01.07.2014

Portrait

Marjan van Aubel

Die Arbeit von Marjan van Aubel ist ein Experiment mit Materialien. Einer ihrer Ansätze ist es, ihre Designobjekte mit ästhetischem Anspruch und mehreren Funktionen zu kombinieren – zum Beispiel, indem ein Tisch auch gleich Strom produziert. Mit ihrem „Current Table“ ist die niederländische Designerin unter den Preisträgern der Interieur Awards der Biennale Interieur 2014 in Kortrijk.

Baumeister: Die These der Biennale Interieur „The Home Does Not Exist“ impliziert, dass sich unsere Art zu leben aufgrund von Internet und Daten komplett verändert. So sehr, dass wir in Zukunft keine Bücherregale mehr besitzen werden. Was halten Sie von diesem Trend?
Marjan van Aubel: Auf jeden Fall kann man sagen, dass alles schneller geht – vor allem in der heutigen Zeit, in der wir für alles unsere Smartphones benutzen. Das ist eine Tatsache. Ebenso eine Tatsache ist, dass wir weniger Dinge benötigen und somit weniger besitzen.

B: Ist demnach Ihre Arbeit heutzutage eine andere als die eines Designers vor 20 Jahren?
M V A: Nein, natürlich benötigen wir trotzdem noch Designobjekte. Es geht aber viel mehr um die Verknüpfung der digitalen und physischen Welt.

B: Die physische und die virtuelle Welt wachsen also mehr zusammen – okay. Aber wie sieht das konkret aus?
M V A: Ich denke, wir leben in Zukunft einfach bescheidener. Wir benötigen weniger Dinge. Stellen wir uns einen Arbeitsplatz vor, wie er aussah, bevor es Computer gab. Es war ein simpler Tisch, an dem wir arbeiten. Dafür brauchte es kein bestimmtes Design. Und dann kam der Computer, die Kabel mussten irgendwo hin. So wurde das Design wichtiger.

B: Für Ihren Schreibtisch „Current Table“ sind Sie bei den Interieur Awards ausgezeichnet worden. Der Entwurf ist funktional und erfüllt trotzdem  auch einen ästhetischen Anspruch. Wie kombinieren Sie beides?
M V A: Beim Current Table arbeite ich mit der Technik von Solarzellen. Die Farbe der Tischoberfläche hat hier zwei verschiedene Funktionen: eine ästhetische und eine funktionale. Meistens wird Farbe nur aus ästhetischen Gründen eingesetzt, hier kann diese Farbe auch noch Strom erzeugen. Ich finde es sehr interessant, über Funktion und Ästhetik nachzudenken. Wenn man zum Beispiel an Solarzellen auf Hausdächern denkt, hat man ein Bild von wirklich hässlichen Elementen vor sich. Wenn darüber nachgedacht wird, wie man diese Technik nutzen und dabei noch eine attraktive Umgebung schaffen kann, dann käme man vielleicht auf Solar-Schindeln oder ähnliches, die sich einfach in die Dachfläche einfügen. Man sollte immer darüber nachdenken, wie man die Dinge wirklich nutzen möchte, neben der Effizienz. Schließlich wollen wir nicht in einer Umgebung leben, die hässlich ist.

B: Glauben Sie, dass ein Projekt wie der Current Table ein Prototyp für Design der Zukunft sein kann? Das heißt, einen Tisch nicht als reinen Arbeitsplatz zu betrachten, sondern als etwas, das womöglich auch Strom produziert?
M V A: Wir arbeiten heute mit Computern – also warum nicht Strom an der Stelle produzieren, wo man ihn benötigt? Mit diesem Tisch kann ich dann auch im Freien arbeiten. Es ist wichtig, zu überlegen, wie wir Gegenstände benutzen. Und an einem Tisch, an dem ich mit dem Computer arbeite, brauche ich eben Strom. Ich mag es nicht, additiv zu denken: Auf den Tisch stelle ich einen Computer. Ich finde es ansprechender, Dinge ineinander zu integrieren, darüber nachzudenken, wie ich Gegenstände benutze. Das erscheint mir ganz natürlich.

Ein ausführlicheres Interview finden Sie im Baumeister 7/2014

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