18.03.2020

Öffentlich

Das Tor zum Wald

Der Holzbau erinnert an eine Palisade

Ganz im Westen Londons, an einem Waldstück gelegen, verbirgt sich die Belvue-Schule mit ihren ungewöhnlichen Klassenzimmern. Das junge Londoner Büro Studio Weave hat dafür spielerische Räume für ein entspanntes Lernen entwickelt.

Der Holzbau erinnert an eine Palisade, die Schule und Wald voneinander abgrenzt. Zwei geschlossene Klassenzimmer (links und rechts im Bild) schließen einen überdachten Freiraum in der Mitte ein. Foto: Jim Stephenson
Der mittige Freiraum dient als Werkstatt. Seine großen Scheunentore lassen sich bei schönem Wetter ganz öffnen. Foto: Jim Stephenson
Die Fensterformate sind zwar klein, doch viel Licht gelangt durch den Obergaden in die Räume. Die Leimholzbinderkonstruktion ist innen mit Birkensperrholz verkleidet. Foto: Jim Stephenson
Blick ins Grüne aus der Gemeinschaftsküche. Foto: Jim Stephenson
Konzentrierte Gesprächsrunde im „Wohnzimmer“. Foto: Jim Stephenson

Architektur für die Sinne

Nahe den lauten, verstopften Stadtautobahnen im Westen Londons gelegen, die einen mit gut Glück in ein paar Stunden an einem Freitagabend nach Wiltshire oder nach Oxford bringen, liegt ein Waldstück – ein Überbleibsel, eine Schallbarriere, ungeliebt und vernachlässigt. Dahinter sitzt die Belvue-Schule mit den „Woodland Classrooms“ des „Studio Weave“.
Je Ahn, einer der Partner von Studio Weave, hat keinen Sinn für lineares Denken. Unser Gespräch mäandert durch verschiedene Themen, die jetzige Situation und die Geschichte des Büros verbinden sich, und obwohl er jedes Projekt genau beschreibt, verknüpft sich das eine schon mit dem nächsten – die Suche nach einem roten Faden ist vergeblich. Dementsprechend sind übrigens auch die Projekte auf der Webseite nicht datiert, sondern nur nach Größe geordnet.

Was aber deutlich wird, ist, dass es Ahn wichtig ist, nicht nur auf der Ebene des visuell Erfassbaren zu arbeiten, sondern alle Sinne anzusprechen. So gründete er zum Beispiel vor acht Jahren mit Joseph Kohlmayer, einem Künstler und Grafikdesigner, einen Chor für Architekten, den „Musark Choir“ der London Metropolitan University. Dieser wuchs von sieben auf fünfzig Mitglieder und verfügt über ein höchst ambitioniertes Repertoire alter und neuer Musik, darunter Auftragsarbeiten von jungen Komponisten. Der Chor singt auf dem renommierten „London Contemporary Music Festival“. Die Projekte von Studio Weave sollen also nicht nur besonders aussehen, sondern das Gehör und darüber hinaus auch den Tastsinn ansprechen.

Das Büro entstand während Ahns Studienzeit an der London Metropolitan University. Das erste Projekt war eine Kunstinstallation, gleichzeitig Ahns Diplomarbeit. So operiert Studio Weave an der Grenze zwischen Kunst, Architektur und Design. Oft arbeitet es mit Kunsthandwerkern oder Künstlern zusammen, etwa Möbelschreinern oder sogar Holzschnitzern. Zudem ist das Büro mit einer zweiten Gruppe assoziiert, mit der die acht Mitarbeiter auch die Räume teilen: ein halbes Lagerhaus-Geschoss im Londoner Stadtteil Hackney. „Architecture00“ und Studio Weave decken verschiedene Bereiche der Architektur ab, vom Wohnungsbau über Kunstinstallationen zu Masterplänen und Kostenplanung für städtische Bauprojekte. Mit dabei ist auch Ausstellungsdesign: Im Münchner Architekturmuseum war letztes Jahr „Königsschlösser und Fabriken. Ludwig II. und die Architektur“ zu sehen – Studio Weave war von den Kuratoren eingeladen eingeladen worden, die Gestaltung zu übernehmen. Ahn bezeichnet sein Büro selbst als „wild card“, als nicht eines der üblichen Büros.

Eine Vorliebe für Holz

Das Ausstellungsdesign für München lehnte sich an die Fachwerkstruktur des königlichen Berghauses auf dem Schachen an. Fachwerk kennzeichnete auch die Installation „Paleys upon Pilers“ (Zahlenkombinationen auf Stützen), ein Pavillon, der anlässlich der Olympischen Spiele 2012 im Londoner Stadtteil Aldgate aufgestellt wurde. Der Entwurf bezog sich in diesem Fall auf die Holzbauten der mittelalterlichen Stadt. Und aus Fachwerk war auch der Aussichtsturm in Form eines Reihenhauses, der 2018 für die Halbinsel Greenwich vorgesehen war.
Holz scheint bevorzugtes Material von Studio Weave zu sein. Es ist leicht, nachhaltig, einfach zu bearbeiten und auch billig. Ahn betont, dass Nachhaltigkeit eines der zugrundeliegenden Prinzipien seiner Entwürfe sei, ohne dass er das an die große Glocke hängen wolle. Nachhaltigkeit, perfekte Planung und exzellente Ausführung seien bei Studio Weave selbstverständlich, auch wenn die Projekte oft ungewöhnlich und bunt erschienen. (…)

Den gesamten Artikel lesen Sie im B3: Lichtblicke – Junge Architekten, große Aufgaben.

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