15.07.2021

Öffentlich

GAEG am Julierpass

Das Münchner Künstlerduo GAEG plant wieder ein alpines Kunstprojekt: Ab dem 14. August 2021 montieren Wolfgang Aichner und Thomas Huber am Julierpass (Schweiz) eine mehr als überlebensgroße Uhr in ein Felsentor und nehmen damit auf die Themen Stillstand und Verlangsamung Bezug.

Sie sind die Spezialisten für Grenzüberschreitungen und Landart: Die passionierten Alpinisten und Münchner Künstler Wolfgang Aichner und Thomas Huber, die seit 2005 als Künstler-Duo unter dem Namen GÆG (Global Aesthetic Genetics) von sich reden machen. Ihre neueste kollektive Arbeit „UND ENDLICH“ widmet sich diesmal dem Thema Zeit. Ab dem 14. August 2021 montieren Wolfgang Aichner und Thomas Huber von GAEG am Fuorcla digl Leget eine riesige Uhr in die Felsöffnung unweit vom Julierpass.

Die Felsöffnung von weitem, Foto/Collage: GÆG
Das Felstor mit lebensgroßer Uhr, Foto/Collage: GÆG
Der Julierpass, Karte: geo.admin.ch

Ein interaktives Kunstwerk von GAEG auf Echtzeit

 

Für die Installation konstruierten die beiden Künstler von GAEG in Zusammenarbeit mit einem Software-Entwickler ein digital gesteuertes Uhrwerk, das auf Bewegung reagiert und mit einer Stereokamera und einem Infrarotsensor ausgestattet ist. Das Unikat, übrigens Neuland im Bereich künstlicher Intelligenz und 3D-Erfassungssensorik, misst die Entfernung von sich nähernden Besucher und Besucherinnen. Stufenweise werden dann die Uhrzeiger heruntergeregelt. Sie verlangsamen sich immer mehr, je näher man dem Objekt kommt. Die Echtzeit erscheint gedehnt. Steht man direkt vor der Uhr, stoppt die Zeigerbewegung komplett: Die Zeit steht still. Entfernt man sich wieder, beschleunigt der Uhrzeiger entsprechend. Erfasst der Sensor keine Bewegung mehr, holt die Zeitzählung des interaktiven Kunstwerks auf Echtzeit auf.
Mit dem Projekt soll Stillstand und Verlangsamung thematisiert werden. Sicherlich hat das Werk einen aktuellen Bezug, denn die Corona-Pandemie hat unsere Leistungsgesellschaft gezwungen, stillzustehen.

Die Umsetzung in den Alpen

Der Aufbau des Groß-Kunstwerks in den Hochalpen erfolgt in Zusammenarbeit mit den Behörden im Kanton Graubünden und der Gemeinde Surses und Domleschg: Etwa eine Woche vor Fertigstellung tragen Freiwillige und Mitarbeiter in einer inszenierten Karawane Einzelteile der Kunst-Installation auf den Berg zum Felsentor. Das Projekt wird bis zur Fertigstellung audiovisuell dokumentiert. Ab Ende Juli lässt sich der Status der Uhr auf der Website des Kunstprojekts dann live mitverfolgen. Kuratiert wird die temporäre Installation von der Schweizer Kuratorin Sibylle Omlin.

Das Felstor mit lebensgroßer Uhr, Foto/Collage: GÆG

Über das Kollektiv GAEG

Das Kollektiv GÆG ist bekannt für seine spektakulären Kunst-Projekte in unberührter Landschaft: 2011 zogen die seit fast drei Jahrzehnten befreundeten Künstler-Alpinisten ein rotes selbstgebautes Kunststoff-Boot von immerhin 150 Kilogramm Gewicht von Hand in einer dreiwöchigen Expedition über den Alpenhauptkamm zur Kunst-Biennale von Venedig (Kurator Christian Schoen, dazu Buchpublikation „GAEG passage2011“, Hirmer Verlag, deutsch/Englisch, 2012, 29,90 Euro). Zwei Jahre später veranstalteten sie einen „powerwalk“ mit mitgetragenen Windrädern auf Europas größtem Gletscher, dem isländischen Vatnajökull. 2017 machte GAEG eine Wanderung durch die USA und zogen mit dem auf dem Rücken mitgetragenen silbernen Kugelschreibern imaginäre Staatsgrenzen durch die Staaten Utah, Wyoming und Colorado. Das Ganze dokumentierten sie in einem Film.

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Neben Kunst am Bau liegt der Schwerpunkt des gemeinsamen Schaffens in Installation, Video und Aktionskunst.
GÆG steht „Global Aesthetic Genetics“ und schreibt sich mit dem nordischen Æ. Der Name ist eine Reminiszenz an ein gemeinsames Erlebnis, das beide Künstler nur knapp überlebten: 1988 überquerten das Alpinisten-Duo den isländischen Gletscher Vatnajökull und saß dort über zwei Wochen in einem Eissturm fest.

Wolfgang Aichner

Wolfgang Aichner (geb. 1965) lebt und arbeitet als freischaffender Künstler seit 2002 in München. Nach einem Architekturstudium in München studierte er Kunst an der University Of East London. Im Rahmen des Stipendiums der New Yorker Pollock-Krasner Foundation arbeitete er ein Jahr in Dublin. Zwischen 1997 und 2008 übernahm er Lehraufträge an der University Of East London, der Technischen Universität München und der Fachhochschule München. Seine künstlerische Arbeit erstreckt sich von klassischen Disziplinen wie Malerei, Zeichnung und Skulptur über Installations- und Medienkunst bis hin zu Konzept- und Aktionskunst. Mehr zu ihm und seiner Arbeit hier.

Thomas Huber

Thomas Huber (geb. 1965) studierte Malerei an der Akademie der Bildenden Künste bei Horst Sauerbruch. Mit dem Förderstipendium der Stadt München startete er 1993 eine Reihe von aktionistischen Landartprojekten, vorzugsweise in arktischen Regionen. Ausgehend von der Malerei beschäftigt er sich auch mit Objektkunst, Installation und Medien. Er arbeitet genreübergreifend und ist in diversen Produktionen im darstellenden Bereich als Musiker und Performer tätig. Mehr zur Person und seinem Schaffen hier.

Das Kunstwerk mit Künstler-Duo, Foto/Collage: GÆG

Ort: Julierpass, Graubünden, Schweiz

Dauer der Installation: 19. August bis 30. September 2021

Das Kunst-Projekt wird in einer einfachen drei Stunden dauernden Wanderung (hin und retour) für alle Kunst- und Natur-Aficionados ab dem Julierpass zugänglich sein. Die coronabedingten Richtlinien und Sicherheitsvorkehrungen werden dabei eingehalten. Weitere Informationen in Kürze hier.

Apropos Bergerlebnis: Hier erfahren Sie mehr über die Aussichtsplattform „Iceman Ötzi Peak“ am Schnalstaler Gletscher, entworfen vom Bozener Studio noa* (network of architecture).

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