28.01.2020

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B2/2020: Vorfertigung

B2/2020: Vorfertigung oder die neue Freude am Seriellen (Foto: Jeremy Guillory)


Teileliten bleiben unter sich

Industrielle Vorfertigung verspricht niedrige Kosten und eine schnelle Umsetzung – Pluspunkte, die Architekturbüros nicht mehr ignorieren können. Viele halten die Typisierung sogar für die Zukunft des Bauens. Im Februarheft gehen wir der Frage nach, welche Bauaufgaben sich dafür besonders eignen.

Der Modulbau hat in der Architektur eine lange Tradition. Schon in den 1920er-Jahren gefiel progressiven Baumeistern die Idee, in Kooperation mit „der Industrie“, wie das bis heute in einschlägigen Abhandlungen heißt, zu kostengünstigen und architektonisch innovativen Lösungen zu gelangen.

Momentan scheinen derlei Ansätze eine Art zweiten Frühling zu erleben. Dies war Grund für uns, nach spannenden Projekten zu suchen, die auf industrielle Vorfertigung setzen. Im dänischen Fredericia hat das Büro Cobe eine Stromtankstelle fertiggestellt. Die Architekten entwickelten ein Modulsystem, das sich standortbezogen an unterschiedliche Anforderungen anpassen kann – und folglich exportfähig ist. Im Berliner Stadtteil Moabit haben Frohn & Rojas ein Wohnhaus entworfen, das sich sichtbar aus Betonfertigteilen zusammen setzt – und damit auch eine Art Ästhetik des Fertigbaus vorlegt. Falk Jaeger diskutiert Vor- und Nachteile.

In Sachen Ästhetik des Fertigbaus hat Berlin ohnehin einiges zu bieten – zum Beispiel reichlich Plattenbauten oder auch die historeske Altstadt im Nikolaiviertel. Wohl eher nicht auf Fertigbauteile setzen dürfte indes der Wiederaufbau der direkt um die Ecke des Nikolaiviertels gelegenen Schinkelschen Bauakademie.

Deren Konstruktion hapert momentan aber an anderer Stelle, nämlich der Besetzung des Chefpostens. Sie haben es vielleicht mitbekommen: Die Unternehmensberatung Kienbaum und das beauftragte Entscheidergremium hatten ausgerechnet einen Politiker, den bisherigen Staatssekretär Florian Pronold, als Top-Kandidaten auserkoren. Zahlreiche Bewerber mit mehr Fachprägung gingen leer aus. Dagegen regte sich Protest, ausgedrückt durch einen offenen Brief, den das Architekturmuseum Frankfurt initiierte. Die Entscheidung für Pronold wurde nun erstmal vom Arbeitsgericht Berlin gekippt. Und das aus meiner Sicht zurecht. Pronolds Profil wies eben wirklich nicht die Anforderungen auf, die im Stellenprofil explizit gefordert waren.

Es wird spannend zu sehen, wie das Ganze weiter geht. Unschön ist in jedem Fall, dass die Bauakademie, die eine Chance für die Architektur in Deutschland darstellt, so einen denkbar schlechten Start erlebt. Es zeigt sich wieder ein Problem deutscher Öffentlichkeit: dass die unterschiedlichen Teileliten unter sich bleiben und nicht miteinander kommunizieren.

Den B2/2020 zum Thema Vorfertigung können Sie hier erwerben.

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