29.05.2015

Wohnen

Pariser Höhenrekord

© Takuji Shimmura

Die „Grand Ensembles“, die an der Peripherie gelegenen französischen Großsiedlungen, haben nicht den besten Ruf. Immer wieder kommt es dort zu Unruhen, die zuletzt auch die Stadtzentren erreichten. Entsprechend allergisch reagieren die Behörden darauf: Jedes Gebäude, das länger als 30 Meter ist und eine repetitive Aufreihung von Fenstern und Balkonen hat, ruft sofort die ungeliebte Typologie ins Gedächtnis. Die letzten Bauten reichen in die 1970er Jahre zurück wie die in Paris gelegenen Siedlungen „Olympiades“ oder „Front de Seine“. Danach legte die Stadt fest, dass kein Gebäude in der Innenstadt eine Höhe von 37 Metern überschreiten darf. Die architektonische Idee der Großwohnsiedlungen schien in Vergessenheit geraten zu sein.

Seit 2011 darf man nun wieder bis zu 50 Meter hohe Wohntürme und bis zu 180 Meter hohe Bürogebäude bauen. Das Projekt „Home“ der französischen Büros Harmonic & Masson und Comte Vollenweider Architectes ist daher ein Novum: Es ist der erste Wohnungsbau seit den 1970er Jahren, der eine Höhe von 50 Metern erreicht. Er befindet sich im Stadtteil Paris Rive Gauche, der ansonsten durch architektonische Banalitäten geprägt ist: Bummelt man die Hauptachse des Stadtteils, die Avenue de France, entlang reihen sich eintönige Einkaufs- und Bürogebäude aneinander. Da ist der neue Wohnungsbau eine willkommene Abwechslung. Das fand sogar die ansonsten sehr kritische Pariser Zeitung „Le Monde“.

© Takuji Shimmura
© Takuji Shimmura
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© Takuji Shimmura
© Takuji Shimmura
© Takuji Shimmura
© Takuji Shimmura
©Takuji Shimmura (links) / © Milène Servelle (rechts)
© Takuji Shimmura
Grundriss Sockel EG
Grundriss Sockel 2.OG
Grundriss Türme 12.OG
Städtebauliches Schema

Der neue Wohnungsbau besteht aus zwei Türmen, die durch einen fünfgeschossigen Sockel miteinander verbundenen sind und Büros, Privatwohnungen, Sozialwohnungen sowie Parkplätze miteinander kombinieren. Dabei wurde die oft kritisierte Monotonie großer Gebäude bewusst vermieden: Sowohl die Fassaden als auch die Grundrisse sind abwechslungsreich gestaltet und unterschiedlich strukturiert.

Die zwei Türme unterscheiden sich in Form und Ausrichtung: Der erste ist treppenförmig abgestuft und 37 Meter hoch, der zweite besteht aus verdrehten Prismen und ragt 50 Meter in die Höhe. Die daraus resultierende Plastizität ermöglicht eine expressive Fassadengestaltung: Anstatt eintöniger Betonplatten verwendeten die Architekten silber- oder goldfarbene Aluminiumpaneele. Neben der Bespielung der Fassade ermöglicht die Geometrie natürlich vor allem eine optimale Belichtung und einen großartigen Ausblick auf die Stadt – alles hier verweist auf die Architektur des neuen Millenniums. Man fühlt sich an die Architektur des Stadtteils Ørestad in Kopenhagen erinnert.

Von den einzelnen Terrassen der Wohnungen sind die „alten“ Türme der Stadt zu sehen: die verglasten Archive von Dominique Perraults Nationalbibliothek aus den 1990er Jahren und die acht Blöcke der Großsiedlung „Olympiades“. In Planung sind neue Hochhäuser von Edouard François und Jean Nouvel. Der neue Wohnungsbau in Paris Rive Gauche ist ihr Vorreiter – ein Vermittler zwischen Vergangenheit und Zukunft.

 

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