10.09.2021

Wohnen

Radikale Schönheit

Bei seinem Jacaranda-Haus arbeitet José Francisco García-Sánchez mit sparsamer Materialität und durchdachten Formen. Sein Villa stellt er damit in die Tradition der spanischen Moderne. 

 

Foto: Antonio Luis Martínez Cano

 

Radikal sei sein Jacaranda-Haus, sagt Architekt José Francisco García-Sánchez. Radikal in seiner Materialität, radikal in seiner Zeichenhaftigkeit, in seinem Landschaftsbezug, in seiner Abstraktion, ja sogar in seiner Nutzung des natürlichen Lichtes. Beeindruckend schön, und das sagt García-Sánchez nicht, ist es übrigens auch noch.

Die Lage des Jacaranda-Hauses ist atemberaubend. Denn die Villa liegt auf einer Hügelspitze über dem Mittelmeer in Nationalpark Cabo de Gata-Níjar in der Nähe der andalusischen Hafenstadt Almería. Um das steile Grundstück überhaupt bebauen zu können, ließen es Architekt und Bauherren terrassieren und die Terrassen mit balates, den traditionellen Trockenmauern befestigen.

 

Foto: Antonio Luis Martínez Cano
Foto: Antonio Luis Martínez Cano

 

Auf der größten der Terrassen platziert der Architekt einen kubischen zweistöckigen Gebäudekörper. Aus dem Erdgschoss können die Bewohner die Terrasse zur Meerseite betreten. Dann gelangen sie auf den weiten Freibereich der Villa Jacaranda. Dieser schließt sich fast übergangslos an den großen Wohn- und Essbereich mit offener Küche an, der fast das gesamte Erdgeschoss einnimmt. Am entgegengesetzten Ende geht der Freibereich in einen Infinity-Pool über. Dahinter öffnet sich die weite Landschaft mit dem Mittelmeer zu Füßen des Hügels.

 

Foto: Antonio Luis Martínez Cano

Pfeiler als Wetterschutz

 

Das obere Stockwerk befindet sich auf dem Bodenniveau der nächsthöher gelegen Terrasse. Deswegen erfolgt von hier der Zugang zum Haus. Auch die in den Hauskörper integrierte Garage wird von dieser Ebene befahren. Darüber hinaus befinden sich im Obergeschoss die drei Schlafzimmer des Jacaranda-Hauses.

 

Foto: Antonio Luis Martínez Cano
Foto: Antonio Luis Martínez Cano

 

Mittels bodentiefer Glasfenster öffnet José Francisco García-Sánchez das Erdgeschoss der Villa zu zwei Seiten. Aus diesem Grund platziert der Architekt zur Hangseite des Hauses fünf große polygone Pfeiler vor der Fensterfront, die die Last des Obergeschosses tragen. Gleichzeitig bilden sie einen Wetterschutz für die Glaswände. Dafür hat García-Sánchez jeden der Pfeiler anders geformt, so dass sie Sonne und Wind optimal abhalten. Außerdem dienen die Pfeiler ihm auch als gestalterisches Element. Je nach Perspektive wirken sie wuchtig und massiv oder fast überschlank. Dagegen dient im Obergeschoss ein Spalier schmaler quadratischer Pfeiler zur Talseite als Sonnenschutz für die Schlafzimmer.

 

Foto: Antonio Luis Martínez Cano

Die unendlichen Wege des Jacaranda-Hauses

 

Insgesamt drei Trepppen verbinden die unterschiedlichen Ebenen des Jacaranda-Hauses. Neben dem Haupttreppenhaus im Zentrum gibt es zwei Servicetrppenhäuser an den Kopfseiten. José Francisco García-Sánchez will mit dieser Anlage der Villa auch klassische Bewegungsrouten im Haus hinterfragen, die einen Anfangs- und einen Endpunkt besitzen. Im Jacaranda-Haus können theoretisch infinite Wege auf sich verändernden Routen beschritten werden. Auch alle Räume können durch mehr als einen Zugang betreten oder verlassen werden. Deshalb müssen sie immer zugleich als Durchgangsräume begriffen werden. Diese Form der Durchwegung, sagt der Architekt, trage wesentlich zum Wohngefühl des Hauses bei.

 

Foto: Antonio Luis Martínez Cano
Foto: Antonio Luis Martínez Cano

 

Nur auf den ersten flüchtigen Blick wirkt die Außenhaut des Jacaranda-Hauses einheitlich. Dann bemerkt der Betrachter, dass der Architekt Ziegel- und Betonbereiche der Fassade mittles weißer Farbe vereinheitlicht. Während das Obergeschoss in kleinteiligem und unregelmäßigem Ziegelmauerwerk ausgeführt ist, bestehen die übrigen Fassadenbereiche aus Beton. Allerdings wiederholen die Schalungsfugen die Querrechtecke der Ziegel in größerem Maßstab, so dass eine formale Verbindung zwischen beiden Bereichen entsteht. Mit dieser Verbindung von Beton und Ziegel bezieht sich José Francisco García-Sánchez auf eine spezifische Bautradition in Spanien aus den Sechziger- und Siebzigerjahren. Als Vorbilder nennt der Architekt insbesondere Javier Carvajal, Fernando Higueras und Miguel Fisac.

 

Foto: Antonio Luis Martínez Cano

Übrigens ist das Jacaranda-Haus nicht nur radikal und schön, es bemüht sich auch um Nachhaltigkeit. So erzeugt es Energie mittels Fotovoltaik und sammelt Brauchwasser auf seinen vielen Terrassen und Patios.

Rot statt weiß, Portugal statt Spanien: Die „Casa Azul“ von Ricardo Bak Gordon ist nicht weniger dramatisch als das Jacaranda-Haus.

 

Foto: Antonio Luis Martínez Cano

 

Foto: Antonio Luis Martínez Cano
Foto: Antonio Luis Martínez Cano

 

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