16.06.2014

Gewerbe

Architekturgalerist

„Sammeln Sie selbst auch Kunst?“, fragte ich den Gründer der Galerie Eigen+Art, den „Erfinder“ von Neo Rauch und der Leipziger Schule bei einem kleinen „Netzwerk-Dinner“ Anfang des Jahres. „Ich bin doch nicht blöd!“ sagte Gerd Harry Lybke. „Was sammeln Sie dann oder sammeln Sie überhaupt?“ fragte ich. „Ich sammle Geld!“ sagte er. „Und Häuser“, sagte er noch. Die seien nämlich noch extrem günstig. Aha.

Und dann rückte er mit einem noch viel weiter gehenden Vorschlag für die gesamte Runde raus, der uns Architekten natürlich sehr verführerisch vorkommen musste und uns den Glanz in die geschundenen Augen treiben sollte. Er würde gerne Architektur ins Angebot seiner Galerie aufnehmen. Also nicht Architekturzeichungen oder -modelle. Pah! Nee, richtige Architektur, 1:1, gebaut, an einem konkreten Ort.

Und dann noch weiter, er bräuchte dafür natürlich eine gute Mischung aus bekannten, renommierten Architekten und aber auch aus blutjungen Anfängern, die es dann aufzubauen gälte. Das ganze würde funktionieren wie der zeitgenössische Kunstmarkt – also der primäre und nicht dieser langweilige Picasso-Handel. Er als Galerist würde also eine Reihe ausgewählter Architekten vertreten. Und dann kommt ein Kunde und hätte gerne einen echten Chipperfield oder Zumthor oder auch eine „Anti-Villa“ von Brandlhuber (siehe Bild). Dem würde man dann sagen, kannste haben, aber weißte, die sind so begehrt, nimm doch zwischendurch mal ein Werk von einem vielversprechenden Jungen, dem Soundso. Da ist noch wirklich Rendite drin. Natürlich hat der noch nichts gebaut, aber ich sag Dir, in drei Jahren kannste Dir den sonst gar nicht mehr leisten!

Wichtigste Bedingung in beiden Fällen: Der Käufer bestimmt naturgemäß nicht das Motiv. Denn ich meinte noch, ach Gott, ein Leben lang Einfamilienhäuser oder Villen bauen, wie langweilig ist das denn. „Nee“ sagte er, eben gerade nicht, „wenn Du denkst Dein nächstes Werk müsste ein Bahnhof sein, dass muss sich der Käufer eben einen Bahnhof von Dir bauen lassen.“ Und ganz wichtig, „Ihr Architekten müsst endlich raus aus dieser unterbezahlten Dienstleister-Ecke. Aber bevor Ihr jetzt zu euphorisch werdet in monetären Dingen – die Hälfte kriege ich!“ So ist das nämlich auch in der Kunst.

Also was machen wir jetzt? Sollen wir gleich loslegen? Visitenkarten zücken, ordentlich Schleimen und auf ins Geschäft! Und dann? Fuck HOAI! Oder lieber, was soll dieser Quatsch! Jetzt machen wir aus diesem unterbelichteten Architekturmarkt in diesem Lande einen völlig aufgeblasenen, dann vor Eitelkeit kaum mehr geradeaus laufen könnenden Architekturkunstmarkt? Stopp! So war das nicht gemeint mit Architektur und Kunst in den letzten Ausgaben dieser Kolumne. Das wäre ja wie den Alkoholkonsum einzustellen, um mit Chrystal Meth anzufangen. Noch mehr Anfang vom Ende.

Und hier sei es mal gesagt nach der Sozial-Hipster-Schelte an dieser Stelle, wir brauchen nicht weniger verwantwortungsbewusste, „sozial-engagierte“ Architekten und Architektur, sondern mehr! Dafür aber weniger „Halbseidene“! Und, lieber Gerd Harry Lübke, wir jungen Architeken würden immer noch am liebsten einfache Schulen und einfachen Sozialwohnungsbau nach HOAI-Honoraren entwerfen (politisch korrekt im Übrigen: „Geförderten Wohnungsbau“) – sofern man uns denn endlich auch mal liesse.*

Aber davon beim nächsten Mal mehr … Fortsetzung folgt …

* Wenn nicht, dann kommen wir gerne auf Ihr Angebot zurück, denn stimmt, ja klar, der Käufer bestimmt ja gar nicht das „Motiv“! Dann also Sozialwohnungsbau für kapitalistische Sammler! Supergeil!**

** Kenner der Szene sagen, das gibt es ja schon längst, der Sammler heisst z.B. Patrizia und der Galerist Bayerische Landesbank! Die Geschichte spielte allerdings im „sekundären“ Architekturkunstmarkt, zugegeben!

Abbildung: „Anti-Villa“, © Brandlhuber+ Emde, Schneider, Viereckel

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