02.12.2014

Öffentlich

Dünenlandschaft

Das Einzigartige an diesem Kindergarten ist nicht nur die Architektur, sondern auch die Lage: Südlich der Hafenstadt Helsingborg schlängelt sich der Kiesstrand in weichen Kurven. Zwischen Strand und dem ehemaligen Fischerdorf Råå liegt die alte Grundschule, die um eine neue Kindertagesstätte erweitert wurde.

Das Dorf wird gehegt und gepflegt, seine niedrigen holzverkleideten Häuser, Vorgärten und Gassen sehen aus wie aus dem Bilderbuch. An den teuren Autos und der sportlich-schicken Kleidung der Spaziergänger erkennt man aber, dass die Fischer ausgestorben und wohlhabende Familien hier eingezogen sind.

Die Einwohner wachen streng über die Idylle, weshalb die Planung der Kita sieben Jahre gedauert hat: Zweimal gab es Einsprüche gegen den Bau, denn einige sahen ihr Grundrecht auf einen öffentlichen Strand verletzt – freier Zugang zu Wald, Seen und Meer ist den Schweden ebenso heilig wie die 100 Meter breite Schutzzone an den Küsten. Das Gelände, auf dem die Kita gebaut werden sollte, gehörte der Schule, daher konnte die dänische Architektin Dorte Mandrup schließlich alle Widerstände überwinden und eine zweite Idylle speziell für Kinder dort schaffen – was nicht heißt, dass alle im Dorf den Neubau mögen.

Von weitem betrachtet erinnert das flache Gebäude an ein geknicktes Pier. Die Brandung und die starken Westwinde von Dänemark her scheinen es gefaltet, gedreht und verschoben zu haben. Eine Verkleidung aus schmalen Holzlatten überzieht nicht nur die Wände, sondern auch das bewegte Dach.  Leider dürfen die bis zu sechs Jahre alten Kinder die Dachlandschaft nur ein Stück weit betreten, da sie sonst komplett umzäunt werden müsste. Dafür gibt es rundum Sandspielplätze und nicht zuletzt den Strand, wo sie – unter Aufsicht – toben dürfen.

Sie ließ sich für den Entwurf von einer „vom Wind geformten Dünenlandschaft“ inspirieren – als niedriges Dorf, das sich unter dem Wind duckt. Vier Gruppen mit Kindern in vier Altersstufen bilden die „Dorfgemeinschaft“, und so erhielt das Dorf vier „Giebelhäuser“, die sich auch im Inneren deutlich abzeichnen.

Im Moment sitzen die Kinder alle erstaunlich ruhig an ihren Tischen und essen manierlich zu Mittag. „Sind sie immer so brav?“ fragt die Besucherin ein wenig besorgt. „Sie waren den ganzen Vormittag draußen,“ lächelt die Kindergärtnerin zufrieden. Sicherlich – Dorte Mandrup hat hier ein kleines Paradies geschaffen, aber der beste Spielplatz ist immer noch der Strand.

„Lernen als Prozess“ – mehr über den Kindergarten und ein Interview mit der dänischen Architektin im Baumeister 12/2014

Fotos: Adam Mørk

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