11.11.2015

Event

Collagen für einen repräsentativen Sozialismus

© Dieter Urbach

Während überall in der DDR gesichtslose Plattenbauviertel entstanden, legten Honecker und Co. großen Wert auf die Gestaltung ihrer Hauptstadt. Vor allem die repräsentativen Neubauten in der Mitte Berlins sollten architektonisch überzeugen. Deshalb ließen sie sich vor dem Bau realitätsgetreue Simulationen der Plätze und Straßen mit den Neubauten vorlegen. Heute arbeiten Architekten zur Präsentation ihrer Entwürfe mit 3D-Animationen und fotorealistischen Renderings. In den 60/70er Jahren kannte man solche Techniken in der DDR noch nicht, doch auf eine überzeugende Vorstellung ihrer Entwürfe verzichteten Architekten wie Josef Kaiser und Heinz Graffunder deshalb nicht. Sie bestellten bei ihrem Architekten-Kollegen Dieter Urbach Collagen nach ihren Entwürfen.

 

 

Während die Zeitschriften-Reproduktionen dieser großformatigen Collagen erhalten blieben, galten die meisten Originale als verschollen. Als die Berlinische Galerie jedoch für eine Ausstellung über Berliner Stadtgestaltung recherchierte, lernte Kuratorin Ursula Müller Dieter Urbach kennen und bekam für die Museumssammlung 18 Collagen aus Urbachs Besitz geschenkt. Die waren allerdings stark gealtert und massiv beschädigt. Nach einer aufwändigen Restaurierung mit finanzieller Unterstützung des Stiftungsbündnisses „Kunst auf Lager“ können einige jetzt in der Sammlungsausstellung des Museums erstmals vorgestellt werden.

 

 

Auch wenn Gebäude wie das Außenministerium der DDR, der Palast der Republik und das Palasthotel längst wieder abgerissen sind – die Wirkung von Urbachs vielteiligen Collagen ist sehr modern. Urbach, 1937 geboren, verwendete Fotos, Bilder aus Zeitschriften (vor allem dem Modemagazin „Sibylle“), zeichnete, malte mit Deckweiss und klebte zahlreiche einzelne Papierstreifen, um die Fassadengestaltung dreidimensional zu simulieren. Museumskuratorin Müller erinnern die Collagen an Arbeiten von Mies van der Rohe. Doch als Architekt Urbach versuchte, Mitglied im Künstlerverband der DDR zu werden, bekam er eine Ablehnung. Mehr als 40 Jahre später sind Urbachs Arbeiten nun doch als Kunst anerkannt – und Teil der Dauerausstellung der Berlinischen Galerie.

 

 

Präsentation der restaurierten Originale in der Sammlungsausstellung: bis Februar 2016

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