Die britischen Designer Edward Barber und Jay Osgerby sind Kollegen und Freunde. Sie entwerfen zwar unterschiedlich – aber was das Design der Konkurrenz angeht, sind sie sich einig. Objekte mit allzu klaren Messages mögen sie jedenfalls nicht.

Baumeister: Florence Knoll hat Architektur studiert und etwa mit Mies van der Rohe und Walter Gropius zusammen gearbeitet. Inwiefern sind denn Design und Architektur miteinander verknüpft?
Edward Barber: Jay und ich haben ja auch Architektur studiert – so haben wir uns kennengelernt. Ich denke, das beeinflusst schon sehr die Art und Weise, wie wir entwerfen. Wir starten bei den Entwürfen von Objekten und Möbeln wie Architekten: Wir denken in verschiedenen Perspektiven. Ich schätze, das ist der Grund, warum viele unserer Projekte klar sind und nicht verkünstelt wirken.

B: Also lässt sich Ihr Wissen als Architekt auf Ihre Arbeit als Designer übertragen…
E B: Im Endeffekt ist das Entwerfen dasselbe, nur der Maßstab ist ein anderer. Es geht doch hauptsächlich darum, wie man seine Werkzeuge gut einsetzt. Wenn man ein guter Architekt ist oder ein guter Designer, kann man zwischen beiden Disziplinen wechseln.

B: Sie und Jay Osgerby arbeiten getreu der Bauhaus-Philosophie: „Moderne Möbel sollen den architektonischen Raum ergänzen, nicht in Konkurrenz mit ihm treten.“ Auch eine sehr architektonische Auffassung. Will ein Designer nicht ein Objekt, das im Rampenlicht steht?
E B: Ich glaube nicht, dass ein Design unbedingt eine starke visuelle Aussage haben muss. Das Grundlegende, wenn man ein Möbelstück anschaut, ist, dass es gut und selbstbewusst aussehen muss, und man das Gefühl hat, dass es sich in seine Umgebung einfügt. Ich mag keine Möbel, die ein großes Statement abgeben wollen. Das interessiert mich nicht im Geringsten. Solche Möbel und Architekturen funktionieren vielleicht gut in Magazinen und sehen ein paar Monate lang gut aus, aber am Ende langweilen all diese „verrückten“ Bauten. Daran hat man sich schon sattgesehen, bevor er überhaupt fertig ist. Und in zehn Jahren muss sich der Architekt fragen, warum er das so gebaut hat. Ein Gebäude muss schon ein gewisses Selbstbewusstsein haben und vor allem muss es seriös sein – aber diese Art der Architektur ist nicht seriös. Ich sehe das nicht als Gebäude an, sondern als Statement. Es wird nicht gebaut, um von Leuten genutzt zu werden, sondern um interessant auszusehen. Gute Architektur braucht das nicht. Und so ist das auch bei Möbeln.

B: Kommt diese allgemeingültige Auffassung von Design und Architektur daher, dass Sie am Royal Institute of Art studiert haben?
E B: Das trifft überhaupt nicht zu. Die Disziplinen vermischen sich dort gar nicht. Die Institute sind an verschiedenen Standorten in London – die Studenten treffen sich eher zufällig in einer Bar oder in der Cafeteria. Architektur und Design sind – auch am Royal Institut of Art – ganz verschiedene Dinge.

B: Also glauben Sie, man lernt in München wie in London?
E B: Ja, ich glaube die Lehre ist überall gleich. Ich meine, natürlich ist das Royal College of Art eine gute Uni. Man kann dort selbst wählen, welche Kurse man machen möchte. Und da gibt es natürlich Überschneidungspunkte zwischen Architektur und Design. Aber diese Auffassung, dass das die Lehre am Royal Institute ist, stimmt so nicht.

B: Was macht für Sie einen Klassiker aus?
E B: Zeit. Man kann nie wissen, ob sich ein Designstück zu einem Klassiker entwickelt. Wenn es über einen Zeitraum von 20 bis 30 Jahren sehr gut verkauft wird, dann ist es ein Klassiker. Magazine sprechen immer von Klassikern der Zukunft – vermuten kann man es. Aber wissen nicht.

B: Ist es ein Anspruch Ihrer Arbeit, Entwürfe zu schaffen, die das Potenzial zu einem Klassiker haben?
E B: Ich weiß nicht, ob es unbedingt darum geht, einen Klassiker zu schaffen. Aber natürlich wollen wir Möbel entwerfen, die über einen langen Zeitraum Gültigkeit haben, ja. Wenn man diesen Anspruch nicht hat, ist das eine Verschwendung von Zeit und eine Verschwendung von Materialien. Man muss den Willen haben, etwas Fantastisches zu schaffen.

B: Wie kam es zur Zusammenarbeit mit Jay Osgerby?
E B: Wir sind Freunde. Wir haben schon am College zusammen gearbeitet und danach dann wieder ein Projekt zusammen gemacht. Nun sind 18 Jahre vergangen, und wir arbeiten immer noch zusammen. Geplant war das nie.

B: Haben Sie beide eine ähnliche Art zu Entwerfen?
E B: Nein, wir sind recht verschieden. Uns gefällt dasselbe Design, wahrscheinlich würden wir immer dasselbe aussuchen, das wir mögen und das, was wir nicht mögen. Aber die Art und Weise, wie wir entwerfen, ist ganz unterschiedlich. Und das ist gut – vielleicht macht genau das unsere Projekte aus. Wir betrachten die Dinge von zwei verschiedenen Perspektiven, und am Ende ist es eins.

Mehr dazu im Baumeister 4/2014

Porträt: Alisa Connan; Foto: genehmigt von Barber Osgerby

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