29.09.2014

Portrait

Raum für Experimente: 51N4E Architekten

51N4E sind die Geo-Koordinaten von Brüssel: 51. Breiten-, 4. Längengrad. Ungefähr. Die tatsächlichen Koordinaten des Architekturbüros 51N4E sind 50.8529730 und 4.3302040. Das kann sich aber keiner merken – 51N4E ist schwierig genug.

Das Büro liegt im charmanten Stadtteil Molenbeek; charmant erscheint dieser Stadtteil allerdings nur denen, die einen Sinn fürs Ruppige haben. Andere nennen ihn eine Gefahrenzone oder einen sozialen Brennpunkt „mit großen Entwicklungsmöglichkeiten“. Denn zu entwickeln gibt es in Molenbeek viel. Im Moment möchte aber außer dem Architekturbüro 51N4E und einer „Event Brewery“ kaum jemand die Möglichkeiten nutzen. Deshalb haben sich Johan Anrys, Freek Persyn und Peter Swinnen zusammen mit etwa zwanzig weiteren Architekten aus ganz Europa, dieses Orts angenommen.

Ein typisches Ergebnis dieser Arbeit ist die „Budafabriek“, eine 2010 bis 2012 zum Kunst- und Atelierzentrum umgebaute Textilfabrik im Zentrum der 90 Kilometer westlich von Brüssel gelegenen Kleinstadt Kortrijk. Die Projektleitung hatte die 29-jährigen Aline Neirynck übernommen, die aus Kortrijk stammt und sich mit den Problemen am Ort bestens auskannte.

Auf der Buda-Flussinsel, die sich innerhalb der historischen Stadtgrenzen Kortrijks befindet, liegen seit jeher Gewerbe und Unterkünfte für Kranke und Bedürftige nebeneinander. Damit sie jedoch nicht ganz und gar zu einer „Insel der Alten“ wird, entstand in einer ehemaligen Fabrik, in der einst Flachs und Farben verarbeitet wurde, ein neues Kunstzentrum.

Der Fabrikkomplex ist daher auch vollkommen von Alten- und Privatwohnungen sowie einem Krankenhaus umschlossen. Nur an einer einzigen Seite gab es eine zwölf Meter breite Baulücke, die als Zugang zur ehemaligen Fabrik diente. Hier werden die Besucher jetzt mit einem fünfeckigen hellen Eingangsturm empfangen. Durch einen tunnelartigen Gang gelangen sie zum zentral angelegten, ebenfalls fünfeckigen Treppen- und Verteilerturm.

Durchbrüche durch drei Decken und seitlich angeordnete Lichtbänder leuchten den Turm aus und laden zum Erkunden von Ausstellungs- und Atelierflächen ein. So konnten mit minimalen Eingriffen und Kosten optimale Räume für die neue Nutzung gefunden werden. Ob sich Kortrijk aber dadurch zur Kunstmetropole entwickelt, liegt nicht in der Hand der Architekten.

“Vom leichten Leben als junger Architekt” – mehr über 51N4E und andere Newcomer ab 1. Oktober im Baumeister 10/2014

Fotos: Filip Dujardin, Paul Steinbrück

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