04.04.2025

Architektur Öffentlich Urban

Domino Square: Ein hybrider Stadtbaustein für Brooklyn

Domino Square als Verknüpfungsraum zwischen Infrastruktur, öffentlichem Platz und Stadtlandschaft. Foto: Michael Vahrenwald

Domino Square bildet das letzte Element des Domino-Campus in Williamsburg, Brooklyn, das sich zwischen der denkmalgeschützten Zuckerraffinerie, den von Selldorf Architects entworfenen One Domino Square-Türmen, Kent Avenue und dem weitläufigen Domino Park erstreckt. Die ein Hektar große Anlage integriert sich in diesen urbanen Kontext als eine mehrdimensionale Struktur: Sie vereint Stadtplatz, Einzelhandel und Infrastruktur.


Kontext und städtebauliche Einbindung

Das Gebäude ist auf einer unterirdischen Wasseraufbereitungsanlage positioniert und strukturiert den öffentlichen Raum darüber mit einer geneigten, begehbaren Dachlandschaft. Diese Form schafft eine nahtlose Verbindung zum angrenzenden Domino Park und generiert gleichzeitig eine programmierbare Fläche für Veranstaltungen. Die Anlage ist so konzipiert, dass sie nicht nur als Durchgangsbereich, sondern als eigenständiger Aufenthalts- und Erholungsraum funktioniert. Die Topografie des Platzes erlaubt es, unterschiedliche Perspektiven auf die Umgebung einzunehmen, was insbesondere in dicht bebauten Stadtgebieten eine willkommene Bereicherung darstellt.


Architektonisches Konzept

Studio Cadena hat das Gebäude als eine Art „hybriden Stadtbaustein“ konzipiert. An der Straßenflucht definieren giebelartige Einzelhandelsfronten mit einer durchgehenden Arkade die Ränder des Platzes. Die Eingänge sind bewusst niedrig gehalten und erweitern sich nach oben zu markanten Dachlinien. Diese differenzierte Gestaltung reagiert auf die menschliche Maßstabsebene und setzt einen Kontrapunkt zu den Hochhäusern der Umgebung.

Die Fassadengestaltung setzt auf rohe, wetterresistente Materialien. Die tragenden Stützen aus sandgestrahltem Beton, deren Breite zwischen einem und anderthalb Metern variiert, unterstreichen den industriellen Charakter des Geländes. Sichtbare Rohrstrukturen der darunter liegenden Infrastruktur referenzieren die Geschichte des Standorts als Produktionsstätte und setzen die Formsprache der benachbarten Industriearchitektur fort. Die Materialwahl erfolgte nicht nur aus ästhetischen, sondern auch aus ökologischen und funktionalen Gesichtspunkten. Beton bietet Langlebigkeit, während die Offenlegung der tragenden Elemente eine flexible Nutzung des Raumes in der Zukunft ermöglicht.

Foto: Michael Vahrenwald
Foto: Michael Vahrenwald
Foto: Michael Vahrenwald
Foto: Michael Vahrenwald
Foto: Michael Vahrenwald
Foto: Michael Vahrenwald
Foto: Michael Vahrenwald

Landschaftsarchitektur und Nutzungskonzept

Die Landschaftsarchitektur von Field Operations nutzt die Topografie des Gebäudes zur Schaffung eines abgestuften Platzes, der unterschiedliche Nutzungen ermöglicht. Die geneigte Dachlandschaft formt eine „urbane Tribüne“, die sowohl für kulturelle Veranstaltungen als auch als Aufenthaltsraum dient. Integrierte Baumpflanzungen aus Laub- und Nadelhölzern sorgen für saisonale Differenzierung und natürlichen Sonnenschutz. Die Bepflanzung wurde strategisch so gewählt, dass sie nicht nur optische Akzente setzt, sondern auch das Mikroklima des Platzes positiv beeinflusst. Durch die Platzierung von windbrechenden Elementen werden unangenehme Fallwinde abgeschwächt, die oft an hochverdichteten Standorten auftreten.

Ein separater, ruhigerer Bereich im Südwesten des Platzes bietet Rückzugsorte mit Sitznischen und erhöhten Pflanzbeeten, die zugleich eine Pufferzone zur angrenzenden Wohnbebauung bilden. Von einer Aussichtsterrasse an der Südwestecke öffnet sich der Blick über Domino Park und die Williamsburg Bridge. Die Gestaltung dieses Bereichs wurde unter Berücksichtigung der vielfältigen Nutzergruppen vorgenommen: Während einige Zonen der Interaktion dienen, sind andere bewusst abgeschirmt, um ruhige Aufenthaltsmöglichkeiten zu schaffen.


Stadtentwicklungsperspektiven

Domino Square ist ein Beispiel für die zunehmende Hybridisierung städtischer Bauaufgaben, bei denen Architektur, Infrastruktur und öffentlicher Raum miteinander verschmelzen. Die Gestaltung als begehbares Gebäude integriert urbane Resilienzstrategien, darunter die Sichtbarmachung technischer Infrastruktur und die Berücksichtigung klimatischer Bedingungen durch Materialwahl und Begrünung. Gleichzeitig zeigt das Projekt, wie ehemals industrielle Flächen in hochattraktive und funktionale öffentliche Räume transformiert werden können, ohne ihre historische Identität zu verlieren.

Die Entwicklung des Domino-Campus folgt einer Strategie der Nutzungsmischung, die nicht nur hochwertige Freiräume, sondern auch kommerzielle und soziale Programme fördert. Domino Square zeigt, wie Architektur in postindustriellen Stadtgebieten nicht nur als formales Objekt, sondern als funktionaler, flexibler Bestandteil des urbanen Gefüges agieren kann. Zudem wird durch das Einbeziehen von Infrastrukturelementen in das architektonische Konzept ein neuer Umgang mit technischen Notwendigkeiten demonstriert: Anstatt sie zu verstecken, werden sie gestalterisch integriert und in den öffentlichen Raum einbezogen.

Domino Square ist somit nicht nur ein Platz oder ein Gebäude, sondern ein zukunftsweisendes Modell für eine mehrschichtige Stadtentwicklung, die auf die Bedürfnisse unterschiedlicher Nutzergruppen eingeht und bestehende urbane Strukturen erweitert, ohne sie zu dominieren.

 

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