05.05.2015

Portrait

Graves, Michael

Michael Graves

Im Abstand von etwa 30 Jahren wirkt die Postmoderne der 1980er Jahre großteils läppisch, teils regelrecht lächerlich – als Stil. Ihre großen Errungenschaften auf dem Gebiet des Städtebaus und die von ihr beförderte Wiederentdeckung des historischen Kontexts spiegeln sich in den oft bemüht historisierenden Ornamenten und den gelegentlich quietschbunten Farben nicht wider. Für beide Entwicklungen steht Michael 
Graves, der jetzt in Princeton verstarb.


Graves-Architekt-Designer
Michael Graves

Humana Tower-Michael Graves-Postmoderne
Humana Tower in Louisville, Kentucky, 1985

Er liebte das Ornament, doch er baute nicht immer ohne Sinn für den Kontext. Er hatte Erfolg – und wurde zum Wunderkind und zum Totengräber der amerikanischen Postmoderne zugleich. Kein zweiter Architekt hat die „PoMo“-Welle so erfolgreich geritten wie er. Die Zentralbibliothek in Denver, Colorado oder der legendäre „Humana Tower“ in Louisville sind zu Ikonen des PoMo geworden und dürfen in keinem Architekturgeschichtsbuch fehlen.

Graves ist als Produktdesigner jedoch mindestens ebenso erfolgreich und einflussreich gewesen wie als Architekt. Nicht nur mit dem italienischen Hersteller Alessi feierte Graves kommerzielle Triumphe. Sein Teekessel von 1985 findet sich heute in mehr als zwei Millionen Haushalten. Insgesamt hat Graves etwa 2.000 Objekte des täglichen Lebens entworfen und dürfte damit rein quantitativ einer der produktivsten Gestalter des 20. Jahrhunderts gewesen sein.

Schon um das Jahr 1989 aber begann die Postmoderne alt auszusehen – ohne echte Gravitas, ohne tiefere Bedeutung verblasste sie schnell zum Klischee. Und an dem, man muss das so deutlich sagen, hat Graves mitgebaut. Er hat mit seinen Bauten zum Erfolg und wohl auch zum schnellen Untergang der Postmoderne selber beigetragen.

Die gestalterische Sprache der Postmoderne war für ihn – anders als für Aldo Rossi – nicht Ausdruck einer politischen oder ästhetischen Anschauung, sie war eine persönliche geschmackliche Aussage. Dennoch oder auch gerade deshalb stehen Graves‘ Werke für die neo-konservativen Reagan-Jahre. Seine Karriere endete mit dem Entwurf für Wohnhäuser für Kriegsveteranen.

Mehr dazu im Baumeister 5/2015

 

Scroll to Top