20.12.2021

Architektur Gewerbe

Die Tierschule „Educan“ in Madrid von EEEstudio und Lys Villalba

Im Westen von Madrid gehen Tiere zur Schule. In einem landwirtschaftlich geprägten Umfeld haben EEEstudio und Lys Villalba mit Educan“ ein Gebäude geschaffen, in dem einmal nicht der Mensch im Mittelpunkt steht.

 

Foto: José Hevia + Javier de Paz photographs
Foto: José Hevia + Javier de Paz photographs
Foto: José Hevia + Javier de Paz photographs
Foto: José Hevia + Javier de Paz photographs

 

Dass Hunde zum Unterricht gehen, ist heute fast normal. Dagegen hat eine Schule für Eulen, Mauersegler, Turmfalken und Spatzen Seltenheitswert. Das Projekt „Educan“ liegt inmitten von Feldern, die seit Jahrzehnten intensiv landwirtschaftlich genutzt wurden. Nun arbeitet die Schule auf verschiedene Weise daran, den Zustand des lokalen Ökosystems wieder zu verbessern. Dazu gehört auch die Unterstützung zahlreicher Tierarten. 

 


Educan ist mehr als eine Hundeschule

Fotos: José Hevia + Javier de Paz photographs

 

Obwohl der Neubau auf den ersten Blick so gar nicht nach „Öko“ aussieht,  ist die Architektur an die Bedürfnisse unterschiedlichster Tierarten angepasst. Im oberen Bereich der Gebäudestruktur etwa sind Nistplätze in die Fassade eingebettet, die den Vögeln Ausblick und Orientierung ermöglichen. Der große Schriftzug an der südlichen Aussenfassade ist Anziehungspunkt für Insekten, die wiederum kleinen Vögeln und Fledermäusen als Nahrung dienen. Dort siedeln sich aber auch Mücken an, die zum Befruchtungszyklus der Blumen und Pflanzen in den umliegenden Feldern beitragen. Spatzen nisten in den runden Löchern der Gebäudeecken. 

 


Das Tier im Mittelpunkt

Fotos: José Hevia + Javier de Paz photographs

 

Innenräume, die normalerweise für Menschen und ihr Schuhwerk gestaltet sind, sind hier auf die Pfoten und Gelenke von Hunden ausgelegt. In den Klassenräumen für das Training der Hunde liegen flexible Rollen aus PTE-basiertem synthetischem Rasen, der speziell für Hundetraining zugelassen ist. Während in Gebäuden, die sich an den Bedürfnissen von Menschen orientieren, eine Augenhöhe von gut anderthalb Metern angenommen wird, liegt sie in Educan bei einem halben Meter.

 

Foto: José Hevia + Javier de Paz photographs
Foto: José Hevia + Javier de Paz photographs
Foto: José Hevia + Javier de Paz photographs
Foto: José Hevia + Javier de Paz photographs
Foto: José Hevia + Javier de Paz photographs
Foto: José Hevia + Javier de Paz photographs
Foto: José Hevia + Javier de Paz photographs
Foto: José Hevia + Javier de Paz photographs
Foto: José Hevia + Javier de Paz photographs
Foto: José Hevia + Javier de Paz photographs

 

Umgekehrt liegen die Öffnungen in den Wänden wiederum über einen Meter hoch, damit die Hunde nicht abgelenkt werden. Im Süden sind die Fenster mit Lamellen ausgestattet, um vor Sonne zu schützen. Dennoch lassen genug Platz, damit die Hunde hindurch ins Freie gelangen können. Das Regenwasser vom Dach läuft in große Tröge, an denen Hunde und Vögel ihren Durst löschen dürfen. Darüber hinaus sind die Oberflächen im Inneren des tierfreundlichen Gebäudes mit einer Isolierung aus Schaumstoff verkleidet, die Schall absorbiert und dadurch Echobildung und akustischen Widerhall minimiert.

 

Foto: José Hevia + Javier de Paz photographs

Materialmix und konstruktive Innovationen 

 

In der Educan-Schule kommt eine große Palette verschiedener Materialien zum Einsatz. Hier sind unterschiedliche Bau- und Konstruktionsmethoden, Gewerke und Produktionssysteme innovativ miteinander kombiniert. Bei der Auswahl der Materialien war einerseits lokale Herkunft, andererseits die Vermeidung von Müll bedeutsam. Aus diesem Grund werden in Educan zum Beispiel Container aus der Schifffahrt wiederverwendet. Ortbeton haben die Architekten dagegen wegen seiner Anpassungsfähigkeit und seiner thermisch relevante Masse verwendet. Die Wiederverwendung von Materialresten führte zu einer geschmeidigen Wellenform der Erdgeschossfassade.

 


Educan als Experiment

Fotos: Foto: José Hevia + Javier de Paz photographs

 

In diesem ungewöhnlichen Bau kommen standardisierte Industriebleche genauso zum Einsatz, wie präzise CNC-gefräste Gelenke aus Schichtholz. Standardisierte 40-Fuß-Schiffscontainer finden sich ebenso, wie handgefertigte Schmiedestücke, die bei Lagern, Bänken, Lampen oder großen Schiebetüren eingesetzt werden. Zur Belüftung des Gebäudes verwenden die Architektinnen und Architekten sowohl ein automatisches Air-Conditioning-System, als auch manuell bedienbare Lamellen oder Jalousien. Bei den Fundamenten und Wänden nutzen sie massiven Beton genauso, wie leichte, vor Ort montierte Fertigteile.

Auch die Architekten des Gebäudes, Enrique Espinosa und Lys Villalba, sehen Educan als Experiment. Normalerweise findet Bauen im ländlichen Kontext wenig Beachtung. Mit der Schule Educan wollten sie innovative Architektur schaffen, die vielfältige Formen und einfache, preisgünstige Materialien zu einem ungewöhnlichen Gebäude zusammenfügt. Nicht umsonst haben die Architekten bereits zahlreiche Anerkennungen und Preise für diesen Bau bekommen.

Noch mehr Architektur aus Spanien? Wir zeigen Ihnen die Erweiterung des Museo de Arte Contemporaneo Helga de Alvear im spanischen Caceres.

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