01.09.2014

Wohnen

Goldene Mitte

Zuwendung statt Abschottung. In Tokio experimentieren junge Architekten wie die Büros Be-Fun Design und EANA mit Konzepten, die ein Zusammenleben mehrerer Parteien in der dichten Großstadt ermöglichen sollen. Beispielhaft: ein Holzhaus im etwas feineren Soshigaya-Viertel mit vier Apartments zwischen 30 und 70 Qua­dratmetern.

Ein Moloch, in dem die Privatsphäre von allen Seiten bedrängt wird: Aufgrund der extremen Dichte der Stadt empfanden es die meisten Japaner lange Zeit als unangenehm, in Tokio leben zu müssen. Wer sich ein Eigenheim leisten konnte, achtete darauf, den privaten Raum zu schützen und die Stadt möglichst auszublenden. Die Abschottung der Häuser zur Nachbarschaft wurde dadurch zu einem zentralen Thema der japanischen Wohnarchitektur. Allerdings gibt es in den letzten Jahren auch eine gegenläufige Tendenz: der Versuch, die Häuser zur Stadt hin zu öffnen, Nachbarschaften zu aktivieren, das soziale Miteinander neu zu beleben.


Japan_Architektur_Wohnen

Japan_Eana_Architektur

Das Ensemble liegt etwas versteckt in der zweiten Reihe. Erschlossen wird es über einen schmalen Zugangsweg von der Straße aus. Der auf etwa 86 Quadratmetern errichtete Baukörper beherbergt vier Wohneinheiten, die sich wie eine Klammer um einen hofähnlichen Außenbereich legen. Dieser dient den Bewohnern als gemeinsamer Freiraum. Den Auftakt des baulichen Ensembles bildet die größte Wohneinheit, die der Bauherr mit seiner Familie bezogen hat. Verschieden große quadratische Platten auf einem Kiesbett leiten in den Hof über, um den sich die weiteren Wohneinheiten gruppieren.


Japan_Eana_Wohnen

Architektur_Japan_Wohnen

Die Architekten verwebten den Gemeinschaftsbereich eng mit den privaten Außenräumen, also den Eingangsbereichen und Balkonen der drei kleineren Maisonette-Einheiten. Trotz dieser Dichte soll den Bewohnern die Nähe nicht aufgezwungen werden. Die Fensteröffnungen sind daher nicht nach innen zum Hof, sondern nach außen orientiert, und die Eingangszonen der kleineren Einheiten lassen sich mit großen hölzernen Schiebetüren abtrennen.

Das Konzept der Gemeinschaftsbildung wird nur funktionieren, wenn die Bewohner grundsätzlich die Bereitschaft mitbringen, mit ihren Nachbarn in engeren Kontakt zu treten. Es ist jedoch wahrscheinlich, dass die Gestaltung des Soshigaya-Hauses vor allem Mieter anzieht, die auf eine derartige Bindung wert legen. Zudem wurde ein Veranstaltungskonzept entwickelt, das dafür sorgen soll, dass der Hof regelmäßig von den Bewohnern gemeinsam genutzt wird. Und vielleicht sogar auch von anderen Menschen, die in diesem Stadtteil leben.

Mehr dazu gibt es ab 1. September im Baumeister 9/2014.

Fotos: Be-Fun Design/Hiroyuki Hirai

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