24.03.2025

Architektur Gewerbe Öffentlich

Scheune Baumschulen Vogg von Weyell Berner Architekten

Bauen im Bestand Umnutzung
Der Umbau der Scheune in Vogg. Hier trifft historische Substanz moderne Nutzungskonzepte. © Hans Stypa

Mit dem Umbau einer Scheune in Neuenstein hat das Zürcher Büro Weyell Berner Architekten die bestehenden Strukturen in ein modernes Verkaufs- und Verwaltungsgebäude für die Baumschulen Vogg integriert. Die Umnutzung folgt dem „Haus-im-Haus“-Prinzip und setzt auf minimale Eingriffe zur Erhaltung der historischen Substanz.


Historischer Bestand als Rahmen für moderne Nutzung

Die 1940 errichtete Scheune wurde bislang als Lagerfläche genutzt. Die neue Funktion umfasst neben Verkaufs- und Ausstellungsbereichen auch Verwaltungsräume. Die Planer entschieden sich dafür, den Charakter des Bestandes zu bewahren und diesen gezielt herauszuarbeiten. Die Grundidee war, die bestehende Scheune als Witterungsschutz und thermische Pufferzone zu nutzen. Die neuen Funktionen wurden in Form eines freistehenden Baukörpers integriert, der sich in das Fachwerkgefüge einfügt.


Architektonisches Konzept: Drei Giebel im Dialog

Ein zentrales Merkmal des Entwurfs ist das Zusammenspiel dreier Giebel: der Bestandsdachform, einer vorgelagerten Vordachkonstruktion und des neu eingefügten Baukörpers. Dieses gestalterische Element greift die asymmetrische Dachform der Scheune auf und erzeugt ein spannungsreiches Volumen.

Das Vordach mit seiner stützenfreien Konstruktion ermöglicht flexible Nutzungen im Außenraum und schafft einen geschützten Bereich für saisonale Warenauslagen. Seine vertikalen V-Streben lassen die historische Fassade der Scheune bewusst sichtbar.

© Hans Stypa
Das bestehende Tragwerk wird erweitert, um die Kräfte des freitragenden Vordaches im Inneren aufzunehmen. Der Verwaltungsbereich ist in der Blickeben der horizontalen Balkenlage.
© Hans Stypa
Der Weg nach oben zum Verwaltungsbereich ist versteckt auf der Rückseite der Kasse. Die ersten Stufen sind als Gitterrost- Metalltreppe ausgeführt und reinigen die Arbeitsschuhe der Mitarbeitenden.
© Hans © Weyell Berner Architekten, 2024
Der Durchgang zum Besprechungsraum zeigt die Fügung verschiedener Materialien: Sandstein, Backstein, Stahlträger, Holz-Rahmentüre. Der Stahlträger in rostrot kontrastiert zum Natursteinmauerwerk und bildet einen eleganten Unterzug, um die Öffnung darunter zu ermöglichen.
© Hans Stypa
Die Hülle der Scheune schafft eine thermische Pufferzone. Im Sommer ist der Raum angenehm kühl, da sich die Wärme im Dachraum sammelt. In der kalten Jahreszeit werden Pflanzen zum Überwintern eingestellt. Der Weg durch die Scheune ist bewusst gegliedert durch Enge und Weite sowie Licht und Schatten.
© Hans Stypa
Eine grosse Öffnung bringt Tageslicht in den früher schummrigen, als Lager genutzten, Dachraum. Dadurch wird die Tragkonstruktion ins Licht gesetzt und helle Büroarbeitsplätze geschaffen.

Materialwahl und Detailgestaltung

Materialien wie Sandstein, Backstein und Holz aus dem Bestand bestimmen weiterhin das Erscheinungsbild der Scheune. Neue Bauteile wurden konsequent in Holz ausgeführt, um den Bestand zu ergänzen. Die tragenden Elemente sind sichtbar gefügt, rückbaubar und recyclebar, was den Prinzipien der Circular Economy folgt.

Der Bodenbelag im Besprechungsraum zitiert ein historisches Sortenverzeichnis der Baumschule aus dem Jahr 1927 in Form eines pixelartigen Musters aus Naturstein und Fliesen.


Energie- und Ressourcenkonzept

Das Projekt setzt auf nachhaltige Strategien zur Minimierung des Energieverbrauchs:

  • Die Erhaltung der bestehenden Struktur reduziert die graue Energie.
  • Beheizt werden ausschließlich die Büro-, Kassen- und Sanitärräume mittels einer Luft-Wärmepumpe und Fußbodenheizung.
  • Eine PV-Anlage mit Batteriespeicher deckt den gesamten Energiebedarf und speist Überschüsse ins Netz ein.
  • Das Regenwasser von den Dachflächen wird gesammelt und zur Bewässerung der Pflanzenzucht genutzt.

Durch diese Maßnahmen kann die Scheune im Jahresmittel als Plusenergiegebäude betrieben werden.


Raumkonzept und Lichtführung

Die neue Nutzung ordnet sich den Gegebenheiten der Scheune unter: Der Innenraum bleibt als große Volumeneinheit erlebbar, indem er von Einbauten befreit wurde. Die Wegeführung durch das Gebäude führt durch eine Abfolge enger und weiter Räume sowie von lichten und dunkleren Zonen. Gezielte Öffnungen in der Fachwerkstruktur sorgen für eine natürliche Belichtung, wodurch das Dachtragwerk prominent in Szene gesetzt wird. Bei Dämmerung wird diese Struktur zum leuchtenden Element und betont die historische Substanz.

Im Entwurfsprozess wurde mit einem 1:33-Arbeitsmodell gearbeitet, das sowohl die Integration neuer Bauteile als auch die Lichtwirkung visualisierte und für Abstimmungen mit der Bauherrschaft genutzt wurde.

Der Umbau der Scheune der Baumschulen Vogg zeigt, wie durch gezielte Eingriffe ein historisches Bauwerk erhalten und gleichzeitig zeitgemäß weitergebaut werden kann. Mit einer klaren Materialwahl, funktionalen Anpassungen und einem nachhaltigen Energiekonzept ist ein Gebäude entstanden, das traditionelle Handwerkstechniken und moderne Anforderungen vereint.

Hier geht es zu einer weiteren Scheune, die umgebaut wurde. 

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