen auf Pilotprojekte, echte Standards fehlen noch.
- Innovative Sensorik, Predictive Maintenance und smarte Gebäudetechnik machen Architektur zur aktiven Gesundheitsmaschine.
- NachhaltigkeitNachhaltigkeit: die Fähigkeit, natürliche Ressourcen so zu nutzen, dass sie langfristig erhalten bleiben und keine negativen Auswirkungen auf die Umwelt haben. Nachhaltigkeit in der Architektur - Gebäude, die die Umwelt schützen und gleichzeitig Ästhetik und Funktionalität bieten Nachhaltigkeit und Architektur sind zwei Begriffe, die heute mehr denn je miteinander verbunden... und EnergieeffizienzEnergieeffizienz: Dieses Fachmagazin beschäftigt sich mit der Energieeffizienz von Gebäuden und Infrastrukturen. Es untersucht die verschiedenen Methoden zur Steigerung der Energieeffizienz und ihre Auswirkungen auf die Umwelt und die Gesellschaft. stehen in direkter Wechselwirkung zur Luftqualität – ein Zielkonflikt, der neue Lösungen braucht.
- Technische Kompetenzen in KI, Datenanalyse und GebäudeautomationGebäudeautomation: Gebäudeautomation ist ein System, das die verschiedenen technischen Systeme eines Gebäudes zentralisiert und durch Überwachung und Kontrolle eine effektive und energieeffiziente Nutzung ermöglicht. werden für Planer und Betreiber unverzichtbar.
- Digitale Tools und KI-Plattformen stellen klassische Lüftungskonzepte infrage und fordern das Berufsbild heraus.
- Die Debatte kreist um Datenschutz, algorithmische Verzerrungen und die Macht der Tech-Konzerne.
- Globale Vorbilder setzen Maßstäbe – doch der deutschsprachige Raum zögert noch zwischen Vorsicht und Vision.
Das neue Unsichtbare: Raumluftqualität im Fokus der Architektur
Raumluft – das klingt nach Schulbau, nach Messstationen, nach schlechtem Kaffee und CO₂-Ampeln. Jahrzehntelang wurde sie in der Architektur vernachlässigt, als lästiges Nebenprodukt belächelt oder an die Haustechnik delegiert. Doch spätestens seit der Pandemie ist klar: Die Luft, die wir in Gebäuden atmen, ist kein Luxus, sondern grundlegend für Gesundheit, Wohlbefinden und Produktivität. Sie ist aber auch ein Feld, das voller Unsicherheiten steckt – von flüchtigen organischen Verbindungen bis zur Feinstaubbelastung. Die klassische Architektur hat darauf oft nur mit mehr Lüftung oder dickeren Filtern reagiert. Doch das reicht längst nicht mehr. Denn in der digitalisierten, energieoptimierten Stadt wird die Raumluft zum neuralgischen Punkt – und zur neuen Arena für Innovationen.
Gerade im deutschsprachigen Raum, wo Energieeffizienz und Nachhaltigkeit als höchste Tugenden gelten, ist die Raumluft ein heikles Thema. Dichte Gebäude, clever gedämmte Fassaden und hochmoderne Fensterist eine Öffnung in der Wand eines Gebäudes, die Licht, Luft und Blick nach draußen ermöglicht. Es gibt verschiedene Arten von Fenstern, die sich in Größe, Form und Material unterscheiden können. Das Fenster ist ein wesentlicher Bestandteil der Gebäudearchitektur und hat sowohl funktionale als auch ästhetische Bedeutung. Es ist eine... sorgen zwar für niedrige Verbrauchswerte. Doch sie machen die Gebäude gleichzeitig zu Luftblasen, in denen Schadstoffe, Feuchtigkeit und Erreger schnell zur Gefahr werden. Wer heute plant, muss nicht nur den EnergieverbrauchEnergieverbrauch: Dieses Fachmagazin beschäftigt sich mit dem Energieverbrauch von Gebäuden und Infrastrukturen. Es untersucht die verschiedenen Faktoren, die den Energieverbrauch beeinflussen, und die Möglichkeiten der Reduzierung des Energieverbrauchs., sondern auch das Innenraumklima steuern – und das rund um die Uhr. Hier setzt die neue Generation intelligenter Systeme an. SensorenSensoren: Bezeichnet alle Geräte, die dazu dienen, Daten über Umweltbedingungen oder Ereignisse zu sammeln. messen permanent CO₂, VOCsVOCs - Flüchtige organische Verbindungen, die in vielen Baumaterialien und Chemikalien vorkommen und als Luftschadstoffe schädlich sein können., Temperatur und FeinstaubFeinstaub: Kleine Partikel, die bei Bauarbeiten oder im Straßenverkehr freigesetzt werden und die Gesundheit beeinträchtigen können.. KI-Algorithmen analysieren das Datenrauschen und schlagen AlarmAlarm: Ein Alarm ist eine akustische oder optische Warnung, die ausgelöst wird, wenn z.B. eine Gefahr wie Brand oder Einbruch erkannt wird., bevor die Luft kippt. Plötzlich wird das Unsichtbare sichtbar – zumindest für die, die hinschauen wollen.
Doch die Realität in Deutschland, Österreich und der Schweiz ist zwiespältig. Während in einigen Neubauprojekten bereits smarte Steuerungen und Predictive Maintenance Einzug halten, bleibt der Bestand weitgehend analog. Schulgebäude werden nach wie vor mit FensterlüftungFensterlüftung: Eine Art von Lüftungssystem, bei der durch Öffnen und Schließen von Fenstern oder Fensterflügeln frische Luft in einen Raum gelangt. betrieben, Büros mit veralteten Lüftungsanlagen, deren Steuerung sich eher nach Zufall als nach Bedarf richtet. Der Wille zur Innovation ist da, die Umsetzung stockt jedoch an technischen, finanziellen und regulatorischen Hürden. Der große Wurf fehlt, Pilotprojekte bleiben Insellösungen. Immerhin: Die Erkenntnis, dass Raumluft mehr ist als ein Randthema, setzt sich langsam durch – auch dank der öffentlichen Debatte um Pandemie, Feinstaub und Klimaanpassung.
Gleichzeitig wächst der Druck, radikale Lösungen zu finden. Denn die Anforderungen an die Architektur steigen. Nutzer erwarten perfekte Luftqualität, Investoren fordern Nachhaltigkeit, Betreiber wünschen niedrige Betriebskosten – und der Gesetzgeber verlangt immer strengere Grenzwerte. Der Zielkonflikt ist programmiert. Die Antwort darauf könnte eine Architektur sein, die nicht nur gestaltet, sondern permanent lernt, misst und steuert. Eine, die das Unsichtbare nicht mehr duldet, sondern offensiv bekämpft. Dafür braucht es aber mehr als nur technische Spielereien. Es braucht ein neues Denken in der Planung, neue Allianzen zwischen Architekten, Ingenieuren, Datenanalysten und Softwareentwicklern – und eine Portion Mut, das Unsichtbare endlich ernst zu nehmen.
Ob das gelingt, hängt nicht zuletzt vom Umgang mit Daten, Algorithmen und Verantwortlichkeiten ab. Denn wer entscheidet künftig, wann die Raumluft „gut genug“ ist? Die Gebäudetechnik? Die Nutzer? Oder die KI? Die Antworten darauf werden die Architektur der nächsten Jahrzehnte prägen – und darüber entscheiden, wie wir das Unsichtbare in den Griff bekommen.
KI trifft Gebäudetechnik: Wie Algorithmen das Unsichtbare steuern
Künstliche Intelligenz ist in aller Munde – aber was bedeutet das konkret für die Raumluft? Die Zeiten, in denen Lüftungsanlagen stur nach Uhrzeit oder Außentemperatur liefen, sind vorbei. Heute übernehmen selbstlernende Algorithmen die Kontrolle. Sie werten Messdaten in Echtzeit aus, erkennen Muster, prognostizieren Belastungsspitzen und steuern daraufhin die Technik. Das Ziel: immer optimale Luftqualität bei minimalem Energieeinsatz. Klingt nach Science-Fiction, ist aber längst Realität – zumindest in den Leuchtturmprojekten der Branche.
Die technische Basis bilden dichte Sensornetzwerke, die nicht nur klassische Parameter wie Temperatur und CO₂, sondern auch VOCs, Feinstaub, relative LuftfeuchteRelative Luftfeuchte: Das Verhältnis des Wasserdampfes in der Luft zur maximalen Menge an Wasserdampf, die in der Luft bei einer bestimmten Temperatur vorhanden sein kann. und sogar Krankheitserreger erfassen können. Die Daten fließen in zentraleZentrale: Eine Zentrale ist eine Einrichtung, die in der Sicherheitstechnik als Steuerungszentrum für verschiedene Alarmvorrichtungen fungiert. Sie empfängt und verarbeitet Signale von Überwachungseinrichtungen und löst bei Bedarf Alarm aus. Plattformen, wo sie aggregiert, analysiert und bewertet werden. Hier kommt die KI ins Spiel: Sie erkennt Abweichungen vom Idealzustand, identifiziert Zusammenhänge zwischen Nutzerverhalten, Wetter und Technik – und zieht daraus Schlüsse für die Steuerung. Lüftungsanlagen werden nicht mehr nach einem starren Zeitplan gefahren, sondern situativ, adaptiv und oft sogar prädiktiv geschaltet. Das Ergebnis sind Räume, in denen die Luftqualität stabil bleibt – ohne dass Nutzer es überhaupt bemerken.
Die großen Innovationen kommen dabei oft aus dem Ausland. In Singapur, Kopenhagen oder Toronto entstehen Gebäude, in denen KI-basierte Systeme den gesamten Lebenszyklus begleiten: Von der Planung über den Betrieb bis zum Rückbau. In Deutschland, Österreich und der Schweiz gibt es erste Pilotprojekte, etwa in neuen Bürokomplexen, Universitätsbauten oder Krankenhäusern. Doch der Durchbruch bleibt aus. Die Gründe sind vielfältig: Mangelnde Standardisierung, Datenschutzbedenken, hohe Investitionskosten und fehlende Schnittstellen zwischen den Systemen. Hinzu kommt eine gewisse Skepsis gegenüber KI – nicht zuletzt, weil sie als Black Box empfunden wird, deren Entscheidungen nur schwer nachvollziehbar sind.
Dennoch: Der Trend ist nicht aufzuhalten. Wer heute plant, muss sich mit Datenanalyse, Machine Learning und Gebäudeautomation auseinandersetzen – ob er will oder nicht. Das Berufsbild des Architekten verschiebt sich. Es reicht nicht mehr, nur Baukörper zu entwerfen. Es geht darum, digitale Ökosysteme zu gestalten, die Gesundheit, Nachhaltigkeit und Komfort in Einklang bringen. Das verlangt technisches Wissen, aber auch den Mut, Verantwortung abzugeben – an Algorithmen, die schneller, genauer und oft auch nachhaltiger entscheiden können als der Mensch.
Doch damit entstehen neue Fragen. Wer haftet, wenn die KI versagt? Wie verhindern wir algorithmische Verzerrungen, die einzelne Nutzergruppen benachteiligen? Und wie stellen wir sicher, dass die Technik nicht zum Selbstzweck wird, sondern dem Menschen dient? Die Antworten darauf sind noch offen. Klar ist aber: Wer sich dem Thema KI und Raumluft verweigert, plant an der Realität vorbei – und riskiert, dass das Unsichtbare wieder zum Problem wird.
Nachhaltigkeit, Energie und Raumluft: Ein Zielkonflikt mit neuen Antworten
Kaum ein Thema polarisiert die Branche so sehr wie die Frage, wie Nachhaltigkeit, Energieeffizienz und Raumluftqualität zusammengebracht werden können. Jahrzehntelang galt: Je dichter das Gebäude, desto besser für die Energiekennwerte. Doch die Kehrseite ist altbekannt: SchimmelSchimmel: Schimmel sind Pilzsporen, die in feuchten Umgebungen wachsen und sowohl auf Oberflächen als auch in der Luft auftreten können. Schimmelbelastung kann zu gesundheitlichen Problemen führen und muss daher beseitigt werden., Schadstoffe, schlechte Luft. Die klassische Lösung war mehr Technik – größere Lüftungsanlagen, filigranere FilterFilter: Ein Material, das bestimmte Wellenlängen oder Frequenzen von Licht oder anderen Strahlungen blockiert oder durchlässt., aufwendigere Regelungen. Doch das treibt nicht nur die Kosten, sondern auch den Energieverbrauch in die Höhe. Ein Teufelskreis, der mit den Klimazielen von Paris, Brüssel und Berlin kaum vereinbar ist.
Hier setzt die nächste Welle der Innovationen an. KI-basierte Systeme versprechen, den Zielkonflikt aufzulösen – zumindest teilweise. Sie steuern Lüftung, Heizung und Kühlung so präzise, dass immer nur so viel EnergieEnergie: die Fähigkeit, Arbeit zu verrichten oder Wärme zu erzeugen. eingesetzt wird, wie wirklich nötig. Sensoren melden, wann und wo Menschen im Gebäude sind. Algorithmen berechnen, wie lange die Luft noch „gut“ bleibt, bevor gelüftet werden muss. Predictive Maintenance sorgt dafür, dass Filter nur dann gewechselt werden, wenn sie wirklich verschmutzt sind – und nicht nach starrem Plan. Das spart Ressourcen, senkt Kosten und schont die Umwelt.
Doch auch hier gilt: Die Technik ist kein Allheilmittel. Sie funktioniert nur, wenn sie von Anfang an in die Planung integriert wird. Das erfordert ein neues Verständnis von Architektur. Räume müssen so gestaltet werden, dass Sensoren optimal platziert werden können, Luftströme berechenbar bleiben und die Technik zugänglich bleibt. Es reicht nicht mehr, die Haustechnik als Nachtrag zu betrachten. Sie wird zum integralen Bestandteil des Entwurfs – und zum Prüfstein für echte Nachhaltigkeit.
In Deutschland, Österreich und der Schweiz gibt es erste Projekte, die diesen Ansatz verfolgen. Sie setzen auf digitale Zwillinge, die das Innenraumklima schon in der Entwurfsphase simulieren. Sie nutzen Open-Source-Plattformen, um Daten transparentTransparent: Transparent bezeichnet den Zustand von Materialien, die durchsichtig sind und das Durchdringen von Licht zulassen. Glas ist ein typisches Beispiel für transparente Materialien. zu machen und die Steuerung zu optimieren. Doch der große Sprung steht noch aus. Die meisten Gebäude bleiben im Spagat zwischen Energieeffizienz und Luftqualität gefangen – und die Nutzer zahlen den Preis. Die Gründe sind bekannt: Zu wenig Know-how in den Planungsbüros, zu viel Misstrauen gegenüber neuer Technik, zu hohe Anfangsinvestitionen und zu enge regulatorische Rahmen.
Die Lösung liegt in der interdisziplinären Zusammenarbeit. Architekten, TGA-Planer, Softwareentwickler und Betreiber müssen an einem Tisch sitzen – und zwar von Anfang an. Nur dann gelingt es, das Unsichtbare sichtbar und steuerbar zu machen. Und nur dann wird die Architektur zur echten Gesundheitsmaschine, die nicht nur schön aussieht, sondern auch atmen kann.
Digitale Kompetenzen und neue Rollen: Was Planer wirklich wissen müssen
Die Digitalisierung stellt das Berufsbild der Architekten radikal auf den Kopf. Wer heute Gebäude entwirft, muss mehr können als Grundrisse zeichnen und Baustellen koordinieren. Datenkompetenz, Verständnis für Sensorik und KI, Wissen über Schnittstellen und Cloud-Plattformen – all das wird zur Grundausstattung. Die klassische Trennung zwischen Entwurf und Technik, zwischen Architektur und Betrieb, löst sich auf. Die Raumluft wird zum gemeinsamen Projekt von Planern, Ingenieuren und Softwareentwicklern.
Schon in der frühen Planungsphase müssen die Anforderungen an das Innenraumklima definiert werden. Welche Sensoren werden wo gebraucht? Wie werden die Daten erhoben, gespeichert und ausgewertet? Welche Algorithmen steuern die Technik – und nach welchen Kriterien? Wer diese Fragen nicht beantworten kann, wird im Wettbewerb abgehängt. Denn Investoren, Nutzer und Gesetzgeber verlangen TransparenzTransparenz: Transparenz beschreibt die Durchsichtigkeit von Materialien wie Glas. Eine hohe Transparenz bedeutet, dass das Material für sichtbares Licht durchlässig ist., Nachvollziehbarkeit und höchste Standards bei Gesundheit und Nachhaltigkeit.
Gleichzeitig entstehen ganz neue Rollensind kleine bewegliche Teile, die in Türschlössern verbaut werden, um die Beweglichkeit der Türverriegelung zu verbessern. Sie können in verschiedenen Ausführungen und Materialien vorkommen.. Der „Building Data Scientist“ wird zum unverzichtbaren Partner im Planungsteam. TGA-Planer müssen sich mit Machine Learning und Predictive Analytics auskennen. Architekten werden zu Kuratoren digitaler Ökosysteme, in denen Hardware, Software und Nutzerinteressen verschmelzen. Die Ausbildung hinkt dieser Entwicklung noch hinterher – und der Nachwuchs sucht sich die wenigen Büros, die diese Kompetenzen mitbringen, gezielt aus.
Die technische Komplexität steigt, aber auch die Verantwortung. Wer mit KI arbeitet, muss deren Grenzen kennen. Algorithmische Verzerrungen, Datenlücken und Fehlinterpretationen können fatale Folgen für die Raumluft und damit für die Gesundheit der Nutzer haben. Es reicht nicht, die Technik einfach einzukaufen und laufen zu lassen. Es braucht ein kritisches Verständnis, regelmäßige Überprüfung und die Bereitschaft, Fehler offen zu kommunizieren. Nur so bleibt die Kontrolle über das Unsichtbare beim Menschen – und nicht bei der Maschine.
Doch der Aufwand lohnt sich. Wer die neuen Kompetenzen beherrscht, kann nicht nur bessere Gebäude entwerfen, sondern auch neue Geschäftsmodelle erschließen. Monitoring, Zertifizierung, datenbasierte Optimierung – all das wird zur Wachstumsbranche. Und am Ende profitieren alle: Planer, Betreiber, Nutzer – und die Umwelt.
Vision, Kritik und globale Perspektiven: Architektur gegen das Unsichtbare
Die Debatte um KI und Raumluft ist längst global – und sie spaltet die Branche. Auf der einen Seite stehen die Visionäre, die smarte Gebäude als Gesundheitsmaschinen feiern und die Architektur zur Wissenschaft erheben wollen. Sie träumen von Städten, in denen kein Mensch mehr schlechte Luft atmen muss, weil Algorithmen alles regeln. Auf der anderen Seite warnen Kritiker vor Datenmissbrauch, technischer Überforderung und dem Machtzuwachs der Tech-Konzerne. Sie befürchten, dass die Kontrolle über das Unsichtbare zum Monopol einiger weniger wird – und die Architektur zum Anhängsel der IT-Branche verkommt.
Die Wahrheit liegt wie immer dazwischen. Klar ist: Ohne Digitalisierung und KI wird die Raumluft kein nachhaltiges Niveau erreichen. Die klassischen Methoden stoßen an ihre Grenzen – ökonomisch, ökologisch und technisch. Aber ebenso klar ist: Die Technik ist kein Selbstzweck. Sie muss offen, nachvollziehbar und demokratisch steuerbar bleiben. Sonst droht das Unsichtbare nur durch eine neue Form von Intransparenz ersetzt zu werden.
International gibt es längst Beispiele für beide Wege. In Skandinavien und Kanada werden offene Datenplattformen genutzt, um die Steuerung der Raumluft transparent und partizipativ zu gestalten. In Asien entstehen dagegen Smart Buildings, in denen der Nutzer kaum noch Einflussmöglichkeiten hat – die Kontrolle liegt bei den Algorithmen, die von wenigen Unternehmen dominiert werden. Der deutschsprachige Raum steht vor der Wahl: Mitmachen oder zuschauen? Regulieren oder experimentieren?
Die Architektur kann in diesem Spiel eine Schlüsselrolle einnehmen – wenn sie sich traut. Sie kann zur Moderatorin zwischen Technik, Nutzer und Gesellschaft werden. Sie kann Standards setzen, Debatten führen und Innovationen vorantreiben. Vor allem aber kann sie dafür sorgen, dass das Unsichtbare nicht nur technisch, sondern auch sozial kontrollierbar bleibt. Denn am Ende geht es nicht nur um saubere Luft, sondern um Lebensqualität, Teilhabe und Verantwortung.
Wie das gelingt? Mit Mut zur Veränderung, mit Lust auf Technik – und mit einem offenen Blick für das, was hinter den Fassaden passiert. Das Unsichtbare ist nicht das Problem. Es ist die nächste große Chance für die Architektur.
Fazit: KI und Raumluft – Architektur auf der Suche nach der nächsten Disziplin
Die Zukunft der Architektur wird im Unsichtbaren entschieden. KI-basierte Systeme für die Raumluft sind kein technisches Add-on, sondern der nächste logische Schritt in einer Disziplin, die Gesundheit, Nachhaltigkeit und Komfort neu denken muss. Deutschland, Österreich und die Schweiz haben das Potenzial, Vorreiter zu werden – wenn sie den Mut aufbringen, Technik und Verantwortung zu vereinen. Wer heute die richtigen Fragen stellt, kann morgen das Unsichtbare gestalten. Wer zaudert, wird von der Realität überholt. Die Architektur der Zukunft ist smart, kritisch und radikal offen – und sie beginnt genau dort, wo wir bislang weggeschaut haben: in der Luft, die wir atmen.
