18.08.2014

Wohnen

Haus im Nebel

„Rätselhaft“ ist eines der ersten Wörter, die einem beim Betrachten des Wohnhauses im schweizerischen Balsthal in den Sinn kommen. Entworfen hat es der junge Schweizer Architekt Pascal Flammer.

Schwarz steht es im Nebel. Die Beleuchtung in seinem Inneren fällt durch große Glasflächen und lässt die warmen Töne der Holzkonstruktion nach Außen scheinen. Trotzdem hat das Haus so gar nichts heimeliges. Die Dachform weckt Erinnerungen an eine lokale Bautradition, die man bei den anderen Architekturelementen vergeblich sucht. Auch die architektonische Besonderheit des um 75cm abgesenkten Erdgeschosses legt eine Erdverbundenheit nahe, die das Haus in seiner Gesamthaltung nicht einlösen will. Es ist auf eigenartige Weise Teil seiner Umgebung – und bleibt gleichzeitig ein Fremdkörper.

Drei Geschosse hat das Haus, von denen jedes unterschiedlich auf seine Umgebung reagiert. Betritt man es, empfängt einen die Natur im Erdgeschoss auf Augenhöhe. Die umlaufende Verglasung und der abgesenkte Boden vermitteln das Gefühl, mitten in der Wiese zu stehen. Das Obergeschoss hingegen changiert in seiner Offenheit und gewährt vereinzelte Ausblicke durch kreisrunde Fenster oder eine großflächige Verglasung an den Stirnseiten des Gebäudes. Im Unterschied zu den anderen Geschossen ist es durch kreuzförmig angeordnete Innenwände gegliedert, denen eine Spindeltreppe als Anhängsel beigefügt ist. Die formal strenge Komposition und die fassadenseitigen Schiebetüren in den Raumtrennwänden führen zu einer Reduktion der Erschließungsfläche bei einer gleichzeitigen Offenheit des Grundrisses.

Die Holzkonstruktion wird in den verglasten Flächen demonstrativ zur Schau gestellt. Als Wetterschale dient eine schwarz gestrichene, horizontal verlaufende Schalung. Struktur und Verkleidung sind aus dem gleichen Tannenholz gefertigt. Das tief heruntergezogene Satteldach ist mit herkömmlichen Ziegeln gedeckt.

Es ist wohl das artifizielle Erscheinungsbild des Hauses, das den Betrachter innehalten lässt. Der Architekt gibt Gerhardt Richter, Sigmar Polke, Kazuo Shinohara, Paulo Mendes da Rocha, Buddha und Walter de Maria als Einflüsse an, allesamt Referenzen, die deutlich machen, dass es hier nicht primär um den Kontext geht. Ein anderer großer Einfluss dürfte wohl Valerio Olgiati gewesen sein, der ähnlich enigmatische Architekturen entwirft und in dessen Büro Pascal Flammer bis 2005 arbeitete. Trotz der verwandtschaftlichen Nähe weist das Haus eine eigenständige Kraft auf, die neugierig auf zukünftige Projekte macht.

Fotos: Iona Marinescu

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