11.09.2017

Hotel

Edinburgh, Grassmarket Hotel

 

Mitten in der Altstadt und im Studentenviertel, nur zwei Minuten entfernt zur Royal Mile und umgeben von geschichtsträchtigen Pubs – laut und lustig geht es hier zu. Wem das gefällt, für den ist diese Herberge das Richtige.

Keine harmlose Gegend, in der das Hotel zu finden ist. Überwacht von weltlicher und geistlicher Macht, vom Schloss hoch oben auf dem Felsen und der Greyfriars Kirk gegenüber, stand früher hier am Grassmarket einst der Galgen. Ein paar Häuser weiter weg vom Hotel dazu passend ein Pub mit dem Namen „Der letzte Tropfen”. Außerdem eine Kneipe, der eine gewisse Maggie Dickson ihren Namen gab: Die berühmt-berüchtigte Dame hatte im Jahr 1724 ihr vorgesehenes Ende durch den Strick auf 
wundersame Weise überlebt. Es wird auch erzählt, dass sich früher an den Fenstern der Gebäude rund um den Grassmarket die Schaulustigen drängten, um dem grausigen Spektakel beizuwohnen. Aber die Stadt Edinburgh birgt auch heute noch genug finstere Ecken, damit Krimischriftsteller wie Ian Rankin Futter für ihre Geschichten finden.

 

 

Das Haus an der nordöstlichen Ecke des Platzes, in das das Hotel vor etwa zehn Jahren eingezogen ist, stammt wie die gesamte Zeile aus dem 17. Jahrhundert. Ein Neonschriftzug in seinem Schaufenster wirbt schon von 
weitem für „beds for sleepy heads”. Der kleine Empfangsbereich bietet Getränke, Bücher und Zeitungen, Spiele und Ausflugsideen und wirkt wie eine Mischung aus Bistro und Basislager. Die „Rezeption” besteht lediglich aus einem schlichten Holztresen in einer Nische, deren Wände 
mit alten Schlüsseln übersät sind. Glücklicherweise verfügen aber die 
42 Hotelzimmertüren über moderne Sicherheitstechnik in dieser eher unsicheren Gegend. Man erreicht hier Tag und Nacht immer jemanden. Das herzhafte Frühstück wird übrigens gleich nebenan im „Biddy Mulligan’s Pub” gereicht.

Das Hotel besteht aus einer Gruppe alter Häuser, die zusammen gelegt wurden. Spürbar wird dies an den steilen Treppen und gewundenen Korridoren, über die man in sein Zimmer gelangt. Der Lift reicht auch nur bis in den ersten Stock. Gästezimmer gibt es in verschiedenen Größen – und Preisklassen – von kleinen Einzel- bis zu Drei- oder Vierbettzimmern. Ihre Ausstattung ist angenehm simpel wie eine Studentenbude, mit Komfort nur dort, wo man ihn braucht: etwa bei der feinen Bettwäsche, einem festen und einem flauschigen Kopfkissen, der Regendusche, weichen Handtüchern und duftenden Badezusätzen. Selbstverständlich erwartet moderne Stadtnomaden ein Flachbildschirm und iPod-Docks mit Lautsprechern. Dagegen scheinen die Möbel aus dem Baumarkt zu stammen, und die Wände sind mit Comics aus den 1970ern tapeziert oder bilden einen wandgroßen magnetischen Stadtplan, auf dem man seine Touren planen kann. Die nackten Holzdielen auf dem Boden vermitteln eine „Loft”-Atmosphäre. Belichtet wird das Zimmer mit einfachen Schreibtischleuchten. Allerdings ist der winzige Schreibtisch kein so angenehmer Arbeitsplatz und zudem vollgestellt mit Wasserkocher, Teetassen und Kanne, Papier und Post­karten, aber vielleicht ist das ja nur der diskrete Hinweis, sich lieber ins Edinburgher Nachtleben zu stürzen und einen – wenn auch nicht letzten – Tropfen in der Nachbarschaft zu nehmen.

Weitere Hotelkritiken lesen Sie hier

Adresse

94-96 Grassmarket
EH12JR Edinburgh
Vereinigtes Königreich
www.grassmarkethotel.com

Fotos: Iain Aitchison

Vorheriger Artikel

Nächster Artikel

das könnte Ihnen auch gefallen

Scroll to Top