14.05.2025

Architektur Event

Der dänische Pavillon auf der Biennale 2025

Kultur
Der dänische Pavillon auf der diesjährigen Architekturausstellung in Venedig. Foto: Hampus Berndtson
Der dänische Pavillon auf der diesjährigen Architekturausstellung in Venedig. Foto: Hampus Berndtson

Wie kann auf bestehende Strukturen aufgebaut werden, ohne neu zu bauen? Diese Frage steht im Mittelpunkt des dänischen Beitrags zur 19. Internationalen Architekturausstellung der Biennale di Venezia. Unter dem Titel „Build of Site“ präsentiert Kurator Søren Pihlmann vom Architekturbüro pihlmann architects einen ungewöhnlichen Ansatz: Der Pavillon wird während der gesamten Biennale gleichzeitig als Ausstellungsraum und Renovierungsbaustelle genutzt.


Umbau als Ausstellungskonzept

Die praktische Notwendigkeit bildet den Ausgangspunkt für das Projekt. Der dänische Pavillon benötigt dringend eine Renovierung aufgrund wiederkehrender Überschwemmungen, veralteter Funktionalität und Problemen mit dem Raumklima. Statt jedoch temporäre Ausstellungsarchitekturen zu schaffen, die nach der Biennale wieder abgebaut werden, wandelt Pihlmann die notwendige Sanierung in ein Ausstellungskonzept um.

Die Bauarbeiten begannen bereits im Dezember 2024 und werden nach Abschluss der Biennale im November 2025 fertiggestellt. In der Zwischenzeit präsentiert sich der Pavillon als Hybrid aus Baustelle und kuratorisch gestalteter Ausstellung – ein „eingefrorener Moment“ im Sanierungsprozess.


Überschüssige Materialien als Ressource

Das Kernkonzept von „Build of Site“ ist die intelligente Wiederverwendung von Materialien, die während der Renovierung freigelegt wurden. Statt neue Ressourcen für temporäre Installationen zu verwenden, werden die vorhandenen Materialien umfunktioniert und in die Ausstellung integriert. Typische Ausstellungselemente wie Podien, Rampen, Bänke und Tische entstehen aus wiederverwendeten Holz-, Kalkstein-, Beton-, Sand- und Tonkomponenten.

„Es sollte inzwischen den meisten klar sein, dass wir künftig konstruktiv mit dem umgehen müssen, was wir bereits in die Welt gesetzt haben. Dies wurde bisher als Einschränkung empfunden. Aber jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, um alle architektonischen Möglichkeiten zu diskutieren, die der Boden, die Steine, der Beton oder was auch immer man an dem Ort findet, an dem man das Privileg hat, auf die Welt zu bauen“, erklärt Søren Pihlmann. (übersetzt aus dem Englischen)

Foto: Hampus Berndtson
Foto: Hampus Berndtson
Foto: Hampus Berndtson
Foto: Hampus Berndtson
Foto: Hampus Berndtson

Wissenschaftliche Forschung als Basis

Bemerkenswert an dem Projekt ist die intensive wissenschaftliche Untersuchung der vorhandenen Materialien. Seit Herbst 2023 arbeitet das Team mit Forschern und Studierenden der Technischen Universität Dänemark, der Universität Kopenhagen, der Königlich Dänischen Akademie für Architektur, Design und Konservierung sowie der ETH Zürich zusammen.

Die wissenschaftliche Herangehensweise zeigt sich in zahlreichen Details: Gelatine – ein Nebenprodukt der Fischindustrie aus der Adria – wurde im richtigen Verhältnis mit Sand aus dem Untergrund des Pavillons gemischt und zu einer Tischplatte geformt. Jede einzelne Kalksteinplatte wurde untersucht, um zu verstehen, wie sie aus dem Steinbruch in Istrien geschnitten wurde. Ziel war es, das Bruchrisiko beim Entfernen einzuschätzen und die Wiederverwendbarkeit bei der Renovierung des Bodens zu bestimmen. An den bestehenden Betondecken wurden zerstörungsfreie Ultraschallmessungen (UPV) durchgeführt, um vorab zu ermitteln, wie die Komponenten für eine maximale Festigkeit geschnitten werden können, wenn sie als Träger in der Ausstellung wiederverwendet werden.


Zwei Pavillonbereiche – zwei Ausstellungskonzepte

Der Großteil der Renovierungsarbeiten findet im Bereich des Pavillons statt, der in den späten 1950er Jahren von Peter Koch erbaut wurde. Hier können die Besucher die Ausstellung auf gestampften Erdflächen, rohen Betonoberflächen und erhaltenen, gefliesten Bereichen erkunden. Als Teil der Ausstellung wird in diesem Raum auch ein Film gezeigt, der in Zusammenarbeit mit dem Louisiana Channel entstanden ist und das Projekt über einen Zeitraum von zwei Jahren – von der ersten Konzeption bis zur fertigen Ausstellung – dokumentiert. Im Brummer-Teil des Pavillons werden Prototypen, Studien und Hintergrundinformationen zu den Renovierungsarbeiten ausgestellt. Hier wird auch ein Ausblick auf die Pläne für das Projekt nach Abschluss der Biennale gegeben.


Doppelte Präsenz bei der Biennale

Ergänzend zur Ausstellung erscheint die englischsprachige Publikation „Making Matter What Too Often Does Not Matter“, ein Dialog zwischen Kurator Søren Pihlmann und dem kanadischen Lyriker und Poesieprofessor Adam Dickinson. Durch die Linse ihrer jeweiligen Praktiken erkunden sie die Themen der Ausstellung und Pihlmanns weitere Arbeiten.

Interessanterweise ist Søren Pihlmann mit seinem Architekturbüro nicht nur für den dänischen Pavillon verantwortlich, sondern wurde auch als Teilnehmer der Hauptausstellung „Intelligens. Natural. Artificial. Collective.“ unter der Leitung von Carlo Ratti ausgewählt.

Die Ausstellung im dänischen Pavillon wird durch zahlreiche Partner ermöglicht, darunter das dänische Kulturministerium, Realdania, der Dänische Kunstfonds und verschiedene Stiftungen. Als Kommissar fungiert Kent Martinussen vom Dänischen Architekturzentrum.

Der dänische Pavillon „Build of Site“ ist während der gesamten Laufzeit der 19. Internationalen Architekturausstellung vom 10. Mai bis zum 23. November 2025 in den Giardini zu besichtigen.

 

Lesen Sie hier mehr über den deutschen Pavillon auf der Biennale 2025. 

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