18.06.2024

Architektur Wohnen

Haus in den Wolken von Malvína Zayat

Einfamilienhaus
Animiertes Konstruktionsmodell. © & Courtesy Malvína Zayat Architecture.
Nordfassade mit geschlossenen Paneelen, die als Licht- und Windschutz dienen. Das Haus in den Wolken steht so als geschlossener rechteckiger Kubus in der Wildlandschaft. Foto: © Arq. Gonzalo Viramonte, Courtesy Malvína Zayat Architecture.

Wenn Architekten ohne Auftrag bauen, wird es meistens spannend. Dann entwerfen sie für sich. Zum Beispiel ihr eigenes Haus. Das machen sie ganz nach ihren Wünschen. So hat es die argentinische Architektin Malvína Zayat getan. In einer hügeligen Landschaft im Urwald von Salsipuedes nahe Córdoba, der zweitgrößten Stadt Argentiniens, steht nun ihr Familiensitz für sie, ihren Mann und ihre zwei Kinder. Malvína Zayat hat ein familientaugliches Haus entworfen, das zugleich ressourcenschonend ist. Zayats Haus in den Wolken ist außerdem ein baulicher Solitär in einer einmaligen und nicht ganz einfach zu bebauenden Landschaft.


Der Coup: Gekonnt gut genutzte Hanglage

Malvína Zayat hat das Haus in den Wolken mit einer Fläche von rund 100 Quadratmetern auf einem rektangulären Grundriss errichtet. Die Längsseite ist nach Norden hin ausgerichtet. Der Zugang zum Haus erfolgt über eine kopfsteingepflasterte Straße, die bis unterhalb des Hauses reicht. Der Baugrund ist nicht eben, er ist eher bergig. Durch die Hanglage gibt es Höhenunterschiede zu überwinden. Das heißt, die Planung wurde für Malvína Zayat komplex und die Konstruktion aufwendig im Vergleich zu einem Hausbau auf ebenem Grund. Der Umstand wurde von Malvína Zayat nicht als wirkliches Hindernis verstanden, sondern eher als Herausforderung, Flächen neu zu definieren. In dem Zwischenraum von der Erde bis hin zum Hausfundament, den nur die Stützkonstruktion gefüllt hätte, platzierte Malvína Zayat neun Wassertanks, die als Reservoir genutzt werden können. Über das angeschrägte Dach des Wohnhauses fließt das Regenwasser durch Leitungen in diese Tanks, die bis zu 18.000 Liter fassen. Für ein Haus ohne fließendes Wasser sind diese Mengen essenziell. Dazu arbeitet dieses architektonische Konzept auch der Wasserknappheit in Argentinien entgegen. Dort gibt es im Jahr eine ausgeprägte Regenzeit im Sommer, das sind die Monate November bis März, wobei der Dezember das Maximum an Niederschlägen bringt. Der Winter ist dagegen so trocken, dass in seiner Spätphase in vielen Orten Wasserknappheit herrschen kann. Mit einem Reservoir von fast 20.000 Liter Wasser steht man so auf der sicheren Seite.

Nordfassade mit geöffneten Paneelen (Licht- und Windschutz). Das Haus in den Wolken öffnet sich der unberührten Landschaft. Foto: © Arq. Gonzalo Viramonte, Courtesy Malvína Zayat Architecture.
Foto: © Arq. Gonzalo Viramonte, Courtesy Malvína Zayat Architecture
Nordfassade mit geöffneten Paneelen (Licht- und Windschutz). Das Haus in den Wolken öffnet sich der unberührten Landschaft.
Blick von oben in die weite Primärlandschaft mit schwebender Architektur. Foto: © Arq. Gonzalo Viramonte, Courtesy Malvína Zayat Architecture.
Foto: © Arq. Gonzalo Viramonte, Courtesy Malvína Zayat Architecture
Blick von oben in die weite Primärlandschaft mit schwebender Architektur.

Von der Erde in die Luft steigen

Der private Parkplatz der Bauhherrin und ein kinderfreundlicher Hof führen neben den Wasservorräten über eine Treppe und die nördliche Galerie der Terrasse zu den Eingängen in das eingeschossige Wohnhaus. Der Gang zu den Gemeinschaftsräumen, das sind die Küche und das Wohnzimmer, ist als szenografische Raumerfahrung angelegt: Bei Lichteinfall tüncht die Sonne die zinnoberrote Holzvertäfelung in eine rote Raumschleuse, sozusagen in einen Transformationschannel von außen nach innen. Das nach Norden und Westen aufgeglaste Wohnzimmer bietet einen weiten Blick in die Landschaft von Salsipuedes. Als linearer Raum ist das gesamte Wohnhaus organisiert. Es ist 18,5 Meter lang und 5,5 Meter breit. Alle Bedürfnisse einer vierköpfigen Familie wurden bei der Planung berücksichtigt: Platz zum Spielen und Arbeiten gibt es Innen und in den Freiräumen. Licht und Lüftung kommen von oben, der große soziale, auf die Landschaft ausgerichtete Bereich ist von dem privaten, der aus zwei Schlafräumen und einem Badezimmer besteht, räumlich getrennt.

Blick von der Küche über den Living Room auf die Terrasse in das Valley von Salsipuedes. Foto: © Arq. Gonzalo Viramonte, Courtesy Malvína Zayat Architecture.
Foto: © Arq. Gonzalo Viramonte, Courtesy Malvína Zayat Architecture.
Blick von der Küche über den Living Room auf die Terrasse in das Valley von Salsipuedes.
Die zinnoberrot holzvertäfelte Raumschleuse führt von dem wilden Außen in das soziale Innen. Foto: © Arq. Gonzalo Viramonte, Courtesy Malvína Zayat Architecture.
Foto: © Arq. Gonzalo Viramonte, Courtesy Malvína Zayat Architecture.
Die zinnoberrot holzvertäfelte Raumschleuse führt von dem wilden Außen in das soziale Innen.

Effizienter Mix von Bausystemen 

Die Wahl der Materialien und die Bauweise, in der der Entwurf von Malvína Zayat ausgeführt wurde, ergaben sich aus einer Standortstudie. Die große Unebenheit des Geländes, seine Beschaffenheit, thermische Amplituden, das Fehlen von fließendem Wasser, die umgebende Vegetation und die Höhenlage des Geländes haben dazu geführt, dass das Bausystem überwiegend trocken ist. Im Trockenbau werden raumbegrenzende, aber nicht tragende Bauteile durch das Zusammenfügen industriell gefertigter Halbzeuge verbaut. In der Regel werden plattenförmige Bauteile durch Nageln, Schrauben, Stecken oder Kleben verbunden. So kann auf den Einsatz wasserhaltiger Baustoffe wie Mörtel, Lehm, Beton oder Putz verzichtet werden. Trockenbau ist eine Montage- und zugleich eine Leichtbauweise, die die bauphysikalischen Anforderungen hinsichtlich Wärme-, Kälte-, Schall-, Brand-, Feuchte- und Schlagsicherheit flexibel und modular erfüllt. In der Regel ist sie kostengünstig. Malvína Zayat ließ ein System aus Metallprofilen zusammenstellen, das nacheinander zur Montage auf die Baustelle gebracht wurde. Die Teile kamen montagefertig an, die Hauptstruktur, die Sekundärstruktur, dann die horizontalen und vertikalen Umfassungsplatten. Nur die Fundamente und die Zwischengeschossplatte musste sie anders bauen – das waren die einzigen Details, die auf der Baustelle im Nassverfahren hergestellt wurden.


Licht- und Windschutz wird zur Fassadengestaltung

Ein System aus faltbaren Paneelen dämpft die Winde und filtert im Sommer den Sonneneinfall aus dem Westen. Das Gebäude ist von außen mit einer klaren Geometrie aus einem einzigen Material gezeichnet. An der nördlichen Seite erscheint diese Konstruktion aus beweglichen Metallpaneelen als eine Art leichter Schleier, nach Süden hin ist die Fassade mit weißen Blech-Paneelen kompakt. Die leichte schwebende helle Form des Haus in den Wolken soll in einem intimen Dialog mit dem Himmel und den Wolken über der Landschaft stehen. Für das Innenleben hat Malvína Zayat eine andere Materialsprache gewählt. Hier gibt warmes Holz des Eukalyptus den Ton an, das für Decken, Wände, Türen und Möbel verwandt wurde. Wandschränke sorgen für geschlossene Flächen, die Möblierung ist reduziert und klassisch-pragmatisch. Alle ist da, aber nichts ist zu viel. So wirkt das Haus in den Wolken auch innen angenehm leicht.

 

 

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