Baumeister-Academy Gewinnerin Natalie hat ihr Praktikum bei Delugan Meissl in Wien begonnen. In den kommenden Monaten wird sie uns sechs Wiener Gebäude vorstellen, jenseits der bekannten Klassiker, die Wien zu bieten hat. Natalies Reihe beginnt mit einem Wohnungsbau von Delugan Meissl: das BEAM. 

Wohnmaschinen: von Architekturbegeisterten verehrt, von dem Großteil der Bevölkerung kritisch beäugt. Ein kurzer Blick in die Portfolios bekannter Studios reicht und man erkennt: Die Riegel mit inneren Erschließungsstraßen haben nach Le Corbusiers Zeit Potenzial. Exemplarisch dafür stehen OMAs Frühwerk am IJ Plein in Amsterdam ebenso wie SANAAs Kitagata-Gebäude in Tokio aus dem Jahr 2000. Und in Wien manifestierten Delugan Meissl 1998 anhand des „Balkens an der Donau“ ihre Vision der Maschine. Dass gerade die Architekten, die später das Porsche-Museum in Stuttgart entwarfen, sich durch einen sozialen Wohnungsbau etablierten, überrascht nur auf den ersten Blick.

Massive Betonstützen, verglaste Laubengänge und die skulpturale Treppe prägen das Erscheinungsbild zum Platz hin.
Die Erschließungswege integrieren die Bewohner in das Netzwerk.
Bei einer Höhe von vier Metern verweisen markante Oberlichter auf die Nutzung im Untergeschoss.
Das komplexe Erschließungssystem prägt das Erscheinungsbild.
Unweit des Balkens ragt der Mischek Tower 110 Meter in die Höhe. Österreichs erstes Wohnhochhaus wurde im Jahr 2000 ebenfalls von Delugan Meissl realisiert.
Die Laubengänge sind nicht thermisch abgetrennt, daher können vor den Wohnungseingängen Pflanzen wachsen.
Die bedruckten Glaselemente vor den Balkonen schützen vor ungewollten Einblicken von außen, grenzen aber die Durchsicht von Wohnungsseite aus nicht ein.

Kreuzfahrtschiff

Es scheint, als lege ein wuchtiges Schiff am Ufer gegenüber der historischen Wiener Altstadt an: Eine Länge von 180 Metern, 190 Apartments, sieben Geschosse mit Loggien und massive Betonpfeiler tragen maßgeblich zu dem Kreuzfahrtschiffcharme bei. Auf der Rückseite ist das offene Erdgeschoss höhengestaffelt und schließt somit an das städtebauliche Umfeld an. Die skulpturale Treppe kann man als gestalterischen Ausdruck des komplexen Erschließungssystems deuten. Galerien und Aufstiege bilden vom Platz bis zu den Wohnungen ein Netzwerk, das transparent und redundant ist. Parallel zu den verglasten Laubengängen reihen sich durchgehende Lufträume und Brücken zu den Wohneinheiten. Diese bieten so manchem Mieter einen grünen Vorgarten in 20 Meter Höhe. Die bedruckten Rahmen um die Loggien gewährend den Bewohnern Privatsphäre, ohne dabei den Ausblick zu versperren.

Le Corbusiers Erbe

Die Typologie des Riegels nach Le Corbusiers Vorbild geht bei Delugan Meissl über die Grundsätze Licht und Funktionalität hinaus. Das BEAM ermöglicht den Bewohnern, den Wohnraum individuell an ihre Bedürfnisse anzupassen. Delugan Meissls erfrischende Interpretation der Maschine steht Beispiel dafür, dass die Typologie auch in Zukunft eine große Rolle spielen kann. Vorausgesetzt, man hat Freude am Experiment.

Alle Bilder von Natalie Burkhart

 

Die Baumeister Academy ist ein Praktikumsprojekt des Architekturmagazins Baumeister und wird unterstützt von GRAPHISOFT und der BAU 2019.

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