13.11.2018

Event

Baumeister nach8 bei JSWD Architekten

Konstantin Jaspert von JSWD Architekten

Wir diskutierten im Rahmen von Baumeister nach8 mit JSWD Architekten und Lebensraum Ziegel in Köln über einen archaischen Baustoff und dessen Rolle im modernen Wohnungsbau.

Er ist wieder da, war nie wirklich weg: der Ziegel. Dem jahrtausendealten Baustoff gelingt es immer wieder, sich durch Innovationen ins Gespräch zu bringen. Der Ziegel kann durchaus modern – und nimmt heute eine Gegenposition zur Euphorie der Stahl- und Glasarchitektur des 20. Jahrhunderts ein. Die Diskutanten der Baumeister-nach8-Veranstaltung hinterfragten den Ziegel im größeren, zeitgenössischen Kontext: Immer mehr Menschen zieht es in die Städte, der Wohnraum wird knapp – besonders der bezahlbare. Ein möglicher Ausweg ist die Flucht in die Höhe. Aber: Ist dafür nicht eine Stahlkonstruktion besser geeignet als der Ziegel?
Thomas Fehlhaber, Geschäftsführer von Unipor und Mitinitiator des Projekts Lebensraum Ziegel, sieht das anders: Sieben Geschosse seien mit Ziegel durchaus möglich. „Der Ziegel hat sich in den vergangenen 30 Jahren gewandelt. Von einem – salopp gesagt – normalen Backstein zu einem hochtechnisierten Produkt“, meint er.

Mehr Hochhäuser, mehr Wohnungen – das erzeugt Bedenken in der Stadtgesellschaft. Widerstand kommt mittlerweile bei Bauprojekten aus vielen Ecken. Konstantin Jaspert, Gründungspartner von JSWD Architekten, sieht den Bauboom aber unkritisch. Er gibt sich als Verfechter des umbauten Raums. Seiner Ansicht nach gäbe es noch immer ausreichend Kapazitäten, um Städte nachzuverdichten. Jaspert zitiert den Hamburger Oberbaudirektor Höing: „Wir brauchen Enge. Wenn wir das Modell der europäischen Stadt weiterverfolgen wollen, dann müssen wir das auch zulassen.“ Jaspert richtet sich gegen generalisierende Baugegner: „Man muss auch mal akzeptieren, dass nebenan eine Häuserwand entsteht.“ Dem ist zu entgegnen, dass stures Wändehochziehen ohne Weitsicht einem gesunden Stadtklima abträglich ist. Nachhaltiges, klimaoptimales Bauen ist gefragt – heute mehr denn je. Und das funktioniere auch gut mit Ziegel, sagt Fehlhaber: „Die Ziegelbauweise ist nachhaltig und wirtschaftlich. Das natürliche Kapillarsystem im Ziegelinneren wirkt feuchtigkeitsregulierend und schafft ein angenehmes und gesundes Raumklima.“ Ziegel kompensieren große Temperaturschwankungen und speichern Wärme, was wiederum Heizkosten spart.

Der Ziegel ist aber nicht nur praktisch, sondern ist als Naturprodukt authentisch, entwickelt eine natürlich schöne Patina und punktet durch die Gleichzeitigkeit aus Homogenität und Individualität. Je nach Format der Steine, der Fugen und des Mauerverbands lassen Ziegel ein Haus rustikal, expressiv oder modern erscheinen. Vielfalt ist also gegeben, Architekten und Bauherren müssen diese aber auch ausschöpfen: Konstantin Jaspert kritisiert die Uniformität „weißer Putzkisten im ‚Bauhaus-Stil’“. Man dürfe sich nicht mit Mittelmaß zufrieden geben. Insofern betonen die Diskutanten die Identitätsstiftung sowie die kulturelle und regionale Einordnung des Werkstoffs. Jede Stadt für sich besitzt ein anderes Gesicht, eine eigene Sprache, die es zu erkennen und zu verstehen gilt. Während die Fassaden in München verputzt sind, strahlen die Klinkerfassaden in Hamburg rostrot. „Wir wollen heute neu bauen, aber wir müssen uns auch mit unserer Baugeschichte auseinandersetzen“, sagt Fehlhaber. Dann glücke eine authentische Durchmischung von Alt und Neu.

Dass Architekten mit Ziegel planen, ist ein Zeichen für nachhaltiges Bauen, wie es Politik und Wissenschaft fordern. Ein Schritt in die Zukunft mit einem altbewährten Baustoff, den man wiederentdeckt hat und der die, teilweise entfremdete, Architektur zurück auf den Boden holt.

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