02.03.2025

Architektur

Hellerau Festspielhaus – Umbau und Sanierung

Nachhaltigkeit Sanieren
Das Festspielhaus in Hellerau. Ein gebäudehohes, lichtdurchflutetes Foyer stellt heute die historische Verbindung zwischen dem Festspielplatz und der umliegenden Gartenstadt wieder her. Foto: Brigida González

Nach jahrzehntelangem Leerstand und militärischer Nutzung kehrt der Ostflügel des Festspielhauses Hellerau in seinen ursprünglichen Kontext zurück. Die Sanierung von den Architekten heinlewischer stellt die Verbindung zur Gartenstadt wieder her und schafft neue Räume für künstlerische Produktion.


Ein Kulturort mit Geschichte

Das Festspielhaus Hellerau ist eines der wichtigsten Zentren für zeitgenössische darstellende Kunst in Deutschland. Seine Geschichte reicht zurück bis ins Jahr 1911, als der Architekt Heinrich Tessenow den Gebäudekomplex für die Bildungsanstalt Jaques-Dalcroze entwarf. Die Anlage, eingebettet in die Gartenstadt Hellerau, folgte den Idealen der Lebensreformbewegung: Architektur, Kunst und Gesellschaft sollten harmonisch miteinander verbunden sein.

Doch die ursprüngliche Nutzung währte nur kurz. In den 1930er Jahren wurde das Gelände zur Polizeischule umfunktioniert, später diente es militärischen Zwecken. Besonders gravierend war der Umbau der Ost- und Westflügel zu Kasernen. Diese Eingriffe veränderten nicht nur die Architektur, sondern auch die städtebauliche Verbindung zwischen Festspielhaus und Gartenstadt.

Nach dem Abzug der Roten Armee in den 1990er Jahren begann die schrittweise Wiederherstellung des Ensembles. Zunächst wurde das Festspielhaus saniert, anschließend folgte der Westflügel. Mit der Fertigstellung des Ostflügels im Dezember 2024 ist der ursprüngliche Zusammenhang des historischen Ensembles nun wieder erlebbar.

Regieraum. Foto: Brigida González
Foyer mit sichtbarem Dachtragwerk. Foto: Brigida González
Neben dem Foyer und den beiden großen Sälen prägen auch die drei im originalen Zustand erhaltenen Treppenhäuser die Atmosphäre des Ostflügels. Besonders repräsentativ ist das Treppenhaus am Foyer, das die Eingangsebene mit den beiden Brückenebenen verbindet. Die originalen Stufen aus Betonwerkstein und die Holzgeländer blieben erhalten und wurden restauratorisch aufgearbeitet. Foto: Brigida González
Studiobühne – „Black Box“ – als introvertierter, dunkler Raum für die nach innen gerichteter Konzentration und Spannung beim großen Auftritt. Foto: Brigida González
Probestudio – „White Box“ – als heller, lichtdurchfluteter Raum für das progressive Training. Foto: Brigida González

Wettbewerb und Planungsprozess

Die Sanierung des Ostflügels war ein komplexes Vorhaben. Die Landeshauptstadt Dresden lobte 2017 ein zweistufiges Vergabeverfahren für die Architektenleistungen aus. Das Büro heinlewischer setzte sich durch und erhielt 2018 den Planungsauftrag.

Der Entwurf orientiert sich an der historischen Struktur, integriert jedoch zeitgenössische Anforderungen an ein Residenz- und Probenzentrum. Ziel war es, den Charakter des Ortes zu bewahren und gleichzeitig eine moderne Nutzung zu ermöglichen.


Architektonisches Konzept: Vergangenheit trifft Zukunft

Die größte städtebauliche Maßnahme der Sanierung war die Wiederherstellung der Verbindung zwischen Festspielhaus und Gartenstadt. Ein zentrales, gebäudehohes Foyer stellt diese Achse wieder her. Es dient nicht nur als Erschließungsraum, sondern auch als Begegnungsort für Künstlerinnen, Künstler und Publikum.

Besonderes Augenmerk lag auf der denkmalgeschützten Dachkonstruktion aus Kroher-Bindern. Diese wurde freigelegt und bewusst inszeniert – als sichtbares Zeugnis der Baugeschichte.

Im Inneren des Ostflügels entstanden zwei Hauptspielstätten:

  • Das Probestudio („White Box“): Ein heller, lichtdurchfluteter Raum, der für Training und experimentelle Formate konzipiert ist.
  • Die Studiobühne („Black Box“): Ein dunkler, introvertierter Raum, der sich für konzentrierte Aufführungen eignet.

Zwischen diesen beiden Polen fungiert das offene Foyer als flexibler Veranstaltungsraum. Darüber hinaus wurden Künstlerresidenzen und eine Gastronomie integriert, um eine dauerhafte Nutzung über den Spielbetrieb hinaus zu ermöglichen.

Querschnitt. Credit: heinlewischer
Längsschnitt. Credit: heinlewischer
Städtebauliches Konzept. Credit: heinlewischer
Grundriss Erdgeschoss. Credit: heinlewischer

Bauprozess und Herausforderungen

Die Sanierung des Ostflügels begann im Oktober 2021. Die größte Herausforderung bestand darin, die historische Bausubstanz zu erhalten und gleichzeitig moderne Anforderungen an Technik und Nutzung zu erfüllen.

Die tragende Struktur des Gebäudes wurde weitgehend beibehalten. Eingriffe erfolgten vor allem im Inneren, wo neue Raumfolgen geschaffen wurden. Die technischen Anlagen – insbesondere für Bühnen-, Licht- und Tontechnik – mussten in die bestehende Substanz integriert werden, ohne das historische Erscheinungsbild zu beeinträchtigen.

Nach drei Jahren Bauzeit wurde das Gebäude im Dezember 2024 fertiggestellt. In den kommenden Monaten erfolgt die Ausstattung mit Veranstaltungstechnik und Mobiliar. Ab der Spielzeit 2025/26 soll der Ostflügel für Publikum geöffnet werden.


Ein neuer Ort für künstlerische Produktion

Mit dem Abschluss der Sanierung ist das Festspielhaus Hellerau wieder als Gesamtensemble erlebbar. Der Ostflügel erweitert nicht nur die räumlichen Möglichkeiten, sondern stärkt auch das Profil des Hauses als internationales Zentrum für Tanz, Musik und Theater.

Die Verbindung zwischen Vergangenheit und Zukunft steht im Mittelpunkt des Entwurfs. Die Geschichte des Ortes bleibt sichtbar, während die Architektur den Anforderungen einer modernen Produktionsstätte für zeitgenössische Kunst gerecht wird.

Die Wiederherstellung des Ostflügels ist mehr als eine bauliche Maßnahme – sie ist ein kulturhistorisches Statement. Hellerau kehrt damit ein Stück weiter zu seiner ursprünglichen Idee zurück: einem Ort, an dem Architektur, Kunst und Gesellschaft in Dialog treten.

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