27.03.2020

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Ökonom: Krise trifft nicht zuletzt den Bürobau

Uwe Burkert (Foto: LBBW)


Deutschland hat “versteckte Schulden”

Es gibt verschiedene Blickwinkel, aus denen die Corona-Pandemie politisch und medial betrachtet wird. Momentan dominiert der medizinische Fokus. Der Blick in die (längerfristige) Zukunft erfordert aber eine Auseinandersetzung mit der neuen ökonomischen Realität, die der Shutdown mit sich bringt. Das Management Board von Georg Media mit dem Chefsvolkwirt der Stuttgarter Landesbank, Uwe Burkert, über die Auswirkungen auf die Baubranche. Baumeister-Chefredakteur Alexander Gutzmer fasst für Sie die Analyse und Prognose des Ökonomen zusammen.

Die Corona-Krise bedeutet auch ein Aufeinanderprallen unterschiedlicher Systemlogiken. Momentan beherrscht aus gutem Grund eine medizinische Logik die öffentliche Debatte: Wie gelingt es, die medizinische Pandemie möglichst schnell und effizient einzudämmen. Daneben gibt es aber auch andere Logiken, die zunehmend pressierend werden, die ökonomische etwa. Die Frage ist konkret: Wie viel Shutdown kann sich eine Gesellschaft ökonomisch leisten – und wie gelingt es, die Wirtschaft mit möglichst wenig Kollateralschäden durch die Krise und aus dieser heraus zu führen.

Mit letzteren Fragen beschäftigte sich am Freitag der Ökonom Uwe Burkert von der LBBW in einer Telefonkonferenz mit dem Management Board meines Verlags. Burkert ist Chefvolkswirt bei der Stuttgarter Landesbank und erläuterte, wie aus seiner Sicht die Krise momentan ökonomisch wirkt und was geschehen muss, um ihre Negativeffekte zu minimieren. Die Maßnahmen der Bundesregierung zur Eindämmung der Kriseneffekte hält der Ökonom nicht für grundsätzlich falsch, aber auch nicht uneingeschränkt für positiv. Einerseits seien konjunkturstützende Maßnahmen natürlich richtig und wichtig. Andererseits seien die im Zuge des Rettungspaketes angedachten Verstaatlichungen existenzbedrohter Firmen eben immer noch Verstaatlichungen und damit problematisch.

Auch hält er die Wahrnehmung, Deutschland habe in den vergangenen Jahren gut gewirtschaftet und könne deshalb nun kraftvoller agieren als andere europäische Volkswirtschaften, nur eingeschränkt für richtig. Denn die „Schwarze Null“, die der Bundeshaushalt in den vergangenen Jahren auswies, sei nicht zuletzt durch die Niedrigzinspolitik der EZB möglich gewesen und nicht das Resultat zukunftsgerichteter Sparmaßnahmen. Im Übrigen verwies Burkert auf beträchtliche „versteckte Schulden“, die etwa durch anstehende Beamtenpensionszahlungen quasi implizit in den Büchern der Bundesregierung schlummern.

20 Prozent BIP-Rückgang sei vorsichtig geschätzt

Die Baubranche und damit auch die Architektur gehören zwar momentan nicht zu den am stärksten betroffenen Wirtschaftssegmenten, würden aber dennoch beträchtlichen Schaden durch die Krise nehmen. Gerade im Bürobau dürfte es zu einem Nachfrageeinbruch kommen. Im Wohnungsbau sieht Burkert vor allem die Einnahmeausfälle durch ausfallende Mietzahlungen als Problem. Wie massiv diese letztlich ausfallen würden, hänge nicht zuletzt davon ab, wie stark die Arbeitslosigkeit in Folge der Corona-Krise steigen wird.

Das übergreifende ökonomische Damokles-Schwert sieht Burkert in der Frage, wie lange der Shutdown andauert. Alles, was über zwei Monate hinaus geht, hält er für eine ökonomische Katastrophe. Im übrigen sei die Prognose des IFO-Instituts, Deutschland könne bis zu 20 Prozent BIP-Rückgang bevorstehen, nicht unrealistisch und sogar noch vorsichtig geschätzt.

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