08.05.2022

Wohnen

Bündnis bezahlbarer Wohnraum gestartet

Ziele der Ampel-Koalition: jährlich 400 000 neue Wohnungen, davon 100 000 öffentlich gefördert. (Foto: Di auf Unsplash)
Ziele der Ampel-Koalition: jährlich 400 000 neue Wohnungen, davon 100 000 öffentlich gefördert. (Foto: Di auf Unsplash)

„Aufbruch in der Bau-, Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik“ lautet es im Koalitionsvertrag der Ampel-Parteien. Auf die Worte sollen nun Taten folgen. Ein Bündnis bezahlbarer Wohnraum mit rund 50 Teilnehmenden traf sich zur 1. Bündnis-Spitzenrunde am 27. April 2022. 

In einer gerechten Gesellschaft soll sich jede und jeder ein Zuhause leisten können. Dies ist jedoch in Deutschland bei weitem nicht überall der Fall. Fest steht: Mehr bezahlbarer und klimagerechter Wohnraum ist nötig. Dafür hat sich die Ampel-Koalition ambitionierte Ziele gesetzt: Jedes Jahr sollen 400 000 neue Wohnungen gebaut werden. Davon sollen 100 000 Wohnungen öffentlich gefördert werden. 

Diese Absicht ist im Koalitionsvertrag festgehalten. Für die Umsetzung der ambitionierten Ziele wurde das „Bündnis bezahlbarer Wohnraum“ eingerichtet, das am neuen Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) verortet ist. Gemeinsam mit dem Bündnis möchte das Ministerium laut eigener Aussage eine „Bau-, Investitions- und Innovationsoffensive in Deutschland anschieben“. 

Am 27. April 2022 hat das Bündnis bezahlbarer Wohnraum seine Arbeit aufgenommen. Es besteht aus 35 ständigen Mitgliedern, darunter Vertreter der Länder, der kommunalen Spitzenverbände, der Verbände aus Wohnungs- und Bauwirtschaft sowie Organisationen der Zivilgesellschaft. Regelmäßig sollen auch Fachgäste zur Beratung eingeladen werden. Die Unterstützung durch den Bundestag ist durch zwölf ständige, beratende Gäste aus den Fraktionen der Regierungskoalition gegeben. 

Das Auftakttreffen fand auf dem EUREF-Campus in Berlin-Schöneberg statt. Hochrangige Vertreter*innen aller Regierungsparteien, der Länder Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Hamburg und Hessen, der kommunalen Spitzenverbände, der Branchen- und Wirtschaftsverbände sowie der Zivilgesellschaft und Kirchen nahmen teil. 

Bündnis bezahlbarer Wohnraum: Auftaktveranstaltung im April 2022 

Die erste Bündnis-Spitzenrunde wurde von Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) einberufen und bestand aus der Ministerin sowie Spitzenvertretern der Verbände. Im Vorfeld gab es Bündnis-Arbeitsrunden mit den verschiedenen Bündnismitgliedern. Diese haben die Ziele und Inhalte, die Arbeitsstrukturen und den Zeitplan für den Bündnis-Prozess erarbeitet. 

Dabei gab es auch viel Kritik. Zum Beispiel hat der Spitzenverband der Wohnungswirtschaft Deutschland die Wohnbauziele der Regierung als „illusorisch“ beschrieben. Denn Materialengpässe, explodierende Energiekosten, Lieferkettenprobleme, steigende Zinsen und die Ungewissheit in Bezug auf die Neubauförderung ab 2023 verhindern laut GdW-Präsident Axel Gedaschko in ihrer Kombination den Bau bezahlbarer Wohnungen. 

Ministerin Geywitz sagte der dpa vor dem Treffen: „Es geht darum, dass wir ein dickes Brett durchschlagen: Wir haben in Deutschland einen ganz großen Bedarf an Wohnungen, vor allem bezahlbarem Wohnraum. […] Wir brauchen auch die Unterstützung der Bauwirtschaft, die ihre Kapazitäten deutlich ausweiten muss, aber durch steigende Baukosten und Materialengpässe unter Druck steht.“ 

Laut Geywitz sind derzeit fast 800 000 Wohnungen in Deutschland bewilligt, aber noch nicht gebaut. Hemmnisse bei der Planung sind ein Grund für den schleichenden Fortschritt. 

Bestandsverdichtung als Strategie  

Ein Entwurf der Abschlusserklärung des Bündnis bezahlbarer Wohnraum zeigt, dass neue Wohnungen vor allem in Ballungsräumen geschaffen werden sollen. Dabei spielt die Bestandsverdichtung eine deutlich größere Rolle als Neubauten oder neue Baugebiete. Das Füllen von Baulücken, das Aufstocken von Häusern und die Umwandlung von Gewerbebauten in Wohnungen bieten Möglichkeiten, deutsche Städte auf effiziente und klimafreundliche Art zu verdichten. 

Allerdings passen die ambitionierten Ziele nach Meinung des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie nicht zur Realität. Der Krieg in der Ukraine sowie die anhaltenden Folgen der Corona-Pandemie sorgen für Materialengpässe, Preissteigerungen und deutlich erhöhte Energiepreise. So müssen bestimmte Projekte priorisiert werden. 

Auch aus der Politik gibt es Kritik: Der Unions-Wohnungsbauexperte Jan-Marco Luczak kritisierte fehlende Lösungsvorschläge des Bündnisses und merkte an, dass durch theoretische Debatten wertvolle Zeit verloren gehen könnte. 

Caren Lay von der Linksfraktion bemängelte hingegen, dass viele teure Luxus- und Eigentumswohnungen entstünden, die das Problem des bezahlbaren Wohnraums nicht lösen können. Stattdessen schlug sie vor, in Innenstädten mit angespanntem Wohnungsmarkt ab jetzt nur noch Sozialwohnungen zu errichten. 

Ein neuer Gründergeist? 

Der Spitzenverband der Immobilienwirtschaft, der Zentrale Immobilien Ausschuss e.V. (ZIA), forderte beim Auftakttreffen des Bündnis bezahlbarer Wohnraum einen neuen Gründergeist. Dieser sollte laut Präsident Dr. Andreas Mattner als Antwort auf die Kumulation der Pandemie-, der Ukraine- und der Klimakrise dienen. 

„Die Baukosten sind in nie dagewesener Weise explodiert, Bauunternehmen sehen sich kaum noch in der Lage geschlossene Verträge einzuhalten, die Bauzinsen galoppieren, Fördermittel werden gestrichen, Effizienzanforderungen sollen steigen. Und das Ganze bei einem Bedarf von nicht mehr nur 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr, sondern – bedingt durch die Aufnahme hunderttausender Flüchtlinge – von eher 500.000 bis 600.000 Wohnungen. Es geht nicht mehr ohne mutige Einschnitte: Wir benötigen einen Regulierungsstopp und die Aussetzung zeitraubender Genehmigungsverfahren. Wobei die lobenswert zügig erfolgte Ausweitung für Flüchtlingsbauten ein sehr guter erster Schritt ist. Als nächstes brauchen wir einen Banken-Gipfel, um Maßnahmen gegen die Zinssteigerung zu finden sowie einen Material- und Lieferketten-Gipfel. Die Immobilienwirtschaft muss an diesen weichenstellenden Entscheidungen mitwirken können“, so Mattner. 

„Des Weiteren benötigen wir eine degressive Afa sowie serielles und modulares Bauen, über das nicht nur gesprochen, sondern welches auch flächendeckend umgesetzt wird. Die Herausforderungen scheinen kaum lösbar – in Krisen liegt aber auch die Chance zur Veränderung und wir haben alle die Pflicht, diese zu forcieren“, ergänzte er. 

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