09.04.2021

Hotel

Unterwegs im Apartmenthotel São Bento Residences

Der Neubau mit 16 bis zu 50 Quadratmeter großen Apartments mitten in Portos Altstadt fällt auf – nicht nur wegen der alten Straßenfassade aus Naturstein, die sich als einziges Überbleibsel eines längst verfallenen Stadthauses um seine Nordwestfassade wickelt. Die eigentliche Attraktion ist der feinsinnig komponierte Sichtbetonkubus mit seinen tief eingeschnittenen Loggien, der sich aus ihr herausschält.

Foto: Grupo Nelson Quintas

Portos Proportionen

 

Einchecken, Koffer abstellen und dann gleich zum nur 300 Meter entfernten Torre dos Clérigos spazieren – wer seinen Aufenthalt im Hotel so beginnt, macht alles richtig. Schließlich gibt es neben der kleinen Lobby keine weiteren öffentlichen Bereiche, und zum Entdecken des Apartments bleibt ohnehin noch genug Zeit. Der 250 Jahre alte Campanile gilt als Portugals höchster Kirchturm und bietet mit einer Aussichtsplattform in 75 Meter Höhe einen überwältigenden Rundumblick: Über einem Meer aus Dächern findet sich im Westen die unendliche Weite des Atlantiks; im Süden ist der Douro zu erkennen, an dessen Ufer dicht gedrängt die Lagerhäuser der Portweinkellereien stehen; und im Osten liegt einem die als Weltkulturerbe gelistete Altstadt mitsamt dem Ausgangspunkt des Spaziergangs zu Füßen.

Wirkte der Sichtbetonkubus der São Bento Residences bei der Ankunft angesichts des historischen Umfelds noch trotzig zeitgenössisch und vielleicht sogar ein wenig unnahbar, erscheint er aus der Vogelperspektive verblüffend gut in das homogene Stadtgefüge integriert. Verantwortlich hierfür sind das ziegelgedeckte Dach, die fragmentarische Natursteinhülle, insbesondere aber die gleichförmig schmalen Fassadenöffnungen, deren Proportionen sich auch in den alten Häusern Portos wiederfinden.

Foto: Grupo Nelson Quintas

Apartmenthotel São Bento Residences

Diese Öffnungen sind eigentlich zwei Meter tief in den Beton eingeschnittene Loggien und prägen maßgeblich die Raumatmosphäre in den zwölf zur Avenida Dom Afonso Henriques orientierten Apartments. Gleichsam als Negativform der Loggien erscheinen sie von innen als Abfolge unterschiedlich breiter Nischen, die – meist als Sitzecke genutzt – einen wunderbaren Rückzugsort bieten. Im Zusammenspiel mit dem rohen Betonboden, den großflächigen, in Kambalaholz gerahmten Verglasungen und den zurückhaltend weißen Küchenzeilen entsteht ein puristischer Raum von bemerkenswerter Klarheit, dessen sinnliche Aura leider von einer überexpressiven Ausstattung konterkariert wird.

Die gerahmten Fotografien über den Betten und die kunterbunten, teils wild gemusterten Stoffbezüge, aber auch die kräftig gemaserten Holzmöbel (allesamt vom Betreiber ins Spiel gebracht) mögen gut in ein stylisches Hygge-Eigenheim passen – hier wirken sie unpassend. Doch darüber lässt sich hinwegsehen, weil ja außer Frage steht, dass die Halbwertszeit des Interieurs deutlich geringer ist als jene der grandiosen Architektur von Alexandra Coutinho und Nuno Grande vom Büro Pedra Líquida. Außerdem können hinsichtlich der Farben und Muster allzu sehr entgleiste Objekte wie etwa die Sofakissen bei Bedarf auch in den Schränken verstaut werden. Doch vielmehr sollte man sich einfach locker machen und stattdessen die schöne Aussicht auf die Stadt und die zubuchbaren Leistungen genießen: zum Beispiel das romantische Dinner.

 

Apartmenthotel São Bento Residences, Avenida Dom Afonso Henriques 200, Porto
www.sbentoresidences.com

Blicken Sie auch in das Münchner Hotel Bayerischer Hof mit den von Axel Vervoordt 2020 umgestalteten Räumlichkeiten, oder: das Hotel Stue Berlin im Botschaftsviertel Berlins.

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