28.06.2017

Öffentlich

Die Bücherei als digitales Bürgerzentrum

 

Natürlich fragt man sich, ob in unserem digitalen Zeitalter überhaupt noch Bibliotheken gebraucht werden. Die belgische Stadt Gent hat diese Frage 2010 auf jeden Fall mit einem klaren Ja beantwortet. Dazu wurde ein ungenutztes, städtebaulich markantes Grundstück in einer Flussbiegung mitten in der Stadt ausgewählt und ein Wettbewerb ausgeschrieben. Unter der großen Zahl an Einreichungen, unter anderem von Toyo Ito, Aires Mateus und 97 weiteren Büros, überzeugte der gemeinsame Entwurf des spanischen Architekturbüros RCR Arquitectes und des belgischen Büros Coussée & Goris Architecten. Die beiden Büros hatten 2015 zusammen einen eindrucksvollen Krematoriumsbau im belgischen Ort Hofheide fertiggestellt.

In Gent begründete die Jury ihre Wahl mit der richtigen Balance zwischen „Lärm und Stille, Entspannung und Konzentration, Dynamik und Standhaftigkeit“. Die De Krook-Stadtbibliothek, deren Name „Krook“ sich von dem holländischen Begriff „kreuk“ – zu Deutsch Falte – ableitet und sich auf die starke Biegung des angrenzenden Flusses „Scheldt“ bezieht, wurde nun im März dieses Jahres eröffnet: Sie beeindruckt tatsächlich durch den beziehungsreichen Umgang mit dem Standort am Wasser – er hat die Architekten zu einem transparenten Stahltragwerk inspiriert, das mit filigranen, horizontalen Fassadenelementen in langen Linien Bezug auf das angrenzende, fließende Gewässer nimmt und so an die Dynamik einer Schiffsform erinnert. Die Stadt Gent hatte mit der Wettbewerbsaufgabe nicht nur eine Bücherei, sondern auch eine neue Sichtweise auf die Bauaufgabe ausgeschrieben. Während Bibliotheken in der Vergangenheit als hehrer Ort des Wissens, der Aufbewahrung von Büchern und Zeitschriften diente, sollten die Funktionen dieses Gebäudes erweitert werden: Indem Wissen in unterschiedlichen Formen und Medien präsentiert wird – auch mit Symposien, wechselnden Ausstellungen, Debatten und Forschung zum Mitmachen –, sollte ein größeres Publikum erreicht werden. Wichtig war den Bauherren vor allem, mehr Nutzer anzulocken.

Mehr dazu im Baumeister 7/2017

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